Gelsenkirchen. Zwei Pandemiejahre liegen hinter Gelsenkirchen. Die Bilanz der Arbeitsagentur: Fachkräfte zählen zu den Gewinnern, Ungelernte sind die Verlierer.

Der Gelsenkirchener Arbeitsmarkt hat sich auch im zweiten Pandemiejahr als durchaus robust erwiesen – auch wenn mittlerweile vier Coronawellen zur Belastungsprobe für die lokalen Betriebe wurden. „Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist trotz Pandemie stabil, die Kurzarbeit ist rückläufig, die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen nähert sich weiter dem Vorkrisenniveau“, stellt die Agentur für Arbeit Gelsenkirchen in ihrer Bilanz für 2021 fest. Alles halbwegs normal also trotz Corona? Keineswegs. Es gibt Auffälligkeiten 2021 und spezielle Gelsenkirchener Arbeitsmarktprobleme, die die Pandemiezeit verstärkt hat. Lesen Sie auch:Industrie ringt mit Corona und Fachkräfte-Not

Immerhin: In der Pandemiezeit stieg in Gelsenkirchen die Nachfrage nach Helferjobs

Einen Sondereffekt hat es 2021 gegeben: Im Helferbereich stieg die Personalnachfrage. Dort konnten 31,1 Prozent mehr Menschen als noch 2020 eine Anstellung finden. Vor allem im Bereich Lagerwirtschaft, Post, Zustellung und Güterumschlag wurden Arbeitskräfte gesucht. Im Dezember 2021 konnte die Arbeitsagentur in dieser Berufsgruppe eine Steigerung von 154,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat verzeichnen. Weiteres Thema: Allein im Dezember 416.500 Pakete zugestellt

Gelsenkirchener Agenturchef: Langzeitarbeitslose kommen weiter ins Hintertreffen

Doch insgesamt sind die Jobchancen für Ungelernte und Langzeitarbeitslose schlecht. 13.937 arbeitslose Menschen haben in Gelsenkirchen keine abgeschlossene Berufsausbildung, das sind 71,7 Prozent der – im Jahresschnitt – 19.452 Arbeitslosen. „Vorläufige positive Effekte wie der Zuwachs an Helferjobs sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass es vor allem die Geringqualifizierten sind, die in diesen zwei Jahren der Pandemie ins Hintertreffen geraten sind“.

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Ohne Abschluss, da sei „der Weg in die Langzeitarbeitslosigkeit hier fast schon vorprogrammiert“, betont Frank Thiemann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit. Gemeinsame Aufgabe, zusammen mit dem Jobcenter IAG sowie Gelsenkirchener Unternehmen sei es daher, „diesen Menschen eine Chance auf Qualifizierungen zu geben und ihnen Wege und Möglichkeiten zu eröffnen, im ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen“.

Arbeitslosenquote war auf dem höchsten Stand seit über zehn Jahren

Nach einem wirtschaftlich schwierigen Jahresübergang 2020/2021, der von einem fast sechsmonatigen Lockdown geprägt war, sank die Zahl der arbeitslosen Frauen und Männer in Gelsenkirchen ab Februar 2021 wieder kontinuierlich von 20.631 auf 18.138 Personen im Dezember 2021(- 8,5 Prozent). Mit durchschnittlich 14,9 Prozent (2020) beziehungsweise 14,8 Prozent (2021) blieb die Arbeitslosenquote jedoch auf dem höchsten Stand seit über zehn Jahren. Weiteres Thema:Corona bremst den Ausbildungsmarkt in Gelsenkirchen

Kurzarbeit sicherte auch 2021 die Liquidität einiger Unternehmen und verhinderte einen stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit. Im Januar 2021 hatten noch 511 Unternehmen für 3685 Beschäftigte Kurzarbeitergeld beantragt, im November waren es nur noch fünf Betriebe mit 49 Mitarbeitenden. Insgesamt haben 60,1 Prozent weniger Unternehmen als noch 2020 dieses Arbeitsmarkt-Instrument in der Krise nutzen müssen. „Es zeigte sich aber, dass vor allem diejenigen sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren und bleiben, die Fachkraft oder höher qualifiziert sind. Und die derzeitige Verschärfung der Lage durch die vierte und kommende fünfte Welle macht es den Betrieben nicht leichter. Wir brauchen nun einen langen Atem und vereinte Kraft, um die vergangenen Monate aufzuarbeiten und weiter auf einem guten Kurs zu bleiben“, so Thiemann.

Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten steigt auf 82.535

Die Nachfrage nach Arbeitskräften zeigte sich im Jahresverlauf wechselhaft. Nur zum Ende des Lockdowns im Frühsommer wurde ein leichter Zuwachs an neu gemeldeten Stellen verzeichnet. Zwar konnten laut Thiemann auch im Dezember 327 neue Stellen akquiriert werden (+ 44 im Vergleich zum Vormonat), im Vergleich zum Vorjahr lagen die Stellenzugänge jedoch 7,9 Prozent unter dem Vorjahreswert. Tatsächlich wurden mit insgesamt 4487 Vakanzen seit 2009 (3402 Vakanzen) die wenigsten Stellen neu gemeldet. Wenn, wurden zu fast 80 Prozent Fachkräfte gesucht. Weiteres Thema:Gelsenkirchener Geschäftsbilanz -weiterer Wandel im Handel

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Zum aktuellen Stichtag Ende Juni 2021 waren am Arbeitsort Gelsenkirchen insgesamt 82.535 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, 0,8 Prozent mehr als im Jahr davor. Auch hier wieder das gleiche Bild: 62 Prozent dieser Beschäftigten sind Fachkräfte, nur 15,6 Prozent haben keinen beruflichen Abschluss. Der Fachkräftebedarf sei nach wie vor vorhanden, erklärt der Agenturchef. „Es gibt also genug Optionen, sich beruflich zu orientieren. Die Förderung von Weiterbildung wird daher eine unserer Hauptaufgaben für dieses – sich hoffentlich wieder einer Normalität annäherndes – Jahr sein.“

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