Gelsenkirchen-Buer. Wie Domplatte und Hagenstraße in Gelsenkirchen-Buer in einer anderen Gastronomie-Liga spielen könnten. Nicht öffentliche Studie macht Vorschläge.

Zugegeben: Mit Bochums Bermuda-Dreieck kann Buers Gastronomie nicht konkurrieren. Dass da aber durchaus Luft nach oben ist im örtlichen Gaststätten-Gewerbe, attestiert eine nichtöffentliche Machbarkeitsstudie, die kürzlich der Politik vorgestellt wurde und nun der Redaktion exklusiv vorliegt. Und was das Planungsbüro da unter dem Arbeitstitel „Urbanus-Kiez“ vorschlägt, könnte Buers Restaurant-, Bar- und Kneipen-Szene in eine ganz andere Liga katapultieren.

Anliegen des Auftraggebers Stadt war es, „die Möglichkeiten und Grenzen zwischen der Entwicklung eines regional herausragenden Gastronomiestandorts rund um den St.-Urbanus-Kirchplatz“ auszuloten und „hierfür eine städtebauliche, funktionale und wirtschaftliche Machbarkeitsprüfung“ zu erarbeiten. Kurz: Wie kann Buers Szene (wieder mehr) Strahlkraft auch über die Stadtgrenzen hinaus entwickeln?

Studie bemängelt: In Gelsenkirchen-Buer fehlt hochwertige Gastronomie

Der heutige „Urbanus-Kiez“ in Gelsenkirchen-Buer könnte nach einer Umgestaltung gastronomisch so aufgewertet werden, dass er auch Besucherinnen und Besucher aus anderen Städten anzieht. Dabei soll Systemgastronomie helfen.
Der heutige „Urbanus-Kiez“ in Gelsenkirchen-Buer könnte nach einer Umgestaltung gastronomisch so aufgewertet werden, dass er auch Besucherinnen und Besucher aus anderen Städten anzieht. Dabei soll Systemgastronomie helfen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Dabei listet das Dortmunder Büro Schulten – Stadt- und Raumentwicklung (SSR) sämtliche 44 Gastronomie-Betriebe in der Fußgängerzone auf – und kommt zu einem wenig schmeichelhaften Urteil: Es fehlten „hochwertige Ambiente-Gastronomie“, Unterhaltungsbetriebe wie Clubs und Bars, spezielle Angebote für Vegetarier und Veganer sowie Systemgastronomie mit Magnetwirkung.

Auch innovative Geschäftsmodelle etwa mit Feinkostangeboten sowie nachhaltigen Konzepten seien kaum vorhanden, genauso wenig eine Zielgruppen-Orientierung. Die Qualität der vorhandenen Parkmöglichkeiten sei nicht ausreichend, die Passantenfrequenz gering. Schließlich gebe es zu wenige Flächen für Systemgastronomie.

Dortmunder Büro sieht aber viel Potenzial für eine Belebung Gelsenkirchen-Buers

Gelsenkirchens Stadtbaurat Christoph Heidenreich hofft auf das Engagement der Grundstücks-Eigentümer rund um die Domplatte in Buer. Ohne sie werde sich die Idee eines „Urbanus-Kiez“ nicht realisieren lassen.
Gelsenkirchens Stadtbaurat Christoph Heidenreich hofft auf das Engagement der Grundstücks-Eigentümer rund um die Domplatte in Buer. Ohne sie werde sich die Idee eines „Urbanus-Kiez“ nicht realisieren lassen. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Gleichwohl sieht das Büro Potenzial für eine Belebung: an der Domplatte und entlang der Hagenstraße und des angrenzenden Spielplatzes. Der Vorschlag: Dort könne man Systemgastronomie etablieren, Außengastronomie ermöglichen, speziellere Speisen anbieten und – (nicht nur) für Studierende der Westfälischen Hochschule – Clubs und Bars ansiedeln. Auch Wohnangebote für diese Zielgruppe in der City seien sinnvoll.

„Unsere Idee ist, in dem Bereich neue positive Impulse zur Belebung der City zu setzen. In anderen Städten gibt es doch auch viele Beispiele von gastronomisch genutzten Kirchplätzen“ erklärte Stadtbaurat Christoph Heidenreich auf Anfrage der Redaktion. Dabei gelte es, im Gespräch mit den Immobilien-Eigentümern rund um die Domplatte Möglichkeiten für eine Ansiedlung weiterer Gastronomien zu erörtern.

Idee: Eventbereich könnte in Richtung Russellplatz verlegt werden

Konkret regt das Büro an, den Eventbereich auf der Domplatte in Richtung Russellplatz zu verlegen und dabei die Hagenstraße mit dem angrenzenden Spielplatz baulich so zu verändern, dass dort mehr Außengastronomie Platz findet: als „Urbanus-Kiez“.

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Vorgestellt werden drei Varianten, jeweils unter Wegfall der Pkw-Stellplätze vor dem Szene-Lokal L.ON: So könne man den jetzigen, „trotz der geringen Qualität“ gut frequentierten Spielplatz an der Freiheit entweder zu einem Abenteuer-Spielplatz oder zu einer Veranstaltungsfläche umgestalten; dritte (von SSR bevorzugte) Möglichkeit wäre eine Kombination aus beidem.

Gelsenkirchener Immobilien-Eigentümer müssten mitziehen

Der Gebäudeblock zwischen Domplatte und Hagenstraße (vom Mode-Store „Hoch Drei“ bis zum Outdoor-Ausstatter Wolfskin) könnte unterdessen für großflächigere (System-)Gastronomie genutzt werden. Das Büro SSR hat dafür sechs mögliche Gastro-Bereiche identifiziert, von denen drei jeweils einen Zugang am St.-Urbanus-Kirchplatz und an der Hagenstraße erhalten könnten. Mit 510, 750 und 440 Quadratmetern Nutzfläche wären sie deutlich größer als die bisherigen kleinteiligen Lokale.

Voraussetzung dafür wäre freilich, dass die dafür nötigen Flächen freigezogen würden – und das wiederum erfordert die Bereitschaft der Immobilien-Eigentümer, auf diese Konzept-Idee einzugehen und ihre Gebäude umzubauen. Entsprechend vorsichtig formuliert auch Baurat Heidenreich: „Es handelt sich um Anregungen.“ Es solle sich niemand genötigt oder (als Mieter) vertrieben fühlen.

Studie: Umgestaltung rechnet sich für Eigentümer wirtschaftlich

Nach WAZ-Informationen hat die Verwaltung die betroffenen Eigentümer schriftlich, aber noch recht allgemein über die Machbarkeitsstudie informiert und angekündigt, bald mit ihnen Gespräche führen zu wollen. Auch deshalb wurde das Papier bislang nur nichtöffentlich beraten.

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Druck machen will die Stadt ausdrücklich nicht. Trotzdem hofft Heidenreich, den ersten Startpunkt in den nächsten zwei Jahren setzen und in etwa fünf Jahren Vollzug melden zu können. Dass sich der Aufwand für die Immobilien-Eigentümer rechnen dürfte, darauf weist die Studie jedenfalls ausdrücklich mit einer Wirtschaftlichkeitsberechnung hin.