Gelsenkirchen-Schalke-Nord. Der Online-Supermarkt Picnic bedient 18.000 Haushalte. So läuft die Lieferung – und das haben die meisten Gelsenkirchener in ihrer Warenkiste.
Als Basis für ein wachsendes Netzwerk beim Lebensmitteleinkauf liegt etwas versteckt im Schlagschatten des ZF-Werks. Die Zufahrt führt nebenan über Werkstatthöfe zu einer zweckmäßigen, 1300 Quadratmeter großen Halle. Ein winziges Firmenschild weist den Weg, auf dem Hof stehen fein aufgereiht ein paar knuffige Elektro-Transporter. Picnic, der Online-Supermarkt, hat hier an der Freiligrathstraße 38 sein Verteilcenter.
Nach Bochum, Moers und Duisburg „eroberte“ Picnic als noch recht frisches Start-up von September 2019 an den Raum Gelsenkirchen. Ein Online-Supermarkt – für Picnic und eine wachsende Kundenschar ist das seither so etwas wie „das neue Normal“, sagt Richard Streck, der zum sogenannten Growth-Team gehört, das die Entwicklung des Unternehmens vorantreibt und dabei das „Milchmann-Prinzip“ perfektioniert.
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Der kam früher auch mal täglich, fuhr feste Routen ab – und war gerne mit etwas drolligeren Gefährten unterwegs. Picnic setzt auf aktuell 36 wendige, schmalbrüstige und dennoch schwer belastbare E-Fahrzeuge. 800 Kilogramm, verteilt auf 48 Kisten, können sie tragen. Die Fahrer folgen dabei mit ihren Bestellungen der Route, die ein spezielles Programm aufs Smartphone spielt. Weiteres Thema:Gorillas Gelsenkirchen liefern Waren im Eiltempo
Die E-Transporter schaffen drei Touren durch Gelsenkirchen
Die Batterie-Reichweite von gerade einmal 100 Kilometern ist ausreichend für drei Tagestouren, die nie länger als 20 Kilometer sind. Nur 1,35 Meter breit finden die Picnic-Transporter fast überall Platz, stören kaum beim Stopp den rollenden Verkehr und erlaubenden beidseitigen Zugriff – ein Tempovorteil, wenn Lieferungen wie in Gelsenkirchen „zu 97 Prozent pünktlich“ zur anvisierten Zeit ankommen sollen. Ein weiterer Vorteil: „Kinder lieben es, wenn unsere Wagen kommen“, sagt Streck. Ein Faktor, der kaum zu unterschätzen ist, wenn junge Familien zur umworbenen Zielgruppe zählen und der ohnehin zeitraubende Wocheneinkauf nicht noch unweigerlich über die übliche Quengelzone im Kassenbereich führt. Weiteres Thema:Heftige Umsatzeinbußen für den Gelsenkirchener Einzelhandel
Der Erfolg von Picnic hat viel mit Vertrauen zu tun
Verändertes Kaufverhalten, vor allem aber die Pandemie haben Picnic in die Karten gespielt. Keine zweieinhalb Jahre nach dem Start bedient das Unternehmen von Schalke-Nord aus nach eigenen Angaben 18.000 Haushalte. Der Erfolg, glaubt Richard Streck, habe auch „viel mit Vertrauen zu tun. Vertraue ich denen, die für mich meine Bananen, mein Brot aussuchen?“ Offenbar.
In Herne werden die Bestellungen gepackt, mit Transport-Lkw zur Verteilung nach Gelsenkirchen verfrachtet. Schwarze Kühl-Kisten sorgen bei TK-Ware, Frischfleisch,Wurst oder Milchprodukten für eine reibungslose Kühlkette. In roten Kisten landet alles andere aus der Angebotsfülle von fast 10.000 Produkten.
Trockeneis in Kühlkisten für Fleisch, Wurst oder TK-Ware
Kleiner Kistencheck vor Ort: Ein Wochenvorrat H-Milch, Äpfel, Cocktailtomaten, Chips und Klopapier hat der Kunde geordert, dazu Süßkram, eine Backmischung. „Milch, Tomaten, Gurken, Chips, Brot, das sind die Klassiker, sagt Streck. Picnic weiß natürlich genau, was so in einem regionalen Warenkorb steckt. Und wie viel er in der Regel wert ist. In Gelsenkirchen geben Kunden pro Bestellung im Schnitt etwa 67 Euro aus. Ihre Favoriten: Kaffee („deutlich mehr als in anderen Städten“), Buttermilch und Fleischprodukte. In Bochum steht ein Früchtchen auf dem Top-Platz der Hitliste: Erdbeeren. Münsteraner kaufen gerne Haferflocken und veganen Fleischersatz, Kölner bevorzugt Spaghetti und Düsseldorfer Avocados. Weiteres Thema:Gelsenkirchener Geschäftsbilanz – starker Wandel im Handel
Auch kurzfristige gute Vorsätze lassen sich am Bestellverhalten ablesen. Da ist die Kundschaft sozusagen gläsern. „Nach dem Jahreswechsel war der Warenkorb am gesündesten“, sagt Standortleiter Alex Lakaw. „Da gab es deutlich weniger Süßes und weniger Alkohol.“
Picnic-er sind jung. In der Halle liegt das Durchschnittsalter gefühlt bei U-30. Fahrer, die sie hier Runner nennen, schieben gemeinsam Lebensmittelkisten Richtung Beladestation, andere setzen Fahrzeuge um, hängen sie ans Stromnetz. Zwei Schichtleiter lotsen Verkehr und Warenfluss. Der Betrieb: Höchst zügig, aber nicht hektisch. Rein, raus, Schichtwechsel, das dauert nur wenige Minuten.
Nur sieben Frauen im fast 80-köpfigen Gelsenkirchener Team
Alex Lakaw, der Standortleiter, ist 25 Jahre jung. Er hat eine flotte, vielleicht auch typische Picnic-Karriere hingelegt. Nach einer Hotelfach-Ausbildung kam für ihn die Corona-Zeit mit Kurzarbeit, dann die Neuorientierung. „Ich habe als Fahrer angefangen, war dann Schichtleiter und bin jetzt Standortleiter“, sagt Lakaw. Gerade einmal ein Jahr ist das her. Das schnelle Wachstum zu sehen, am Erfolg mitzuarbeiten – das treibe ihn an. „57 Leute waren wir, als ich hier angefangen habe, jetzt sind es fast 80“ sagt Lakaw.
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Die meisten sind Teilzeitkräfte, Jobber, Studenten. Unter seinen Runnern hat Lakaw aktuell nur sieben Frauen. Vielleicht ein grundsätzliches Thema der Lieferbranche, die „generell weniger Mädels“ anspreche. Die Jobvoraussetzungen nennt Streck: Verlässlichkeit, einen Führerschein und, „ganz wichtig, ein nettes Lächeln“. Fürs Trinkgeld dürfte das förderlich sein. Runner verdienen 10,61 Euro pro Stunde.
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Edeka Rhein-Ruhr ist mit 35 Prozent an der Deutschland-Gesellschaft von Picnic beteiligt. Von dort kommt ein Großteil der Lebensmittel. Picnic ordert aber auch Obst und Backwaren bei regionalen Betrieben. Inzwischen ist Picnic in 51 Städten in NRW vertreten. Geliefert wird ab einem Bestellwert von 35 Euro kostenfrei.Der Online-Supermarkt rechnet vor, dass durch sein Angebot Einkaufsfahrten vermieden und die Umwelt geschont wird: „Allein 2021 konnten Picnic-Kund:innen in Gelsenkirchen 260.000 individuelle Einkaufstouren vermeiden, was eine Einsparung von über 110.000 Kilogramm CO2 bedeutet.“Da Picnic keine Filialen betreibe, so eine weitere Aussage, „liefert das Unternehmen frischere und günstigere Produkte als herkömmliche Supermärkte.“
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