Gelsenkirchen. Ukrainer gesucht: Gelsenkirchener Firmen bieten Jobs für Flüchtlinge an. Warum die Anstellung in manchen Branchen jedoch nicht immer einfach ist.
- Auf Portalen wie „JobAidUkraine“ bieten auch Gelsenkirchener Firmen Jobs für ukrainische Flüchtlinge an.
- Verschiedenste Stellen sind ausgeschrieben – vom Mini-Job in der Gastronomie bis zum Landschaftsarchitekten in Vollzeit.
- Jedoch ist es mit der tatsächlichen Anstellung nicht immer ganz einfach. Das Gelsenkirchener Rehazentrum „Come Back“ etwa verzweifelt an bürokratischen Hürden und Vorgaben.
Vom Minijob in der Bar bis zum Heizungsbauer in Vollzeit: Zahlreiche Unternehmen bieten auch in Gelsenkirchen Jobs für ukrainische Geflüchtete an und nutzen dafür Online-Jobbörsen wie „JobAidUkraine.com“.
Die suchenden Branchen leiden meist unter Fachkräftemangel und erhoffen sich, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Notleidenden Existenzen zu helfen und dringend benötigte Personalunterstützung zu bekommen. Doch obwohl die Ukrainer grundsätzlich eine Arbeitserlaubnis haben, rennen die einstellungsbereiten Firmen gegen Barrieren. So wie das Rehazentrum „Come Back“.
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Larissa Keina, Gesundheitsmanagerin bei der GmbH am Nordring, hatte sich zuerst sehr gefreut, als sich tatsächlich jemand aus der Ukraine auf ihre Anzeige meldete – und dann auch noch eine Dame, die bereits über zehn Jahre eine eigene Physiopraxis in Kiew geleitet hat, darüber hinaus zwar kaum über Deutsch-Kenntnisse verfügt, aber im früheren Berufsleben 22 Jahre lang Englisch unterrichtete.
„Das hätte alles super gepasst, sie hätte gut mit unseren jüngeren Patienten arbeiten können, die ohnehin alle Englisch können“, war sich Keina sicher. Als Physiotherapeutin anstellen darf sie die 47-jährige Bewerberin trotzdem nicht.
Ukrainerin darf nicht als Physiotherapeutin arbeiten – obwohl sie eigene Praxis leitete
„Sie hat zahlreiche Weiterbildungen, aber leider keine Berufsausbildung, die in Deutschland anerkannt wird. Solange sie diese nicht hat, kann sie hier auch nicht in ihrem alten Job arbeiten“, bedauert Keina – und ärgert sich darüber, dass es nicht möglich ist, dass die Frau aus Kiew ihre Fähigkeiten in einer praktischen Prüfung in Deutschland unter Beweis stellen kann, um zu zeigen, dass sie die Befähigung für den Job besitzt, den sie ohnehin seit Jahren ausübt. „Wenn man möchte, dass die Ukrainer hier arbeiten, dann muss man da doch pragmatische Herangehensweisen finden“, meint Keina. „Sonst haben wir hier am Ende zig ukrainische Ärzte, die an der Tanke arbeiten.“
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Doch auch vom Bürgerservice der Europäischen Union erhielt Keina nur eine enttäuschende Antwort. Ihre Qualifikation über das Verfahren zum Erhalt des Europäischen Berufsausweises (EBA) anerkennen zu lassen, sei für die Bewerberin nicht möglich, da ihr Abschluss in einem Nicht-EU-Staat erworben wurde. Jedoch weisen die EU-Mitarbeiter in ihrer E-Mail an Keina darauf hin, „dass es das deutsche Arbeitsministerium als zentrales Anliegen erachtet, die Qualifikationen der aus der Ukraine Geflüchteten schnell zu erfassen und das Verfahren zur Anerkennung dieser Qualifikationen zu beschleunigen.“ Für Keinas Bewerberin hieße das trotzdem: Sie müsste erst einmal von Neuem beginnen.
Hilfsbereitschaft, aber auch Verzweiflung: Gelsenkirchener Wirt bietet Job für Ukrainer
Weniger Probleme mit notwendigen Qualifikationen würde Vincenc Els, Wirt der „Oisin Kelly Gallery“ in Buer, haben. Auch er bietet über „JobAid“ eine Stelle für Ukrainer an, einen Nebenjob als Service-Kraft. „Ich habe ein kleines Helfersyndrom“, sagt Els, der aber gleichzeitig nicht unterschlagen möchte, dass auch „eine gewisse Verzweiflung“ hinter dem Job-Angebot steckt. Denn auch er sucht vergeblich Unterstützung für seinen Pub.
„Die Studenten, die sich sonst melden, haben sich aufgrund der Pandemie offenbar andere Jobs gesucht“, sagt er, aber ist noch optimistisch. „Das kommt wieder, jetzt, wo die Gastronomie nach der Zeit der Corona-Einschränkungen wieder voll da ist.“ Vielleicht, so hofft Els, meldet sich aber auch noch jemand aus der Ukraine auf seine Anzeige, die mittlerweile seit drei Wochen online ist.
Landschaftsarchitekt in Vollzeit: Auch Vivawest bietet Jobs für Ukrainer an
Ebenfalls seit drei Wochen können sich Ukrainer auf die Ausschreibung des HVG Grünflächenmanagements melden. Auf „JobAid“ bietet die Vivawest-Tochter für Ukrainer eine Vollzeit-Stelle als Landschaftsarchitekt. Aber wie Vivawest-Sprecher Gregor Boldt mitteilt, können sich Menschen aus der Ukraine etwa auch als Bauingenieure oder Architekten bewerben.
Probleme mit Qualifikationen gibt es dabei offenbar seltener. Erste positive Video-Gespräche mit den Bewerbern, die sich noch in der Ukraine befinden, hätten bereits stattgefunden. In den nächsten Tagen wolle man diese vertiefen.
Weitere Jobbörsen für Ukrainer
Neben der „JobAidUkraine“ gibt es weitere Jobbörsen, die Ukrainer und Unternehmen vernetzten wollen.So ist unter dem Namen „UATalents“ vor einigen Wochen eine weitere europaweite Jobplattform gestartet (uatalents.com). Zudem können Geflüchtete auch auf dem Portal Workeer (workeer.de) eine Stelle finden.