Gelsenkirchen. Aufholen nach Corona in Mathe: Wie geht das? Die Gelsenkirchener Grundschule am Schloss Horst organisiert dafür unter anderem Rechenspaziergänge.

Auf dem Stundenplan der Klasse 4b der Grundschule am Schloss Horst in Gelsenkirchen steht heute „Aufholen nach Corona“, und zwar konkret in Mathe. Was für manchen Schüler, aber auch Erwachsene gruselig klingen mag, ist für diese Gruppe von Neun- und Zehnjährigen offensichtlich eher ein Grund zur Vorfreude.

Gelsenkirchen: Ein Rechenspaziergang als Motivation

„Mathe ist mehr als rechnen“ lautet die Projekttitel, und heute hat Maria Giannoulakis einen Rechenspaziergang vorbereitet. In der Klasse hat sie dafür an verschiedenen Orten – unter an dem Lichtschalter, am Fenster, auf und neben der Tafel, an der Klassentür und auch halb versteckt am Fensterbrett bunte Bildchen aufgehängt, auf denen zudem eine Zahl steht.

Selbstkontrolle dank Symbolen

Elis ist offenbar fit im Rechnen: Die Lösungen stimmen, die Bildchen passen auch.
Elis ist offenbar fit im Rechnen: Die Lösungen stimmen, die Bildchen passen auch. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Die Mädchen und Jungen bekommen jeweils einen Zettel mit Minus-Aufgaben im Tausenderbereich und einen weiteren Zettel mit lustigen Symbolen, Männchen und Tieren. Jede Lösungszahl passt zu einem Symbol, wer seine Lösungszahl auf keinem der in der Klasse verteilten Symbolbilder findet, weiß: er oder sie hat sich verrechnet. Wer das richtige Bild gefunden hat, schneidet das Symbol auf seinem Zettel aus und ordnet es der jeweiligen Lösung zu.

Auch im Laufen konzentriert

Das Angebot, zu rechnen und durch die Klasse zu laufen, um das passende Symbol zu finden, nehmen die zehn Viertklässler gerne an. Obwohl eigentlich ständig jemand unterwegs ist, bleibt der Geräuschpegel in der Klasse relativ niedrig, die Kinder sind ganz bei der Sache. Und jeder arbeitet anders. Während Nida und Lili besonders viel unterwegs sind, um einzeln ihre Symbole zuordnen und mehrfach überprüfen zu können, rechnet Noah erstmal alle Aufgaben durch, bevor er sich auf die Symbolsuche macht. Kein Problem für die Lehrkraft, solange alle an der Lösung arbeiten.

Maria Giannoulakis prüft den Rechenweg von Hanan. Für das Projekt wird die Klasse aufgeteilt, die andere Hälfte hat parallel „normalen“ Matheunterricht.
Maria Giannoulakis prüft den Rechenweg von Hanan. Für das Projekt wird die Klasse aufgeteilt, die andere Hälfte hat parallel „normalen“ Matheunterricht. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Studentin denkt über Wechsel ins Grundschulfach nach

Maria Giannoulaki (22) ist Lehramtsstudentin im siebten Semester, eigentlich war ihr Ziel, Deutsch und Spanisch in der Sekundarstufe II zu unterrichten. Aber die Arbeit in der Grundschule, in der sie auch bereits ihr Praktikum absolvierte, macht ihr so viel Spaß, dass sie überlegt, auf Grundschule umzusatteln. Schulleiterin Melanie Maiweg würde es freuen. Die Studentin der Ruhr-Universität Bochum hat einen guten Draht zu den Kindern, ist unübersehbar gerne hier, hat gute Ideen. Und sie wäre nicht die erste, die nach dem Studium an dieser Schule „hängen bliebe“. [Zum Thema:Kinder und Jugendliche haben wirklich gelitten]

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Kurz vor Ende der Projekt-Stunde sind die meisten Kinder fertig mit den Aufgaben, auch wenn nicht jeder das richtige Symbol übrig hat, das zu keiner Lösung passt. Man vergleicht mit den Nachbarn, die angehende Lehrerin geht rum und fragt, wo sie helfen kann, regt Lösungswege an. Die meisten haben die Aufgaben per Kopfrechnen geübt statt auf schriftlichem Weg. Auch das ist völlig in Ordnung. Es gibt keine Tests, keine Noten: Es geht um Motivation, Spaß an der Sache und am Fach, um Miteinander in diesem Projekt.

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Am Ende fragt Maria, wie alle sie nennen, in die Runde, was denn Spaß gemacht habe am Rechenspaziergang? Die Antworten sind eindeutig: Rumlaufen, suchen, ausschneiden und kleben – da macht auch das sonst nicht sonderlich beliebte Minus-Rechnen völlig in Ordnung. [Zum Thema: Corona lässt Kinder allein zurück]

Zwei weitere Aufhol-Projekte im Rahmen des Landesprogramms

Maria Giannoulakis leitet noch zwei weitere Projekte im Rahmen des Programms „Aufholen nach Corona“ als Zusatzkraft an der Grundschule Schloss Horst: Deutsch und Sport. Das Deutschprojekt, in dem Schülerinnen und Schüler unter anderem spannende Geschichten weiterspinnen dürfen, richtet sich ebenfalls an Viertklässler, um sie vor dem anstehenden Wechsel zu weiterführenden Schulen zu unterstützen.

Das Sportprojekt, in dem es um Spaß und Motorik geht, läuft für Erst- und Zweitklässler. „Einige Kinder haben durch den Ausfall wegen Corona wirklich sehr gelitten. Sie könnten zum Teil ein ganzes Jahr mehr Zeit für die Grundschule brauchen. Diese Projekte helfen da sehr“, versichert Schulleiterin Melanie Maiweg. Auch wenn es natürlich noch viel mehr personelle Unterstützung sein dürfte.