Gelsenkirchen-Buer. . Gute Finanzlage, ausbaufähige Mobilität der Gläubigen – so die Bilanz zehn Jahre nach Gründung der Evangelischen Trinitatis-Gemeinde Buer.
- Vor 10 Jahren, am 1. Juni 2007, vereinigten sich die Evangelischen Gemeinden Buer, Markus und Advent
- Seitdem wurden die Stephanuskirche verkauft und die Markuskirche zu Wohnzwecken umgebaut
- Pfarrerin Karla Wessel ist zufrieden mit der Entwicklung – trotz neuer Baustellen
Ein Kind, drei Väter und eine lange, mühevolle Geburt, die nun tatsächlich schon ein Jahrzehnt zurückliegt: Die Evangelische Trinitatis-Kirchengemeinde Buer feiert an Pfingstsonntag, 4. Juni, ihren 10. Geburtstag. Ein Grund zurückzublicken auf die Entwicklung des Nachwuchses, auf Stärken, Schwächen und Kinderkrankheiten. Dabei zeigt das Gespräch mit den „Geburtshelfern“ Pfarrerin Karla Wessel und Kirchmeisterin Sylvia Erdtmann: Es ist wie bei anderen Eltern auch – kaum scheint die eine Baustelle abgearbeitet, tut sich bereits die nächste auf.
Als die Gemeinden Buer, Markus (Hassel-Süd) und Scholven – damals noch mit Lukas (Hassel-Nord) – Gespräche aufnahmen, waren diese der Erkenntnis geschuldet: „Alleine wird es immer schwieriger, Kirchenmusik, Jugendarbeit und Gemeindebüros fortzuführen“, so die Pfarrerin. „Es waren finanzielle Rahmenbedingungen, die uns zusammenbrachten. Aber wir haben uns freiwillig dazu entschieden, ohne Druck des Kirchenkreises. Im Gegenteil. Wir waren Vorreiter.“ Die Lukas-Gemeinde stieg freilich nach einiger Zeit aus den Gesprächen aus, weil sie fürchtete, ihr Jugendzentrum „Bonni“ aufgeben zu müssen.
Pfarrerin Wessel: Mobilität ist eher noch die Ausnahme
Zehn Jahre später blickt Presbyterin Erdtmann, schon damals in Buer Kirchmeisterin, stolz auf das „Kind“: „Die Großgemeinde ist gelungen, ihre finanzielle Situation nun ausgewogen. Ohne die schwierigen Immobilien-Entscheidungen sähe die Sache aber anders aus.“
Was sie meint, sind die Beschlüsse zur Schließung der Markus- und Stephanus-Kirche. Das Hasseler Gotteshaus, seit 2012 nicht mehr genutzt, wurde für Wohnzwecke von der Gemeinde als Bauherrin barrierefrei umgebaut und kann bezogen werden; Stephanus-Gemeinde- und -Pfarrhaus werden vom neuen Eigentümer, der Lindhorst-Gruppe, abgerissen und durch einen Neubau für Seniorenwohnungen ersetzt werden.
Einige suchen noch neue Gottesdienst-Heimat
Folge: Während die Hasseler nebenan im Gemeindehaus Gottesdienste besuchen, sind einige einstige Stephanus-Kirchenbesucher noch auf der Suche nach einer neuen Heimat. „Sie sind mal in der Advents-, Apostelkirche oder in Hassel“, so Karla Wessel.
Diese Mobilität über alte Gemeindegrenzen hinweg, muss sie zugeben, sei eher die Ausnahme. Zwar „wandern“ Feste am Vereinigungs-Jahrestag ebenso wie Reformationsgottesdienste von Standort zu Standort; der monatliche Apostel-„Gottesdienst zentral“ sei aber nicht durchweg gut besucht. Das Zusammenwachsen der 12 000 Gläubigen (2007 waren es 14 200) braucht Zeit.
Unterschiedliche Traditionen in Hassel, Buer, Scholven
Dazu trügen auch unterschiedliche Traditionen bei, die, so die Kirchmeisterin, „wiederum bereichernd wirken, weil sie Diskussion beleben.“ Die Scholvener etwa seien frommer als in Buer oder Hassel, „wo ein Gebet vor oder nach einem Gruppentreffen auch schon mal vergessen wird“, berichtet die Pfarrerin schmunzelnd.
In Scholven fänden sich auch eher konservativere Ansichten zu Themen wie Juden-Missionierung oder Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. „In Buer gibt es besonders großes Interesse an gesellschaftspolitischen Themen, wie der Eine-Welt- und der Help-Laden oder die Friedenswerkstatt zeigen. Hassel feiert wiederum sehr gerne, die Gläubigen dort sind sehr engagiert, etwa in der Guten Stube.“
„Evangelisches Leben pulsiert in Trinitatis“
Stolz ist sie, „dass das evangelische Leben pulsiert“: Neben Diakonin Nicole Stach zählt Trinitatis (bald) drei weitere ehrenamtliche Laienprediger. Heike Dombrowski hat bereits die einjährige Ausbildung absolviert, André Bsdurrek wird Ende Juni in sein neues Amt eingeführt, Diakon Martin Grube im Herbst. „Sie entlasten die angespannte Personalsituation von uns Hauptamtlichen schon sehr bei Gottesdiensten, Beerdigungen, Taufen und Hochzeiten.“
Kirchmeisterin: „Es bleibt noch viel zu tun“
Zwei Immobilien-Probleme sind gelöst – das nächste wartet allerdings schon, jedenfalls mittel- oder langfristig: „Wir werden uns überlegen müssen, ob wir am Standort Apostelkirche eventuell ein neues Gemeindehaus brauchen. Das jetzige ist alt, die Sanierung recht teuer“, meint die Kirchmeisterin. „Schön wäre es, einen Neubau zur Straße hin zu platzieren.“
Auch den Zustand der drei in die Jahre gekommenen Pfarrhäuser an Raiffeisen-, Urbanus- und Metterkampstraße gelte es im Blick zu haben. „Wir können uns also nicht zurücklehnen und sagen: Uns geht’s gut. Es bleibt noch viel zu tun“, meint Sylvia Erdtmann. Kirche sei eben mehr als nur in den Gottesdienst zu gehen und zu feiern. „Man muss auch ganz viel rechnen, jedenfalls wenn man Presbyter ist.“
(Weiter) beleben möchte Pfarrerin Wessel zudem die Ökumene. „Wir müssen uns fragen, ob wir mit den Katholiken mehr zusammenarbeiten wollen – inhaltlich oder was Immobilien angeht.“