Gelsenkirchen. Die Gelsenkirchener Polizei ist besorgt über die deutliche Zunahme von Sexualverbrechen: Zahlen, Daten. Fakten.
- Die Zahl der Sexualstraftaten in Gelsenkirchen ist in den vergangenen Jahren gestiegen
- Die Gelsenkirchener Polizei zeigt sich besorgt
- Krankenhäuser bieten Betroffenen Hilfe an
Nicht nur landesweit ist die Zahl der Sexualverbrechen wie Vergewaltigungen, besonders schwere sexuelle Nötigungen und Übergriffe gestiegen. Nach dem Landeskriminalamt NRW meldet auch das Polizeipräsidium Gelsenkirchen eine besorgniserregende Zunahme solcher Verbrechen.
Sexualverbrechen in Gelsenkirchen: Anstieg um 25 Prozent innerhalb von zehn Jahren
Im Vergleich zum prozentualen Anstieg auf NRW-Ebene (+ 4,3 Prozent) in den ersten zehn Monaten dieses Jahres hat sich die Zahl von Sexualverbrechen in Gelsenkirchen um den Faktor fünf erhöht, wie Polizeisprecher Matthias Büscher erklärt. Allerdings hat die Behörde bei ihrer Betrachtung den Zeitraum 2010 bis 2020 ausgewertet.
„Im Vergleich der Jahreszahlen von 2010 bis 2020 ist eine durchschnittliche Steigerung von 24,5 Prozent der bekannten Fälle zu verzeichnen“, sagte Büscher. Demnach wurden nach Auswertung der Statistik beim Polizeipräsidium Gelsenkirchen in diesem Jahr 40 Fälle von Vergewaltigungen und besonders schweren sexuellen Nötigungen erfasst. Im Vorjahreszeitraum waren es 26. Im gesamten Jahr 2020 wurden in Gelsenkirchen 30 Fälle dieser Delikte bearbeitet. Im Jahre 2019 waren es 61.
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Opfer von derartigen Sexualstraftaten waren 2020 ausschließlich Frauen. Bis einschließlich Oktober 2021 waren 7,3 Prozent der Betroffenen Männer.
Die Polizei betont, dass diese Zahlen nur das „Hellfeld“ abbildeten, also all jene Fälle, „die auch tatsächlich zur Anzeige gebracht und registriert wurden“. Die wahren Zahlen dürften demnach unter Berücksichtigung des „Dunkelfeldes“ höher sein, weil viele Betroffene aus Angst vor weiteren Übergriffen und auch aus Scham sich nicht trauten, solche Verbrechen anzuzeigen.
Anonyme Spurensicherung für Opfer von Sexualverbrechen – Anlaufstellen in Gelsenkirchen
Opfer von Sexualverbrechen befinden sich oftmals in einem psychischen Ausnahmezustand. Um Betroffenen zu helfen und Sexualverbrecher zur Strecke zu bringen, gibt es seit rund zehn Jahren in Nordrhein-Westfalen das Projekt „Anonyme Spurensicherung“ (ASS). Diese Anlaufstellen ermöglichen es, Spuren und Verletzungen gerichtsfest zu dokumentieren (Sperma, Hautpartikel, Speichel, Hämatome, Würgemale und mehr).
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In Gelsenkirchen übernehmen diese ASS-Arbeit die Frauenkliniken respektive die Gynäkologien des Marienhospitals in Ückendorf, das St. Marien-Hospital in Buer sowie die Evangelischen Kliniken in der Altstadt.
Opfer haben oft engeren Bezug zu den Tätern
Expertinnen und Experten weisen darauf hin, dass für Frauen der häufigste Tatort bei einer Vergewaltigung oder anderen Formen sexualisierter Gewalt das häusliche Umfeld, die eigene Wohnung, und nicht, wie häufig angenommen, beispielsweise der dunkle Park ist.
Somit ist in der Mehrheit der Fälle von Sexualstraftaten der Täter für das Opfer kein unbekannter Täter, sondern häufig ein Bekannter oder eine Person aus dem näheren Umfeld oder sogar aus der Familie.
„Bei der ASS registrieren wir seit mehreren Jahren konstant und als Summe für beide Häuser jährliche Fallzahlen von drei bis fünf solcher Spurensicherungen“, sagte Wolfgang Heinberg. Er ist Sprecher der St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH, zu der das Marienhospital und das St. Marien-Hospital gehören. Die Diskrepanz zwischen den Angaben von Unternehmensseite und von der Polizei dürfte einen Eindruck von der mutmaßlich hohen Anzahl an tatsächlichen Sexualstraftaten geben.
Sexualdelikte auf Landesebene haben um 4,3 Prozent zugenommen
Zu den Sexualdelikten in Gelsenkirchen hier der Landestrend gegenübergestellt: In den ersten zehn Monaten dieses Jahres hat das Landeskriminalamt 2081 Sexualverbrechen gezählt. Das waren 4,3 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, als bis einschließlich Oktober 1995 dieser Sexualverbrechen registriert wurden.
Neben den Vergewaltigungen sind in den Zahlen seit 2016 auch besonders schwere Fälle der sexuellen Nötigung und sexueller Übergriffe erfasst. Die Zahl steigt seit mehreren Jahren an, zuletzt um 9,9 Prozent: Im vergangenen Jahr waren 2510 dieser Sexualverbrechen erfasst worden – nach 2280 im Jahr 2019.
In einer Studie des LKA hatten 2,4 Prozent der Bürgerinnen und Bürger angegeben, in ihrem Leben mindestens einmal Opfer einer Vergewaltigung gewesen zu sein, von den Frauen sagten das 4,1 Prozent. Sexuelle Nötigung erfuhren demnach 1,9 Prozent der Männer und 7,3 Prozent der Frauen.