Gelsenkirchen-Buer. Welche Immobilien die Gelsenkirchener Gläubigen im Norden künftig noch nutzen können. Und wie es dann weitergeht.

Die Kleider sind zu groß geworden: Fünf Jahre nachdem die Evangelische Trinitatis-Kirchengemeinde Buer ihre Stephanuskirche samt -haus verkauft hat, zeichnen sich weitere Gebäude-Aufgaben ab. Angesichts rückläufiger Mitgliederzahlen und sinkender Finanzmittel informierte sie jetzt bei einer Gemeindeversammlung, welche Immobilien künftig weiter genutzt werden sollen – und welche nicht.

„Wir wollen der nächsten Generation ein bestelltes Feld hinterlassen“, begründete Baukirchmeisterin Ulrike Est, warum sich das Presbyterium zu einer Überarbeitung der Gebäude-Konzeption durchgerungen habe (die wiederum Voraussetzung für Förderanträge bei der Landeskirche ist). Dass Trinitatis (derzeit rund 10.000 Gemeindeglieder) im Jahr 2030 noch 8500 und 2040 womöglich nur noch unter 6000 Protestanten zählen werde, dürfe nicht ignoriert werden. Ebenso wenig der damit verbundene Rückgang der Kirchensteuer-Einnahmen und der demografische Wandel überhaupt.

Trinitatis-Gemeinde will in jedem Stadtteil für junge Gelsenkirchener sichtbar bleiben

Vielgelobtes Projekt: Die Markuskirche in Hassel-Süd wurde schon vor Jahren außer Dienst genommen und für Wohnzwecke umgebaut. Das benachbarte Gemeindehaus soll in ein bis zwei Jahren für Kindergartenzwecke genutzt und für die gemeindliche Arbeit geschlossen werden.
Vielgelobtes Projekt: Die Markuskirche in Hassel-Süd wurde schon vor Jahren außer Dienst genommen und für Wohnzwecke umgebaut. Das benachbarte Gemeindehaus soll in ein bis zwei Jahren für Kindergartenzwecke genutzt und für die gemeindliche Arbeit geschlossen werden. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Dabei habe sich die Gemeinde entschieden, in jedem Stadtteil „für junge Leute sichtbar zu bleiben, indem wir dazu beitragen, die evangelischen Kindertagesstätten zu erhalten“, sagte sie. Dafür werde Trinitatis Grundstücke zur Verfügung stellen und an die Evangelische Kindergartengemeinschaft als Träger der Kitas abgeben.

Das hat freilich Folgen für andere Immobilien: Etwa am Standort Markus (Hassel-Süd). Weil die viergruppige Kita dort laut Vorgaben des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) nur fortgeführt werden könne, wenn die Einrichtung um Schlafräume und Küche erweitert werde, soll sie in den nächsten ein bis zwei Jahren in Richtung benachbartes Gemeindehaus vergrößert werden.

Kita in Gelsenkirchen-Hassel-Süd soll in Richtung Gemeindehaus erweitert werden

Andrea Kemner-Hogrebe, stellvertretende Vorsitzende des Presbyteriums der Evangelischen Trinitatis-Kirchengemeinde Gelsenkirchen-Buer, berichtete bei der Gemeindeversammlung von der überarbeiteten Gebäude-Konzeption.
Andrea Kemner-Hogrebe, stellvertretende Vorsitzende des Presbyteriums der Evangelischen Trinitatis-Kirchengemeinde Gelsenkirchen-Buer, berichtete bei der Gemeindeversammlung von der überarbeiteten Gebäude-Konzeption. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Das Gemeindehaus wird deshalb für die gemeindliche Arbeit geschlossen“, da es dann durch die baulichen Maßnahmen nicht barrierefrei sei, so Andrea Kemner-Hogrebe, stellvertretende Presbyteriums-Vorsitzende. Für die verbleibenden Räume sollen weitere Nutzungsmöglichkeiten gesucht werden, etwa ein Umbau zu Wohnungen. Dies ist bereits, wie berichtet, vor einigen Jahren bei einem vielgelobten Umbau der Markus-Kirche gelungen.

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Außerdem gebe es in Hassel-Nord in der Evangelischen Lukas-Kirchengemeinde gute Räumlichkeiten, auf die die kirchlichen Gruppen aus Markus ausweichen könnten. Trinitatis und Lukas, die schon lange einen Kooperationsraum bilden, wollen bekanntlich Vereinigungsgespräche starten.

Standort Scholven soll nur so lange weitergenutzt werden, wie es finanzierbar ist

Die Adventskirche in Gelsenkirchen-Scholven soll mittelfristig weitergenutzt werden – so lange es finanzierbar ist. Akteure der Trinitatis-Gemeinde gehen von 15 bis 20 Jahren aus.
Die Adventskirche in Gelsenkirchen-Scholven soll mittelfristig weitergenutzt werden – so lange es finanzierbar ist. Akteure der Trinitatis-Gemeinde gehen von 15 bis 20 Jahren aus. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Am Standort Advent in Scholven könne die zweigruppige Kita Arche Noah laut LWL-Vorgaben nur fortgeführt werden, wenn sie als Ganzes neugebaut werde (Kemner-Hogrebe: „Sie platzt aus allen Nähten“). Nach einem Abriss des maroden Gemeindehauses soll ein Bauträger dort eine neue Einrichtung für dann vier Gruppen errichten. Das Begegnungszentrum, das sich in gutem baulichen Zustand befindet, sei von den Planungen nicht betroffen.

Die (einzige evangelische) Kirche vor Ort soll zunächst weiter genutzt werden, „solange es sich die Gemeinde leisten kann“. Heißt: Mittelfristig – Pfarrerin Antje Grüter schätzt in 15 bis 20 Jahren – wird der Standort wohl aufgegeben. „Wir wollen, dass die Kirche so lange wie möglich bestehen bleibt, zumal die Gemeindearbeit dort sehr lebendig ist. Aber das hängt von der Entwicklung der Gemeindegliederzahlen und den Finanzen ab.“

Apostel-Gemeindehaus in Gelsenkirchen-Buer wird saniert oder neu gebaut

Pfarrerin Antje Grüter von der Evangelischen Trinitatis-Kirchengemeinde Gelsenkirchen-Buer will besonders für Scholven noch „etwas entwickeln“, um Gemeindearbeit vor Ort zu ermöglichen, wenn der Standort nicht mehr zu finanzieren sei.
Pfarrerin Antje Grüter von der Evangelischen Trinitatis-Kirchengemeinde Gelsenkirchen-Buer will besonders für Scholven noch „etwas entwickeln“, um Gemeindearbeit vor Ort zu ermöglichen, wenn der Standort nicht mehr zu finanzieren sei. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Der Standort Apostel in Buer an der Horster Straße ist gesetzt. Das Kita-Gebäude befinde sich in einem guten baulichen Zustand, das 110 Jahre alte Gemeindehaus mit Feuchtigkeitsschäden, veralteten Sanitäranlagen und Fenstern müsse allerdings entweder saniert oder neu gebaut werden. „Da wird eine Arbeitsgruppe ein Konzept entwickeln, das auch die Frage berücksichtigt, welche der zwei Optionen eher geeignet ist, um Klimaneutralität zu erreichen“, so Pfarrerin Grüter.

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Langfristig werde Buer mit seiner ältesten evangelischen Kirche und der größten Zahl an Protestanten im Norden der Stadt (derzeit 6700 Gläubige) das „räumliche Zentrum“ der Gemeinde werden. Dem gelte es mit einer Gemeindehaus-Ertüchtigung Rechnung zu tragen.

Gelsenkirchener Gläubige reagierten betroffen auf „bittere“ Neuigkeiten

Die Pfarrerin räumt im Pressegespräch ein, dass die Gläubigen besonders aus Hassel-Süd und Scholven bei der Gemeindeversammlung „betroffen“ reagiert hätten auf die „bitteren“ Neuigkeiten, auch wenn schon seit Jahren klar gewesen sei, dass etwa das Gemeindehaus in Advent nicht mehr zu retten sei („es stand schon seit Jahren nicht mehr auf der Positivliste der erhaltenswerten Immobilien“).

Geänderte Gottesdienstordnung in Trinitatis und Lukas

Wegen personeller Probleme im Pfarrteam mussten Trinitatis und Lukas aktuell die Gottesdienstordnung ändern: Jeden ersten und dritten Sonntag finden Gottesdienste statt in Lukas (11.15 Uhr) und Advent (10 Uhr). Jeden zweiten und vierten Sonntag sind Apostel (10 Uhr) und Markus (11.15 Uhr) an der Reihe.

Ehrenamtliche Gemeindeglieder und Prädikanten bieten an den anderen Sonntagen Andachten an.

Die einmal monatlich stattfindenden Gottesdienste in der Stephanuskirche sowie die musikalischen Andachten in der Reihe „Ausklang“ finden mit Beginn des neuen Jahres nicht mehr statt, da Kirchenmusiker Lothar Fischer sich zurückgezogen hat.

Es habe auch durchaus „emotionale Stimmen“ gegeben, die bemängelt hätten, nicht früher „ins Boot geholt worden zu sein.“ Es sei aber auch ausgemacht, „für Advent noch etwas zu entwickeln“, um Gemeindearbeit vor Ort zu ermöglichen, wenn der Standort nicht mehr finanzierbar sei.

Zeichen für Vereinigung von Gelsenkirchener Trinitatis- und Lukas-Gemeinde stehen gut

Im Vergleich zur Gebäude-Konzeption sei der Aspekt Vereinigung mit Lukas nur zur Kenntnis genommen worden, so Andrea Kemner-Hogrebe. Von der einstigen Rivalität zwischen Hassel-Nord und -Süd entlang der „Grenze“ der alten Zechenbahn-Gleise sei nichts mehr zu spüren, bestätigte auch Waltraud Ryrko als Vorsitzende der Lukas-Kirchengemeinde.

„Wir haben uns bei der Ausschreibung einer verbundenen Pfarrstelle angenähert und gemerkt: Wir ticken alle gleich und wollen auch das Gleiche. Der Rest wird zusammenwachsen“, zeigte sie sich optimistisch.