Gelsenkirchen. Immer wieder werden Beschwerden laut, die Stadt Gelsenkirchen würde Wohnungen für Ukraine-Flüchtlinge ablehnen. Was oft wirklich dahinter steckt.
- Immer wieder ärgern sich Menschen in Gelsenkirchen darüber, wenn das Sozialamt ablehnt, Wohnungen für Ukrainer zu bezahlen.
- Was dahinter steckt: Die Stadt kann nur die Kosten übernehmen, die im Rahmen sind. Es gelten die Wohnungsgrößen und Heizkosten, die auch für Hartz-IV-Empfänger als angemessen anerkannt werden.
- Stadt und Polizei warnen vor unseriösen Angeboten. „Leider nutzen manche Menschen die Notsituation anderer aus“, heißt es.
„Wir haben eine Wohnung für eine ukrainische Flüchtlingsfamilie gefunden, die perfekt passen würde, doch das Sozialamt blockt“, schilderten der Redaktion in den vergangenen Wochen gleich mehrere Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener Helfer unabhängig voneinander. Im Gespräch wird jedoch oft schnell klar, dass die Mieten der angebotenen Wohnungen schlicht überteuert sind – nicht nur für Sozialwohnungen.
Dem Ärger der Betroffenen darüber, dass die Stadt mitunter auch die Übernahme einer gerade einmal 350 Euro hohen Miete ablehnt, tut das zwar nicht immer einen Abbruch, gleichwohl ist der Ermessensspielraum der Stadt eindeutig geregelt und orientiert sich an dem, was auch Hartz-IV-Beziehern in Gelsenkirchen zusteht (also beispielsweise Warmmieten von 530 Euro bei 80-Quadratmeter-Wohnungen für drei Personen). 350 Euro Kaltmiete für eine alte, 39 Quadratmeter kleine Dachgeschosswohnung, wie im Fall der Helfer, die enttäuscht von der Stadt waren, liegt aber eben deutlich über dem, was erstattet wird.
Wie hoch die Miete für ukrainische Flüchtlinge sein darf
In Gelsenkirchen werden zurzeit folgende Wohnungsgrößen und Bedarfe für Unterkünfte einschließlich Betriebskosten (ohne Heizkosten) als angemessen anerkannt (siehe Tabelle). Für jede weitere Person im Haushalt kann ein Mehrbetrag von insgesamt 97 Euro berücksichtigt werden. Daneben werden die tatsächlichen Heizkosten (vorbehaltlich einer Angemessenheitsprüfung) als Bedarf anerkannt.
„Leider nutzen manche Menschen die Notsituation anderer aus und machen unseriöse Angebote“, heißt es im Allgemeinen auf der Seite der Stadt, auf der Hilfsangebote und Ratgeber für ukrainische Flüchtlinge zusammengestellt sind. Dass es derlei „unseriöse Angebote“ eben durchaus auch auf dem Wohnungsmarkt gibt, dass manch ein Vermieter offensichtlich versucht, aus der Not der Kriegsflüchtlinge Profit zu schlagen, komme glücklicherweise nicht übermäßig häufig vor, aber es kommt vor.
Stadt Gelsenkirchen bestätigt mitunter überteuerte Mietangebote
„Der überwiegende Teil der Angebote ist seriös und angemessen, aber es kommt eben leider auch immer wieder vor, dass Vermieter versuchen, ihre teuren oder überteuerten Wohnungen auf diesem Wege vermietet zu bekommen“, bestätigt Stadtsprecher Martin Schulmann auf WAZ-Anfrage. Und auch aus einem anderen Grund muss manch angebotenes Mietobjekt nach einer Besichtigung durchs Amt abgelehnt werden. Schulmann erklärt, dass unter den zur Verfügung gestellten Wohnungen gelegentlich auch solche unbewohnbaren sind, in die man wahrlich niemanden unterbringen wollte, und schon gar nicht Mieten aus Steuergeldern dafür zahlen wollte.
Vor unseriösen Miet-Angeboten warnt auch die nordrhein-westfälische Polizei ukrainische Flüchtlinge: „Gehen Sie auf keine Wohnungsangebote von fremden Personen ein. Betrüger bieten beispielsweise an, Menschen in den eigenen Wohnungen und Häusern aufzunehmen oder gegen Gebühren eine Wohnung für Sie zu finden. Solche Vermittlungsangebote sollten Sie nur von autorisierten Personen, zum Beispiel von Mitarbeitern der jeweiligen Sozialämter, in Betracht ziehen.“
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Die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, Werena Rosenke, mahnte gegenüber dem Evangelischen Pressedienst indes jüngst, dass viele ukrainische Flüchtlinge auf längere Zeit wohnungslos bleiben würden. Ein Großteil der Menschen werde noch lange bei Familie und Freunden unterkommen oder in Unterkünften leben müssen. Rosenke wies darauf hin, dass die ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland ab dem 1. Juni Anspruch auf die staatliche Grundsicherung haben. Sie konkurrierten dann mit Hartz-IV-Empfängern und anerkannten Asylbewerbern um Sozialwohnungen und Wohnungen im unteren Preissegment. Rosenke warnte vor „unschönen Konkurrenzsituationen“ zwischen diesen Gruppen und forderte die Kommunen auf, kurzfristig Wohnraum zu schaffen, indem sie etwa Leerstände prüften und Ferienwohnungen in Mietwohnungen umwandelten.
Die Stadt Gelsenkirchen bietet ihrerseits bereits Wohnungssuchenden und Vermietern die Möglichkeit, über ein Formular entsprechend Wohnraum anzufragen bzw. anzubieten, „um die Unterkunftsverteilung gerecht und möglichst schnell zu gestalten, wie es heißt.
Mehr Informationen gibt es auf www.gelsenkirchen.de/de/soziales/integration/fluechtlingen_helfen/ukraine