In Gelsenkirchen liegen mindestens 1800 Ipads ungenutzt in den Schulen. Warum die Stadt noch zögert, für jeden Schüler Endgeräte anzuschaffen.

Gelsenkirchen. 12.406 Ipads sind in Gelsenkirchen bereits für Schülerinnen und Schüler angeschafft worden. Die meisten davon wurden über Förderprogramme von Bund und Land finanziert, mit Eigenanteil. Aber auch Zusatzgeräte über den städtischen Etat sind darunter, da die Schulen einen höheren Bedarf als anfangs gefördert gemeldet hatten. Anlässlich einer Anfrage des bildungspolitischen Sprechers der CDU, Markus Karl, im Fachausschuss zum Einsatz der Ipads in den Schulen hat die Stadt in den Schulen nachgefragt. Dabei stellte sich heraus: 1800 der bereits Anfang 2021 zur Verfügung gestellten Tablets werden bis heute nicht eingesetzt! [Zum Thema: Schüler Ipads: Warum die Ausstattung von der Stadt abhängt]

Zehn von 73 Schulen haben auf die Abfrage gar nicht reagiert

Und zwar handelt es sich sogar um mindestens 1800 Tablets, da zehn der 73 angefragten Schulen in der Stadt gar nicht auf die Abfrage reagiert haben. Diese werden nun erneut angemahnt, ihre Einsatzzahlen zu benennen. Zudem wird erfragt, warum nicht alle Geräte im Einsatz sind. Ausfälle durch Defekte oder gar Verlust von Geräten halten sich nach Verwaltungsauskunft bisher „im Rahmen“.

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Mehr als 4000 Laptops sind direkt an Schüler ausgegeben

Von den (laut jenen 63 Schulen, die geantwortet haben) 10.700 Tablets sind 4000 direkt an Schüler ausgegeben worden, 4900 werden als Klassensätze im Unterricht genutzt, berichtet Bildungsreferatsleiter Klaus Rostek. Als Grund für die Nichtnutzung der 1800 Ipads nannten die Schulen meist technische sowie Zeitprobleme wegen Personalmangel und Pandemie. [Zum Thema: Die ersten Lehrer-Laptops und Schüler-Ipads sind in Gelsenkirchen angekommen]

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Unterdessen hat das Land 2021 im Zuge der Corona-Pandemie weitere Mittel zur Beschaffung mobiler Endgeräte über Förderprogramme bewilligt. Für Förderschulen und Schulen an sozial benachteiligten Standorten stehen für Gelsenkirchen Mittel bis zu einer Höhe von 12,508 Millionen Euro, über EU-Mittel zudem 933.500 Euro für Berufs- und Weiterbildungskollegs zur Verfügung. Diese Mittel habe Gelsenkirchen sich fristgerecht sichern können, betont Rostek. Allerdings müsse die Stadt dafür in Vorleistung gehen.

Im November 2020 bereits waren die ersten Lehrer-Laptops und die ersten 6700 Schüler-Ipads in Gelsenkirchen angekommen. Sie ins Netz einzubinden, war sehr aufwendig. Im Bild Referatsleiter Klaus Rostek mit der damals frisch ins Dezernenten-Amt gestarteten Anne Heselhaus.
Im November 2020 bereits waren die ersten Lehrer-Laptops und die ersten 6700 Schüler-Ipads in Gelsenkirchen angekommen. Sie ins Netz einzubinden, war sehr aufwendig. Im Bild Referatsleiter Klaus Rostek mit der damals frisch ins Dezernenten-Amt gestarteten Anne Heselhaus. © Stadt Gelsenkirchen | Thomas Sowa

Bis zu 26.880 zusätzliche Ipads können finanziert werden

Verwaltungsintern werde derzeit abgestimmt, wie viele Geräte genau zu bestellen sind – schulscharf muss die Zahl korrekt, die Anträge zur Beschaffung müssen bis Ende Juni bei der Bezirksregierung in Münster gestellt sein. Möglich ist mit Hilfe des Programms – unter Berücksichtigung der bereits in den Schulen vorhandenen Endgeräte – die Beschaffung von bis zu 26.880 zusätzlichen Endgeräten. Grundsätzlich muss die Stadt nicht Mittel zur Ausstattung aller Schulen abrufen, aber wenn für eine Schule bestellt wird, muss es für jeden Schüler und jede Schülerin ein Gerät sein. [Zum Thema: Homeschooling – Wenn Eltern in Gelsenkirchen nicht helfen können]

Risiko: Geld gibt es nur, wenn die Geräte bis Ende 2022 geliefert sind

Die geförderten Geräte müssten bis Ende Dezember 2022 bestellt und geliefert sein. Nach Ansicht der Pressestelle der Landesregierung kann diese Frist „bei rechtzeitiger Bestellung mobiler Endgeräte eingehalten werden, da sich die Beschaffungslage auf dem Markt merklich entspannt“ habe. Genau das jedoch bezweifelt die Verwaltung in Gelsenkirchen stark angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine, aber auch bei der Corona-Lage in Asien. „Aus unserer Sicht liegt aber am Ende das Risiko nach den Vorgaben zur Mittelnutzung alleine bei den Kommunen für den Fall, dass die Endgeräte zwar verbindlich bestellt worden sind, aber nicht rechtzeitig geliefert werden (können)“, erklärt Rostek, warum die Stadt noch Beratungsbedarf sieht.

Ersatzanschaffungen müsste die Stadt wohl alleine stemmen

Schulen warten auf eine Ansage

Viele Schulen warten indes auf die Entscheidung, ob und wann sie weitere Schüler-Ipads bekommen. Die Entwicklung von digitalen Unterrichtskonzepten und entsprechende Fortbildung von Lehrkräften hängt ebenso an der Gesamtausstattung wie die Ausgabe der vorhandenen Geräte.Manche Schule plant die Ausgabe von Ipads an alle Oberstufenschüler zur besseren Vorbereitung von Abschlüssen, andere setzen bisher eher auf den Einsatz von Klassensätzen in der Schule für viele Jahrgänge.Dabei drängt auch die Zeit, da mittlerweile einige Schulbuchverlage angekündigt haben, aktualisiertes Unterrichtsmaterial künftig nur noch digital herauszugeben.

Ein weiteres Problem bei der Neuanschaffung: Diese Geräte müssen ins System eingebunden und gewartet werden. Zwar kann Gelsenkirchen im Rahmen des Digitalpaktes Schule rund 1,5 Millionen Euro beantragen, um Strukturen im IT-Support an den Schulen zu schaffen. 230.000 Euro wurden auch bereits beantragt und bewilligt. Nachteile dieser Förderung sind aus Sicht der Stadt: Bei diesen Mitteln muss die Kommune zusätzlich zehn Prozent Eigenanteil stemmen und die Mittel dürfen nur bis Ende 2024 genutzt werden. Danach trägt die Stadt allein aus eigenen Mitteln die Kosten für den Support, zudem gibt es keinerlei Zusagen zur Beschaffung von Ersatzgeräten nach Ablauf der Nutzungszeit.