Gelsenkirchen-Rotthausen. Aschebrocken regneten nach Brand auf Grundstücke in Gelsenkirchen nieder. Betroffene müssen sich an die Gewürzfirma wenden. Die plant den Neubau.
Sie wirken wie schwarze, feste Aschebrocken, sind aber federleicht und unter einer härteren Außenkruste weich – zertreten und überfahren werden sie pulverig, im Dauerregen dieser Tage matschig: Tausendfach liegen die größeren und kleineren Brocken auf Flachdächern und Zufahrten, auf Parkplätzen, Rasenflächen und in Beeten. Es sind Hinterlassenschaften der Brandnacht vom 26 Februar. Aschermittwoch brannte die Lagerhalle der Gewürzfabrik Werner. Der Neubau, an dem noch letzte Außenarbeiten liefen, wurde komplett zerstört. Der Millionenschaden beschäftigt nicht nur den Unternehmer an der Achternbergstraße, sondern auch seine Nachbarn im weiten Umfeld.
Auf dem Parkplatz eines nahen Discounters sind die Brandreste von Autoreifen zu Brei zerfahren worden. Thomas Konieczny hat nach der Brandnacht sofort reagiert. Ehe die Fahrzeuge des Sanitär- und Installationsbetriebs morgens vom Hof fuhren, hat er aufgeräumt. Zumindest im Zufahrtsbereich. Rund zehn Müllsäcke füllen die leichten Brocken. Am Morgen nach dem Brand hieß es seitens der Feuerwehr, die Brandrückstände seien ungefährlich. Flammen und Thermik hätten offenbar verbranntes Verpackungsmaterial und Dämmstoffe aufgewirbelt.
Firma ist Ansprechpartner für Betroffene aus Gelsenkirchen
Konieczny wollte seine Abfallsäcke entsorgen, fragte deshalb bei Gelsendienste nach und bekam von der dortigen Kundenbetreuung Abfallwirtschaft die Auskunft, dass für die Annahme eine Laboranalyse der Stoffe nötig sei – was der Firmenchef nicht versteht: „Es wurde doch seitens der Feuerwehr gesagt, dass die Stoffe ungefährlich seien. Dann gehe ich auch davon aus, dass ich das einfach entsorgen kann.“
Papier, Pappe und Styropor
Das städtische Umweltreferat hat die Brandfolgen bewertet. Bei dem gelagerten Verpackungsmaterial handelte es sich demnach um Papiertüten und Pappe und eine geringe Anzahl von Fünf-Liter-Plastikeimern (kein PVC-Material).
„Auch bei den weggewehten Materialstücken handelt es sich nach Angaben der Feuerwehr praktisch ausschließlich um dieses Papier- und Pappmaterial, welches insbesondere auch beim Zusammenbruch der Halle in die Luft geschleudert wurde. Die Wärmedämmung der Halle bestand aus „Styropor“. Beim Zusammenbruch der Halle könnten insofern auch einige Stücke davon durch der Thermik des Brandes und dem Wind weggetragen worden sein“, lautet die Erklärung der Behörde. Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse sei eine Beteiligung des LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen) nicht erforderlich gewesen.
Nun stapeln sich die gefüllten Säcke auf dem Firmengelände. In der Nachbarschaft und auch auf Koniecznys Grundstück ist längst nicht alles entfernt. „Von dem Zeug hängt noch etliches in unseren Pflanzen oder in Bäumen. Da kommt man ja kaum dran.“
Bei Gelsendienste klärt Unternehmenssprecher Tobias Heyne den Sachverhalt auf: In der Tat brauche es für aus Brandschäden stammende Abfälle demnach eine Analyse des Betreibers, wobei die „nichts über eine etwaige Gefährlichkeit des Materials aussagt. Die Feuerwehr hat ja im Zusammenhang mit dem Brandereignis Messungen durchgeführt und keinen Anlass zur Besorgnis im Hinblick auf Schadstoffe festgestellt.“ Wie für den Handwerksbetrieb gelte auch für weitere Nachbarn, dass sie sich „bezüglich der Entsorgung der auf seinem Grundstück niedergegangenen Brandrückstände direkt an die Werner & Co. Gewürze GmbH wenden“.
Die Produktionskapazitäten wurden hochgefahren
„Betroffene sollen sich bei uns melden. Wir geben das dann an unsere Versicherung weiter“, betont Werner-Geschäftsführer Helmut Schulte und stellt fest: „Das Zeug ist komplett freigegeben. Das kann man entsorgen.“In seinem Betrieb hat er nach dem Brand der neuen Lagerhalle umgehend die Produktionskapazitäten hochgefahren, um die immensen Warenverluste halbwegs auszugleichen und die bundesweite Kundschaft weiter beliefern zu können. „Im Moment haben wir die Doppelschichten eingestellt. Wir haben einfach keinen Lagerplatz mehr“, sagt der Geschäftsführer.
Doch eine Zwischenlösung ist in Sicht. Durch Vermittlung der Gelsenkirchener Wirtschaftsförderung hat Schulte Kontakt zum Glashersteller Pilkington in Rotthausen bekommen. „Dort können wir wahrscheinlich in Kürze eine 1500 Quadratmeter große Halle mieten“, so Schulte. Auch die Lebensmittelüberwachung habe schon für solch eine Lagerlösung ihr Okay gegeben.
Geschäftsführer will kurzfristig Lagerhalle anmieten
Bei Gewürze Werner planen Helmut und seine Tochter Johanna Schulte, die abgebrannte Halle zügig zu ersetzen – und zwar 1:1 durch einen neuerlichen Neubau. „Die Baufirma hat uns zügige Hilfe signalisiert“, sagt der Firmenchef. Wenn alles glatt laufe, „können wir in der 18. Kalenderwoche wieder anfangen zu bauen“.
Brandermittler und Sachverständige konnten die ausgebrannte Halle bislang aus Sicherheitsgründen nicht betreten. „Das geht frühestens Anfang nächster Woche“, so ein Sprecher der Polizei Gelsenkirchen. Davon geht auch derzeit Helmut Schulte aus. Er will am Mittwoch den Auftrag für die Abbrucharbeiten vergeben, zunächst werde allerdings die Brandruine für die Ermittler gesichert. Haben die ihre Arbeit erledigt, soll es laut Schulte zügig weiter gehen. „Wir hoffen, dass wir dann alles innerhalb von anderthalb Wochen geräumt haben.“