Gelsenkirchen. Der Gelsenkirchener Marco Buschmann ist in seinen ersten Monaten als Bundesjustizminister stark gefordert. Was er denkt und wie er damit umgeht.
Etwa eine halbe Stunde später als verabredet kommt Marco Buschmann durch die Redaktionstür zum Interview bei der WAZ Gelsenkirchen. Schon in normalen Zeiten ist es nicht unüblich, dass sich Termine hochrangiger Politiker gelegentlich länger hinziehen und Folgetermine deshalb verspätet beginnen. Und dieser Tag ist alles andere als normal.
Es ist der Tag des Einmarsches Russlands in die Ukraine, der Tag, der eine „Zeitenwende“ in Deutschland und Europa markiert. Es ist der Tag, an dem der Bundesjustizminister im Sicherheitskabinett in Berlin über Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine berät und am späten Nachmittag seiner „Heimatzeitung“, wie er auf Facebook schreibt, ein Interview gibt.
+++[Lesen Sie hier das WAZ-Interview mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP):Thema ist unter anderem der Krieg Russlands gegen die Ukraine und der historische Kurswechsel der Bundesregierung in Außen- und Sicherheitspolitik] +++
Der 44-jährige Bueraner wirkt bei seinem kurzen Heimatbesuch in Gelsenkirchen aufgeräumt, gefasst, konzentriert – trotz der Umstände. Bei Lokum (türkische Süßigkeit) und Cola spricht Buschmann über Putin, Corona und die Streichung des Paragrafen 219a (Werbeverbot für Abtreibungen). Der FDP-Politiker kann auch in schwierigen Lagen die Ruhe bewahren, das wird abermals deutlich. Auf diese Weise hat er zuvor als Parlamentarischer Geschäftsführer die Geschicke der FDP-Bundestagsfraktion mitorganisiert und wurde zu einem der Architekten der Ampelregierung.
Bundesjustizminister Marco Buschmann versucht sein Leben „normal“ weiterzuleben
Zerstreuung findet der gelernte Jurist normalerweise am Mischpult. Buschmann produziert und veröffentlicht in seiner Freizeit leidenschaftlich gerne elektronische Musik, und das schon seit Jahren. Freizeit hat er als Justizminister indes nicht mehr viel, weshalb er auch seit der Amtsübernahme keine Musik mehr gemischt hat.
Ansonsten, das beteuert Buschmann, versuche er, sein Leben auch im neuen Amt möglichst wie gewohnt weiterzuführen. „Ich gehe auch weiterhin zu Fuß zur Arbeit oder gehe selber einkaufen“, sagt der Gelsenkirchener, wobei ihm einfällt, dass er nach dem WAZ-Besuch tatsächlich noch mal in den Supermarkt muss, weil der Kühlschrank in seiner Wohnung in Buer leer sei.
Er telefoniere viel mit (Partei-)Freunden in Gelsenkirchen, halte sich auch über das lokale Geschehen auf dem Laufenden, versichern Wegbegleiter. Weil Buschmann Gelsenkirchen nicht nur im Herzen trage, zierten sein Abgeordnetenbüro zuvor auch einige Bilder aus der Emscherstadt sowie ein paar Flaschen GrauBUERgunder und GEbräu und GEsöff, die der 44-Jährige, der selber keinen Alkohol trinkt, gerne als lokalpatriotisches Geschenk an Gäste verteilt.
„Noch“, räumt Buschmann ein, sei er nicht dazu gekommen, die Bilder von Gelsenkirchen in seinem Ministerbüro aufzuhängen. Das werde er aber noch, sagt er. Ebenso wie er als Minister zusammen mit den Gelsenkirchener Abgeordneten Irene Mihalic (Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen) und Markus Töns (SPD) an den Themen arbeiten werde, die für seine Heimatstadt von besonderer Bedeutung seien. Beim Altschuldentilgungsfonds werde wohl eine Verfassungsänderung und Mehrheiten jenseits der Ampelparteien nötig sein, weshalb Buschmann hierbei noch keine Prognose abgeben will. „Aber wir werden das engagiert angehen und auf den Weg bringen“, so der Minister.
„Darüber hinaus haben wir auch eine ganze Reihe Initiativen vor, wie wir bei dem Thema der Schrottimmobilien vorankommen. Wir werden uns ausländische Immobilienerwerber sehr viel genauer anschauen und ein Gesetz auf den Weg bringen, das künftig jeden Käufer dazu verpflichtet, eine ladungsfähige Adresse im Grundbuch zu hinterlegen. So können die Ordnungsbehörden schneller und effektiver gegen Verstöße vorgehen, insbesondere wenn es sich bei den Eigentümern um internationale Fonds mit unklarer Struktur handelt“, sagt Buschmann.