Gelsenkirchen. Es gibt Geld zu verteilen für gute Projekte in Gelsenkirchen: So profitieren Sport, Jugend, Kranke oder auch Karnevalisten beim Bezirksforum.

„Wer von uns redet denn nicht gern über Geld?“, sagt Marion Thielert, Bezirksbürgermeisterin Mitte, und nimmt Bezug auf die Einladung der Stadt, im Bezirksforum über Geld zu reden. „Und wenn man dann noch etwas davon geschenkt bekommt und stolz damit in seinen Stadtteil zurück kehrt – umso besser.“ Am Donnerstagabend gelingt das nahezu allen, die ins Hans-Sachs-Haus gekommen sind, einen Antrag zu stellen – in Rekordzeit. Nach nur gut zwei Stunden sind 65.000 Euro „fair-teilt“, getreu dem Grundsatz.

Mut-Mach Geschichte für Kinder in Gelsenkirchen-Feldmark

Das Bezirksforum wurde von Bezirksbürgermeisterin Marion Thielert im Hans-Sachs-Haus anmoderiert.
Das Bezirksforum wurde von Bezirksbürgermeisterin Marion Thielert im Hans-Sachs-Haus anmoderiert. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Obwohl die Zahl der Besucher die der letzten Ausgabe mit 150 Gästen lange nicht erreicht, der Saal nur ganz überschaubar gefüllt ist, kommen doch 24 Anträge von Akteuren aus den sieben Stadtteilen zusammen. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein: Der Freizeittreff Feldmark etwa hat mit Kindern, die selbst gemobbt wurden, eine Mut-mach-Geschichte geschrieben und verlegt. „Wir kämpfen dafür, dass dieses Buch in alle Gelsenkirchener Grundschulen kommt und dort die Kinder stärkt“, sagt Heike Becker und beantragt bescheidene 1000 Euro. „Damit wäre ein Anfang geschafft.“

Evi Hoffmann von der KG Bismarcker Funken schildert, ihr Verein stellt das Prinzenpaar im Karneval, das coronabedingt in der Warteschleife steckte. Das Problem: Die Kinder seien seither gewachsen. Der Verein wünsche sich Stiefel und Strümpfe für die jungen Jecken und am liebsten noch Geld für eine Nikolausfeier für die Kleinen. Kosten: 2400 Euro.

Westfalia 04 will einen Schlechtwetter-Unterstand bauen

Auch zahlreiche Vertreter der Sportvereine im Bezirk sind gekommen. Westfalia 04 etwa will einen Schlechtwetter-Unterstand bauen. Hier sollen die Eltern vor Regen geschützt den Nachwuchs auf den Platz anfeuern können. Denn immer mehr erlebe man, dass Kinder zu Training und Spiel nur noch „abgegeben“ werden. Gebaut werde selbst. Das Material koste 3000 Euro.

Weitere Foren und Entscheidungen

Alle Projekte, die am Donnerstagabend einen Zuschlag erhalten haben, werden noch einmal auf ihre Umsetzbarkeit überprüft. Am Mittwoch, 10. November, geht die Vorlage durch die Bezirksvertretung Mitte, am Donnerstag, 9. Dezember abschließend durch den Stadtrat. Anfang 2022 fließt das Geld.

Entsprechend der fünf Stadtbezirke gibt es fünf Bezirksforen. Im Bezirk Ost fand das Format am Freitag (8.10) statt. Nach den Ferien stehen noch das Bezirksforum Süd an am Montag, 25. Oktober, in der Gesamtschule Ückendorf, Bochumer Straße 190, das Bezirksforum Nord am Dienstag, 26. Oktober, im Stadtteilzentrum am Eppmannsweg 32, und das Bezirksforum West am Mittwoch, 27. Oktober, im Schloss Horst, Turfstraße 21 an. Los geht es immer um 18 Uhr.

Den Gelsenkirchener Billardclub treibt eine an und für sich schöne Entwicklung her. Kurz vor dem 100-jährigen Jubiläum des Vereins beobachte man seit einigen Jahren, dass mehr und mehr Frauen zum Verein finden. Das Problem: der desolate Zustand der Damentoilette, die mehr „Kabuff“ sei als stilles Örtchen. Zum Jubiläum soll sie in neuem Glanz erstrahlen – für 6000 Euro.

„Kraft zum Leben“ bittet um um finanzielle Unterstützung für „Fritzchenkissen“

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Schnell wird deutlich, wem die Stadt hier und heute Geld gibt, dem verhilft sie zu sozialer Arbeit im Stadtteil. Viele Menschen sind gekommen, weil sie an jene denken, die nicht unbedingt im Lichte stehen. So wie Irmgard Rehm, Vorsitzende des Vereins „Kraft zum Leben“, der sich um krebskranke Menschen kümmert. Sie bittet um finanzielle Unterstützung zur Fertigung weiterer „Fritzchenkissen“, bunte kleine Kopfkissen, die weit mehr können als das Haupt weich betten. „Da kann man vor Wut drauf hauen und die Tränen gehen auch ganz gut rein“, weiß die Psychoonkologin zu berühren. Sie hat schon etliche der Kissen an Betroffene im Krankenhaus verteilt, konnte damit Freude spenden und Trost. Ihre beantragten 1300 Euro reichen für rund 150 Kissen aus.

Oberbürgermeisterin Welge: „Jetzt müssen sie was aus dem Geld machen“

Um kurz vor halb acht Uhr zeigt die Tabelle an, der Betrag von 65.000 Euro ist nur um 7384 Euro überzeichnet. Da ist die Einigkeit, die hier erzielt werden soll, schon greifbar. Erste Antragsteller reduzieren ihren Betrag um einen kleinen Teil, damit es für alle reicht. Stadtkämmerer Luidger Wolterhoff freut das – und doch bremst er die Fairness aus. Er weiß bereits, zwei Anträge werden über andere Wege finanziert werden müssen. Nach der Pause und der Beratung der Verwaltung mit den Akteuren werden zwei weitere Anträge geringfügig nach unten korrigiert und schon passt die Rechnung.

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Das freut alle im Raum, besonders aber Oberbürgermeisterin Karin Welge, die erstmals in neuer Rolle dabei ist, das Konzept der Bezirksforen als Stadtkämmerin mit aus der Taufe hob. Sie richtet sich noch einmal an die Menschen im Saal: „Jetzt müssen sie was aus dem Geld machen.“