Gelsenkirchen. Ein Urteil des Bundessozialgerichtes lässt Arbeitnehmer jubeln. Ein Gelsenkirchener Anwalt erklärt, welcher Unfallschutz nun im Homeoffice gilt.
Stürzt man auf dem Weg vom Bett an den Homeoffice-Schreibtisch, dann greift die gesetzliche Unfallversicherung. Das hat das Bundessozialgericht so entschieden. Der Gelsenkirchener Rechtsanwalt Arndt Kempgens erklärt im Interview, warum das Urteil die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Gelsenkirchen stärkt.
Welche Bedeutung hat das Urteil für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Homeoffice? Hat das Urteil Breitenwirkung oder ist das doch eher ein kurioser Einzelfall, den die Richter da zu entscheiden hatten?
Arndt Kempgens: Für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Homeoffice ist das ein wirklich wichtiges Urteil. Die Richter am Bundessozialgericht haben nämlich den gesetzlichen Versicherungsschutz für sie deutlich gestärkt.
Was heißt das konkret?
Letztlich bedeutet das Urteil mehr Rechtssicherheit im Homeoffice. Arbeitnehmer im Homeoffice genießen durch das Urteil mehr Schutz bei Unfällen zuhause.
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Worum ging es in dem Verfahren?
Es ging um die Frage, ob der Weg vom Schlafzimmer in das häusliche Büro bereits versichert ist. Ob also ein Sturz auf diesem Weg der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegt. Das Sozialgericht Aachen hatte das zunächst bestätigt, das Landessozialgericht Essen dieses Urteil aber abgelehnt. In letzter Instanz hat jüngst das Bundessozialgericht in der Revision das Essener Urteil aufgehoben und das Urteil aus der ersten Instanz im Ergebnis bestätigt.
Im Allgemeinen ging es um die wichtige Frage, wie weit der Versicherungsschutz im Homeoffice geht bzw. wie viele Risiken Arbeitnehmer bei ihrer Arbeit zu Hause selbst tragen müssen. Das haben die Richter zu Gunsten der Arbeitnehmer entschieden.
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Warum ist das positive Urteil für Arbeitnehmer im Homeoffice aus Ihrer Sicht so wichtig?
Das hat mit der Gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) zu tun, die Arbeitsunfälle abdeckt. Ob eine Tätigkeit ein Arbeitsunfall ist oder nicht, ist zwischen Verletzten und GUV und anschließend bei Gericht oft sehr umstritten, weil es um sehr hohe Geldbeträge für Verletzte geht – etwa für Heilbehandlungen, Krankenhaus- und Reha-Behandlungen.
Denn: Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung ist es, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Versicherten nach einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit wiederherzustellen. Ist das nicht möglich, zahlt die gesetzliche Unfallversicherung dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen eine Rente.
Im Juni 2021 gab es bereits eine Gesetzesänderung in Richtung mehr Versicherungsschutz im Homeoffice, davor gab es gravierende Unterschiede. Ist damit jetzt Schluss?
Tatsächlich gab es früher kuriose Ergebnisse bei Gericht und eine Vielzahl von rechtlichen Stolperfallen. Im Betrieb war zum Beispiel der Gang zur Toilette oder in die Kantine versichert, im Homeoffice der Gang zum WC oder die eigene Küche aber nicht. Damit hat die Gesetzesänderung 2021 bereits viel geändert und verbessert. Im Homeoffice soll eigentlich der gleiche Schutz wie im Betrieb gelten (§ 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII).
Und das wird durch das jetzige Urteil noch verbessert?
Genau. Die Richter am Bundessozialgericht haben klargestellt, dass Arbeitnehmer im Homeoffice bereits mit dem Aufstehen versichert sein können. Ein großer Vorteil.
Sind denn ab jetzt alle Unfälle während der Arbeitszeit zu Hause sofort Arbeitsunfälle?
Nein, derart verallgemeinern darf man das so nicht. Das hat das Gericht klargestellt. Unfälle, die mit rein privaten Umständen zusammenhängen oder nichts mit der eigentlichen Arbeit zu tun haben, sind trotzdem nicht gesetzlich versichert. Das kann zum Beispiel das Stolpern über ein Kinderspielzeug sein oder der Sprint zu Haustür, wenn ein privates Paket ankommt und man/frau es annimmt. Das wird auch künftig nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden.
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