Gelsenkirchen-Altstadt. Ein weiterer Lieferdienst ist in Gelsenkirchen aktiv: Radkuriere der „Gorillas“ bringen Einkäufe. Sie wollen innerhalb von 10 Minuten liefern.

Mit ihrer Werbung fallen sie im Stadtgebiet bislang wesentlich stärker auf als mit ihren Lieferfahrern: Die „Gorillas“ sind da und versprechen, „schneller als Du“ zu sein, wenn es um den Einkauf geht.

Das Startup aus Berlin, ein weiterer sogenannter On-Demand-Lieferdienst, ist angetreten, innerhalb von nur zehn Minuten „die gewünschten Waren vom Warenkorb eines Nutzers zum gewünschten Ort zu bringen“, sei es die heimische Tür oder die Wiese im Park. Die digitale Order via App wird von Radkurieren, trendiger „Ridern“, auf den Weg zum Kunden gebracht. Die können aus mehr aus 2000 Artikeln zu Einzelhandelspreisen auswählen. Die Liefergebühr wird mit 1,80 Euro berechnet.

„Wie das gesamte Team wächst auch das Team in Gelsenkirchen stetig weiter“

In den vergangenen Wochen machten die „Gorillas“ vor allem Schlagzeilen, weil ihre fest angestellten „Rider“ in Berlin in einen wilden Streik getreten waren, der sogar den Bundesarbeitsminister Hubertus Heil auf den Plan rief: Zu wenig oder ausstehender Lohn, schlechte oder fehlende Ausstattung, zu große Lasten– die Liste der Kritiker war lang. Die Wogen scheinen sich langsam zu glätten.

An der Bahnhofstraße Höhe Preuteplatz haben die Gorillas in Gelsenkirchen ihren Standort eingerichtet.
An der Bahnhofstraße Höhe Preuteplatz haben die Gorillas in Gelsenkirchen ihren Standort eingerichtet. © WAZ | Jörn Stender

Doch was das lokale Geschäft angeht, bleiben die „Gorillas“ mehr als vage: Unter welchen Bedingungen wie viele Fahrerinnen und Fahrer nun in Gelsenkirchen arbeiten, von wo aus sie starten oder wie der Betrieb angelaufen ist, teilt das Startup auf Nachfrage nicht mit, erklärt stattdessen: „Das Unternehmen kommentiert grundsätzlich keine städte-spezifischen Zahlen – wie das gesamte Team, wächst natürlich auch das Team in Gelsenkirchen stetig weiter.“

In PR-Sprech geht es dann weiter: „Unser gesamtes Team, bestehend aus dem Staff, der Riders Crew und den Warehouse-Mitarbeiter:innen besteht aus über 10.000 engagierten Menschen, die gemeinsam mit uns die Lebensmittel-Zulieferbranche verändern möchten.“

Gorillas-Standort wurde an der Bahnhofstraße eingerichtet

Seit Juni, heißt es, sei das Unternehmen in Gelsenkirchen aktiv, vornehmlich in den Stadtteilen „Neustadt und Feldmark“. Warum gerade dort, erklärt die Presseabteilung einigermaßen blumig so: „Gorillas will möglichst vielen Menschen den Einkauf gesunder und frischer Lebensmittel ermöglichen. Also an einem Ort wo viele Menschen wohnhaft und unterwegs sind. So können wir gleichzeitig unsere Philosophie der Schnelligkeit – eine Lieferung binnen zehn Minuten – leben.“ In der Praxis scheint es in der fernen Zentrale ein wenig an räumlicher Orientierung zu fehlen – zumindest was Fahrer- und Warenlager betrifft. Die sind am Preuteplatz in der Altstadt.

Innerhalb eines Jahres in 40 Städten das Geschäft aufgebaut

Großes Investoren-Interesse

Bei Investoren scheint die „Gorillas“-Geschäftsidee zu zünden: In seiner jüngsten Finanzierungsrunde, so das Unternehmen, seien 244 Millionen Euro eingeworben worden.

Damit sei „Gorillas“, nur wenige Monate nach Abschluss der ersten Finanzierungsrunde über 37 Millionen Euro Europas Startup, das am schnellsten den sogenannten Einhorn-Status erreicht habe, der Startups mit den höchsten Bewertungen auszeichnet.

Der Stundenlohn der Rider beträgt nach „Gorillas“-Angaben mindestens 10.50 Euro. Die vertraglich festgehaltenen Arbeitszeiten belaufen sich auf maximal 8,5 Stunden pro Schicht. Rider bekommen das Equipment, also auch kraftsparende E-Bikes, kostenlos zur Verfügung gestellt.

„Gorillas“ ist in etwas mehr als zehn Monaten nach eigenen Angaben in über 40 Städte expandiert, darunter Paris, Amsterdam, London, Berlin, München und eben auch Gelsenkirchen. Insgesamt seien für den Warenumschlag „mehr als 100 Micro-Fulfillment-Center aufgebaut“ worden. „Wir sind überzeugt davon, auch in Gelsenkirchen innerhalb kürzester Zeit zur beliebten Anlaufstelle für Grundnahrungsmittel zu werden“, prognostiziert Fabian Willkomm von „Gorillas“. „Dazu werden wir zukünftig mit verschiedenen lokalen Lieferanten zusammenarbeiten. Somit schaffen wir gleichzeitig neue Einnahmequellen für lokale Unternehmen“, zudem böte sich Kunden die Möglichkeit, „lokale Communities zu unterstützen“.

Gedacht sei an Metzger, Bäcker, Kaffeeröster oder auch Brauereien „sowie einer Reihe anderer kleiner Marken“. Lokale Partnerschaften würden in den nächsten Wochen bekannt gegeben.

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„Wir sind keine Geschäftsleute, die ein Lieferunternehmen aufbauen, wir sind Lieferexperten, die ein Geschäft aufbauen“ erklärt Kağan Sümer, Gründer und Vorstandschef von Gorillas. Seine Gründerbotschaft: Die Branche habe ihre Kundschaft „schon viel zulange vernachlässigt“.

Anstatt sich auf die Kunden einzustellen, setzten „traditionelle Supermärkte auf lange Verfallsdaten und Menschenmassen, die am Wochenende Schlangestehen, um ihre Lebensmittel zu bekommen. Wir bei Gorillas wollen unbedingt die Art und Weise ändern, wie der Lebensmitteleinkauf erlebt wird. „Es ist keine lästige Pflicht, sondern eine Aufgabe, die Spaß macht.“