Gelsenkirchen. 2G oder Impfpflicht am Arbeitsplatz? Der Gelsenkirchener Rechtsanwalt Arndt Kempgens über die Rechtslage und die Folgen für Arbeitende.

2G oder Impfpflicht am Arbeitsplatz? Im Zuge der Corona-Pandemie wird über viele Optionen diskutiert, die anhaltende vierte Welle jetzt mit noch härteren Maßnahmen zu brechen. Wie der Gelsenkirchener Rechtsanwalt Arndt Kempgens die Rechtslage und die Folgen für Arbeitnehmer einschätzt.

Der Schriftzug „2G Regelung“ an einem Theater in Niedersachsen. Hier dürfen derzeit während der Corona-Pandemie nur Geimpfte und Genese das Theater betreten. In der Diskussion ist jetzt auch 2G und Impfpflicht am Arbeitsplatz.
Der Schriftzug „2G Regelung“ an einem Theater in Niedersachsen. Hier dürfen derzeit während der Corona-Pandemie nur Geimpfte und Genese das Theater betreten. In der Diskussion ist jetzt auch 2G und Impfpflicht am Arbeitsplatz. © dpa | Julian Stratenschulte

Sind eine Impfpflicht oder 2G am Arbeitsplatz rechtlich möglich?

Arndt Kempgens: Das ist verfassungsrechtlich sehr umstritten. Die Einführung von 2G am Arbeitsplatz oder einer Impfpflicht würde voraussichtlich zur Prüfung vor dem Bundesverfassungsgericht landen. Wie die Richter entscheiden würden, ist völlig offen. Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen Dienstag lassen sich dazu keine direkten Hinweise herleiten. Einen Eilantrag gegen das Masernschutzgesetz (gilt seit März 2020 und betrifft ab dem 31. Dezember 2021 auch die bestehenden Betreuungsverhältnisse und Beschäftigten, Anm. d. Red.) hatte das Bundesverfassungsgericht im Mai 2020 abgelehnt.

Wenn so ein Gesetz käme, was drohte dann Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und wie könnte so etwas durchgesetzt werden?

Das würde bedeuten, dass sie nicht mehr ohne 2G in einem Betrieb arbeiten könnten. Sie könnten ihre Arbeitskraft nur noch im Homeoffice anbieten. Besteht dazu keine Möglichkeit, drohten Abmahnung und Kündigung. Verstöße gegen die Masernimpfpflicht werden mit Geldbußen bis zu 2500 Euro geahndet. Ähnliche Geldbußen wären auch bei Verstößen gegen Corona-Impfpflichten zu erwarten. Wenn man das zu Ende denkt, dann müssten Ungeimpfte bei einer Impfpflicht von ihren Teilhaberechten an öffentlichen Leistungen ausgeschlossen werden – das ist sehr umstritten. Eine „Zwangsimpfung“ ist rechtlich nicht denkbar.

Der Gelsenkirchener Rechtsanwalt Arndt Kempgens.
Der Gelsenkirchener Rechtsanwalt Arndt Kempgens. © Foto: Nikos Kimerlis

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Können Arbeitgeber 2G am Arbeitsplatz auch ohne entsprechende Gesetze einführen?

Diesbezüglich muss zwischen bestehenden und neuen Arbeitsverhältnissen differenziert werden.

Für bestehende Arbeitsverhältnisse gilt: Arbeitgeber haben zum einen Direktionsrechte und zum anderen Hausrecht. Außerdem sind sie gesetzlich zu Schutzmaßnahmen verpflichtet. Sie können daher durchaus 2G bei ihren Mitarbeitenden einfordern. Und dann auch Mitarbeitende, die 2G nicht erfüllen, wieder nach Hause - wenn möglich ins Homeoffice - schicken.

Derzeit gilt aber bundesweit die 3G-Regelung. Das bedeutet für Betriebe, die 2G einführen, dass Mitarbeitende, die 2G nicht erfüllen, aber einen Test vorlegen würden (also 3G erfüllen würden), trotzdem Anspruch auf Lohn haben. Selbst dann, wenn sie nicht im Homeoffice arbeiten können. Der Grund dafür:

Arbeitgeber können wirksam nicht mehr einfordern, als Gesetz- und Verordnungsgeber vorgeben.

Für neue Arbeitsverhältnisse gilt Vertragsfreiheit. Daher können Arbeitgeber durchaus nur 2G-Mitarbeitende einstellen. Das verstößt auch nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das unter anderem Benachteiligungen wegen der Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Alters, nicht aber wegen des Impfstatus verbietet.