Gelsenkirchen-Altstadt. Die Gelsenkirchener Heimatbier-Marke hat nun eine eigene Braustätte für „Das Kellerfrische aus der Emschermetropole“. So kommt’s frisch ins Fass.

Braukultur hat seit einigen Tagen wieder eine originär Gelsenkirchener Adresse. Und zwar an der Ahstraße 6. Dort hat GE-Bräu seit rund zwei Jahren nach dem Umzug von der Uferstraße seinen Stammsitz und bald auch ein „Braustüberl“, vor allem aber seit einer Woche auch seine Brauerei. In Kesseln und Keller reift ein Bier, in dem ganz viel „GE“ steckt – gutes Gelsenwasser, Malz aus dem Stadthafen von Avangard-Malz, Dinkel aus dem Stadtnorden. Und natürlich die Arbeit von Anja Michels („Chefin und sonst alles von der Putzfrau bis zur Marketingleiterin“) , Volker Uthe („Brauhelfer und Gabelstaplerfahrer“) und Brauer Matthias Meinke. Sie sind die Akteure, die an die Brautradition der Stadt anknüpfen wollten. Die schien beendet, nachdem die Glückauf-Brauerei 1980 die letzte Flasche Bier abgefüllt hatte.

In Gelsenkirchen an der Ahstraße stehen Sudkessel und Gärtanks

Fein frisch gezapft: Für das GE Bräu, das im künftigen „Bräustübel“ ausgeschenkt wird, hat Anja Michels besonders kelchige Gläser angeschafft.
Fein frisch gezapft: Für das GE Bräu, das im künftigen „Bräustübel“ ausgeschenkt wird, hat Anja Michels besonders kelchige Gläser angeschafft. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

In der Praxis kommt die Hausbrauerei optisch eher unspektakulär daher: Durchs Fenster an der Ahstraße sind der Sudkessel und das Läuterbecken zu sehen, daneben macht ein Heißwasserbottich das Edelstahltrio perfekt. 4,3 Hektoliter Bier hat Meinke am Mittwochmorgen angesetzt. Beim Einmaischen hat es verschiedene Temperaturstufen durchlaufen, danach gab’s Vollgas: fast 100 Grad, 90 Minuten lang. Um die Mittagszeit ist der Sud schon wieder auf etwas über 58 Grad abgekühlt. Nebenan im Läuterbottich geht es um die Steuerung des Biergeschmacks. Später wird das künftige GE-Bräu über eine Schlauchverbindung in einen Reifetank im Kühlkeller fließen. Hefen, Eiweißsstoffe, Enzyme und der Brauer werden in den kommenden Wochen daran arbeiten, damit aus dem trüben Gebräu ein Kellerbier wird.

GE Bräu produziert vor Ort auch besondere Spezialitäten

In den vergangenen Tagen haben Uthe und Meinke, der in einer süddeutschen Brauerei ausgebildet wurde, die Produktion hochgefahren. „Der Keller muss voll werden“, sagt Meinke und grinst. Im Kühlkeller blubbert es bei fünf Grad Raumtemperatur hörbar in einem Reifetank. Am 6. November wurde ein Weihnachtsbier angesetzt. „Es ist noch in der Hauptgärung für rund fünf Tage“, sagt Meinke. Bis es ins Fass kommt, werden noch gut vier Wochen vergehen.

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Das Malz für das Weihnachtsbier ist über Buchenrauch geröstet worden. Die Aromen sollen sich später im Bier „geringfügig herausschmecken lassen“, sagt Uthe. Mit 6,5 Prozent Alkoholgehalt wird es ins Glas fließen. Ein erster Versuch, der hoffentlich mundet. Auf einem anderen Tank sitzt ein Spundapparat und misst den Druck. Über ein Rad lässt sich der entstehende Kohlensäuregehalt steuern. „Fünf Gramm Kohlensäure pro Liter sind gut“, sagt Brauer Meinke – das zischt schön, prickelt aber nicht zu stark.

Dinkelbier mit Zutaten aus der Produktion der Solidarische Landwirtschaft Lindenhof

Auch ein Dinkelbier haben die GE-Brauer schon produziert für die Solidarische Landwirtschaft Lindenhof (Thema:Wie ein Gelsenkirchener Landwirt seinen Betrieb neu erfindet). In Zukunft soll das Bio-Getreide für das Dinkelbier auch dort im Stadtnorden angebaut werden. Spezialitäten und Fassbier, sie werden an der Ahstraße gebraut – „untergärig, ganz klassisch und traditionell, unfiltriert und entsprechend leicht trüb“, erklärt Meinke. Eben süffiges GE-Bräu und GE-Söff, die nun auch das Brauer-Versprechen „Das Kellerfrische aus der Emschermetropole“ wirklich erfüllen. Das eigentliche Flaschenbier braut – als Partner – weiterhin eine mittelständische Brauerei im Weserbergland nach den Rezepten aus dem Ruhrgebiet. Logistik und allein schon die nötige Flaschen-Abfüllanlage würden die Kapazitäten an der Ahstraße 6 sprengen und das Finanz-Budget überstrapazieren, sagt Uthe.

Noch wartet man bei GE-Bräu auch auf eine Schanklizenz für die Braustube

Bierwerbung mit Botschaft: Von GE Bräu gibt es Shirts mit dem Aufdruck „Die einzige braune Flasche, die wir hier akzeptieren!“
Bierwerbung mit Botschaft: Von GE Bräu gibt es Shirts mit dem Aufdruck „Die einzige braune Flasche, die wir hier akzeptieren!“ © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Ein Wanddurchbruch trennt den Brauraum von der Kneipe mit Wohnzimmercharme, in der bald Gäste bewirtet werden sollen. Noch ist vieles im Aufbau. Die Edelstahlkessel stehen in einem gekachelten Raum, ein Lastenaufzug wurde eingebaut, um das Erdgeschoss mit dem Reife- und dem Lagerkeller zu verbinden. Dort ist Uthe am Mittwoch dabei, Malz zu schroten. Als Antrieb für die Mühle dient eine Bohrmaschine. Die Technik streikt gerade, Mehlstaub macht sich breit. Etliches wirkt noch improvisiert. Die Brauerei und die Abläufe sind sozusagen noch im Aufbau. Noch wartet man bei GE-Bräu auch auf die Schanklizenz. Den Betrieb ans Laufen zu bekommen“, stellt Anja Michels fest, hat nicht nur mit Brauwissen zu tun. Es bedeute auch: „Bürokratie ohne Ende.“

In den Lagertanks im Keller reift bei fünf Grad Temperatur gerade das erste Weihnachtsbier, das Brauer Matthias Meinke angesetzt hat.
In den Lagertanks im Keller reift bei fünf Grad Temperatur gerade das erste Weihnachtsbier, das Brauer Matthias Meinke angesetzt hat. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Corona-Pandemie hat den Bierabsatz deutlich einbrechen lassen

Im Flaschenbereich hat sich GE-Bräu seit 2015 durchaus als lokales Bier etabliert. Trinkgut-Märkte und einige REWE-Händler in Gelsenkirchen haben die Marke im Angebot. Nach wie vor überschaubar ist der Kundenkreis in Kneipen und Restaurants. Gegen die etablierten Brauer und ihre Gastro-Verträge könne GE-Bräu nur schwer Absatznischen besetzen, sagt Anja Michels.

Getroffen hat den Betrieb vor allem aber die Corona-Pandemie. Die Stände auf Märkten, Festen und Veranstaltungen waren und sind ein wichtiges Standbein. „Die Frequenz ist leider immer noch nicht wieder so wie 2019.“