Gelsenkirchen. Drei mal fand das Format in dieser Woche statt: Im Gelsenkirchener Süden, im Norden und im Westen. Viele Akteure werden unterstützt.

„Es ist ihr Abend“, sagt Luidger Wolterhoff und meint damit, bei den Bezirksforen geht es ganz um die Bürger, um deren Ideen, deren Wünsche. Einmal im Jahr nämlich dürfen sie jene äußern und, ganz zwanglos, Geld dafür erbitten. Der Stadtkämmerer wird dabei nicht müde zu betonen, die Organisation übernehme die Verwaltung, das Geld aber komme aus der Politik.

Zwei Bezirksforen, in Mitte und Ost, fanden bereits vor den Ferien statt, drei in dieser Woche in Süd, Nord und West. So unterschiedlich diese Bezirke sind, so unterschiedlich waren auch die Abende. War im Bezirk Süd am Ende sogar noch Geld übrig, so war das Budget in Nord zunächst mit über 100.000 Euro (45.000 Euro standen zur Verfügung) gnadenlos überzeichnet.

Eine zufriedenstellende Einigung gab es am Ende dennoch. Mit leeren Händen ging kein Antragsteller nach Hause. Auch wenn einige Anträge aus den Listen gestrichen wurden. Das jedoch nur, weil sie über andere Töpfe finanziert werden.

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Was alle Abende einte war, dass viele „alte Hasen“ dabei waren, Menschen und Gruppierungen, die bekannt sind für ihr Engagement. Und vielfach waren es auch nur bestimmte Bevölkerungsgruppen. Menschen mit Migrationshintergrund etwa kamen wenige.

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So funktionieren die Bezirksforen

Für die fünf Stadtbezirke gibt es jeweils ein Bezirksforum. Das Budget variiert je nach Größe der Bezirke. In Süd, West und Ost waren 30.000 Euro zu vergeben, in Nord 45.000 Euro und in Mitte 60.000 Euro.

Am selben Abend entstehen Listen, die dann noch durch die politischen Gremien müssen. Zunächst entscheidet die jeweilige Bezirksvertretung, im Dezember dann der Stadtrat. Zum Jahresbeginn werden die Gelder ausbezahlt.

„Da müssen wir überlegen, wie wir im nächsten Jahr noch mehr Werbung machen können“, meint Oberbürgermeisterin Karin Welge. Als Stadtkämmerin hob sie einst das Format aus der Taufe und ließ es sich nicht nehmen, auch in neuer Funktion an jedem Abend anwesend zu sein. Das „Kind“ nämlich liege ihr noch immer am Herzen. Nicht ohne stolz berichtet sie, das Format sei einzigartig – mindestens in der Region, mitunter sogar in der Republik. Dabei berge es so viel Potenzial. Gerade jetzt, in einer gespaltenen Gesellschaft, die sich in Teilen immer mehr von den Verwaltungsstrukturen des Staates entfernt und nicht wahrgenommen fühlt.

„Wir wollen auf diese Weise näher an die Bevölkerung heran wachsen. Gerade nach Corona ist es wichtig, Gesicht zu zeigen.“ Und die Menschen, die sich engagieren, wahrzunehmen und zu unterstützen. „Du brauchst diese vielen guten Herzen, die aktiv sind. Das macht eine lebendige Stadt auch aus. Mein Wunsch ist es, dass alle Stadtteile lebendig sind“, so Welge.

Ein Baumhaus im Park am Lohmühlenteich

Wie in den vorherigen drei Jahren hatte auch diese Runde der Bezirksforen einen, der die Herzen aller im Sturm eroberte. Der achtjährige Jonathan Haveloh war ins Stadtteilzentrum Hassel gekommen, um seinen Herzenswunsch zu äußern: Ein Baumhaus im Park am Lohmühlenteich. „Das wäre auch eine tolle Idee für andere Kinder“, sagt er und weiß eigentlich ganz gut, wie das Baumhaus am Ende aussehen soll. „Wie bei Janosch.“

Ausgerechnet sein Wunsch ist einer, der nicht am selben Abend finanziert wird – weil es sich um ein städtisches Gelände handelt und die Stadt hier in der Verantwortung ist, das Häuschen auch sicher zu gestalten. Es steht nun aber auf der Liste für die Verwaltung, die die Baumaßnahme prüft und angehen will, so Wolterhoff. „Das verspreche ich.“

Ein paar Beispiele aus den Bezirksforen

Ein Verkaufshäuschen für ETuS

Der Verein ETuS Gelsenkirchen musste bekanntlich seine sportliche Heimat an der Dessauer Straße kürzlich verlassen und ist nun bei der Eintracht untergekommen. „Da sind wir auch sehr gut aufgenommen worden“, erzählt Vorstandsmitglied Udo Figorski. Man habe im Sommer das Verkaufshäuschen mitbenutzen dürfen um Zuschauern bei Spielen Getränke und eine Wurst anbieten zu können.

„Aber im Winter wird auf dem Ascheplatz gespielt. Und da gibt es kein Verkaufshäuschen.“ Das soll sich im nächsten Jahr ändern. Wird es auch. Das Vorhaben wird mit 2.500 Euro gefördert.

Stadtteilladen „Nest“ kümmert sich um Kinder

Der Stadtteilladen „Nest“ erlebt vor Ort die Folgen der Pandemie in vielerlei Hinsicht. Da sei zum einen die schwierige Situation für Kinder und Jugendliche, weiß Didem Ulupinar. „Wir haben eine Lerngruppe für Kinder. Die wird wieder sehr gut besucht. Dort haben wir gemerkt, wir müssen unser Engagement verstärken, die Kinder mehr fördern, Lerndefizite aufarbeiten. Die Eltern sind damit teilweise überfordert.“

Hilfe braucht auch der Stadtteilladen „Nest“.
Hilfe braucht auch der Stadtteilladen „Nest“. © FUNKE Foto Services | Thomas Schmidtke

Gleichsam erlebe sie, wie der Lockdown auch bei Erwachsenen noch nachwirke. „Die Kommunikation im Ortsteil ist durch die Pandemie schlechter geworden. Wir wollen jetzt die Kontakte stärken und die Menschen wieder zusammen bringen.“ Wie ginge das besser, als durch ein buntes Nachbarschaftsfest? Für beides zusammen gibt es 4.000 Euro.

Stadtteilfeste in Hassel

Der Verein „Wir in Hassel“ hat sich vorgenommen, den Stadtteil wieder mehr zu beleben und knüpft an die Tradition zahlreicher Feste auf dem Hasseler Markt, dem August-Schmidt-Platz, an.

Mehrfach im Jahr will man hier aktiv sein, Unternehmern und Initiativen aus dem Ortsteil Gelegenheit geben, sich zu präsentieren, Bürger einladen, zusammen zu kommen.

Erstmals geschieht das am Samstag, 27. November, von 14 bis 18 Uhr mit einem kleinen Weihnachtsmarkt. Für das geplante Frühlingsfest im Mai erbat man einen Zuschuss. 1.400 Euro gibt es dafür.

Medizinische Hilfe für Tauben

Der Förderkreis des buerschen Taubenhauses kooperiert seit einigen Monaten mit der Vogelschutzgruppe aus Gelsenkirchen. Alles engagierte Damen, so Karl Henke, die mit eigenen finanziellen Mitteln verletzte und kranke Tiere versorgen und gesund pflegen – Tierarztkosten inklusive. Das könne so nicht bleiben.

„Das Taubenhaus in Buer ist finanziell gesichert. Jetzt geht es um die Gesunderhaltung der Tiere.“ Für die gibt es 900 Euro.

Stellwände für den Geschichtskreis

Der Geschichtskreis Hassel Bergmannsglück hat sich ganz der Aufgabe verschrieben, Menschen über die Vergangenheit ihrer Heimat zu informieren. Um das nicht nur in den Räumen gegenüber von Stadtteilzentrum, sondern auch auf Veranstaltungen tun zu können, wünscht man sich mobile Stellwände und Metallgewichte für den Pavillon, damit der auch dem Wind trotzen kann. Beides wird mit zusammen 500 Euro unterstützt.

Ein sicherer Ort für Kinder

Auch der Wohngruppe für Kinder und Jugendliche e.V. in Gelsenkirchen Horst werden Mittel zur Verfügung gestellt.
Auch der Wohngruppe für Kinder und Jugendliche e.V. in Gelsenkirchen Horst werden Mittel zur Verfügung gestellt. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Die Wohngruppe für Kinder und Jugendliche in Horst beherbergt neun junge Menschen, die in ihrem Leben schon viel schlimmes erlebt haben und dadurch traumatisiert sind. Ihnen soll nun ein Projekt helfen, bei welchem sie ihr eigenes Zimmer zu einem sicheren Ort gestalten können.

„Das kann zum Beispiel ein Vorhang sein, weil ein Kind nicht gesehen werden möchte“, erklärt Svenja Reinhardt, Traumapädagogin und Mitarbeiterin der Wohngruppe. Jene erhält nun 1.400 Euro für Möbel, Deko und Stoffe. „Das Machen gehört dann schon zur Therapie.“

Erinnerung an die Galopprennbahn

Sybille Hellier bietet Erinnerungsrundgänge über das Gelände der einstigen Galopprennbahn an, weiß Besuchern viele Geschichten von damals zu erzählen. Bislang bezahlt sie alles selbst. Zum Bezirksforum West ist sie gekommen, um einen kleinen Zuschuss von 100 Euro zu beantragen für Flyer und Plakate, die ihre Rundgänge bewerben. Bei der kleinen Summe wurde dann auch nicht der Rotstift angesetzt. Sie erhält den vollen Betrag.

Weihnachtswelt für Horst

Auch Adriano Gobbo bekommt für seine Weihnachtswelt Unterstützung.
Auch Adriano Gobbo bekommt für seine Weihnachtswelt Unterstützung. © FUNKE Foto Services | Thomas Schmidtke

Mit Adriano Gobbo ist nicht nur im Stadtwesten bekannt für seine Liebe zu Weihnachten. Ganzjährig arbeitet er an seiner Weihnachtswelt, die er in der Adventszeit für die Menschen öffnet. Nicht zum ersten Mal bittet er um Hilfe. Zuletzt war die wegen Unklarheiten im Genehmigungsverfahren nicht erfolgt. In diesem Jahr schon: 3.200 Euro gibt es dafür.

Der Horster würde sich auch über zupackende Hilfe freuen, sowohl bei den letzten Aufbauarbeiten als auch bei der Betreuung. Wer helfen mag, kann sich unter 0163-2076197 melden.