Gelsenkirchen. Via Pressemitteilung reagiert die Stadt auf die Kritik, dass sie keine Lösung für bis zu 40 Prozent ausfallende Bürgercenter-Termine anbietet.
„Der Kritik in der WAZ-Lokalausgabe vom 27. August, dass es in den Bürgercentern keine Wartezonen für Spontankunden gibt, hat die Stadt Gelsenkirchen einige gute Gründe entgegenzusetzen“ – so leitet die Stadtverwaltung eine Pressemitteilung ein, die sie am Freitagnachmittag über ihre Kanäle verbreitet hat.
Im Kern geht es darum, dass bis zu 40 Prozent der Termine in den hiesigen Bürgercentern ungenutzt verstreichen, weil sie zuvor zwar online gebucht, dann aber nicht wahrgenommen und auch nicht abgesagt werden, wie die Stadt vor einigen Tagen zusammen mit dem Appell veröffentlicht hatte, aus Solidarität nicht benötigte Termine rechtzeitig zu stornieren.
Stadt Gelsenkirchen: „Klare Regeln helfen gegen Irritationen“
Diesen Umstand kommentierte die WAZ mit der Anregung, die Wartebereiche im Hans-Sachs-Haus und im Rathaus Buer für Bürger zu öffnen. Dort sollten sie es zumindest versuchen dürfen, einen der zahlreichen ungenutzten Termine zu ergattern.
Als Antwort auf die Frage, warum das nicht ermöglicht werde, argumentierte die Stadt zunächst mit dem Ansteckungsrisiko. Auch wenn die Drei-G-Regeln und die Maskenpflicht beachtet würden, sei die Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus immer zu groß, so die Stadt.
Nach der Kritik reagierte die Verwaltung nun schriftlich – jedoch weiterhin, ohne eine Lösung für die hohe Terminausfallquote zu präsentieren. So heißt es: „Klare Regeln helfen gegen Irritationen. Termine werden derzeit jeweils für acht Wochen im Voraus vergeben. Nach Möglichkeit werden zusätzliche Tagestermine montags bis freitags ab 8.15 Uhr freigegeben. Die Termine können online über ein Buchungstool oder per Telefon (0209/169 2100) gebucht werden. Daneben ist der Zugang zum Empfangsschalter zu den Öffnungszeiten jederzeit möglich.“ In dringenden Notfällen würden dort auch kurzfristig Wartemarken vergeben.
„Trotz der Drei-G-Regelung muss hier von einer unnötigen Gefährdung ausgegangen werden“
Nicht möglich sei laut Stadt hingegen das Warten auf einen möglicherweise frei werdenden Termin vor Ort, ohne einen dringenden Anlass zu haben. „Trotz der Drei-G-Regelung muss hier von einer unnötigen Gefährdung der Wartenden und des Personals ausgegangen werden. Daher gibt es keinen Wartebereich für Spontankunden. Wer keinen dringenden Anlass hat, kann jederzeit einen Termin buchen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es durchaus passieren kann, dass Kunden auch nach langer Wartezeit nicht bedient werden können, weil kein Termin frei geworden ist. Das führt zu großem Frust und Ärger, der durch eine Terminbuchung vermieden werden kann.“
Darüber hinaus betont die Stadt in ihrer Mitteilung, dass sie ein „öffentlicher Dienstleister für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt“ sei. Daher könne und werde bei notwendigen Dienstleistungen nicht zwischen geimpft, genesen und ungeimpft unterschieden.
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Überdies, so argumentiert die Verwaltung, werde das Atrium im Hans-Sachs-Haus ab Montag, 30. August, für die Wahlscheinstelle genutzt. Das werde die Besucherfrequenz zusätzlich erhöhen, weshalb es nicht möglich sei, dort Bürger auf einen etwaigen Spontantermin warten zu lassen. Der Eingangsbereich im Rathaus Buer sei ohnehin „zu klein für weitere Wartende“. Und in den beiden kleinen Bürgercentern sei kein ausreichend großer Wartebereich vorhanden. „Aus diesem Grund“, so die Stadt, „bleibt die derzeitige Terminpraxis die beste Lösung für die Bürgerinnen und Bürger. Und klare Regeln verhindern Irritationen.“
FDP Gelsenkirchen: „Nicht nachvollziehbar, dass Mehrfachbuchungen nicht verhindert werden können“
An dieser Sichtweise gibt es auch weiterhin Kritik. „Mehr als ein Ärgernis“ nennt Susanne Cichos, Fraktionsvorsitzende der FDP-Ratsfraktion, die Terminvergabe-Praxis in den Bürgercentern. „Es ist schwer nachvollziehbar, dass die Verwaltung behauptet, alles richtig zu machen, wenn 40 Prozent der Termine nicht wahrgenommen werden.“ Jeder Handwerker, der nur knapp die Hälfte seines Angebots verkaufen könne, wäre nach wenigen Wochen insolvent. „Er würde dann umdenken“, so Cichos. Und das empfehle sie auch der Verwaltung.
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Für Cichos ist es nicht nachvollziehbar, dass eine digitale Vorzeigestadt Doppel-, Dreifach- und Fünffach-Buchungen von Terminen nicht verhindern könne. „Es mag ja sein, dass Bürger:innen sich mit mehreren E-Mail-Adressen anmelden, dann muss der Filter eben so eingestellt werden, dass er die Anmeldungen nach Namen abgleicht.“
Gleichwohl appelliert auch Cichos an die Bürgerinnen und Bürger, ihre Termine wahrzunehmen oder bei anderweitiger Planung, diese abzusagen.
Im Übrigen verweist die FDP auf ihre Forderung, die Dienstleistungen dezentral anzubieten. Das sei bürgerfreundlicher, weil bürgernäher. Gerade für Seniorinnen und Senioren, für die der Weg in die Altstadt beschwerlich und das Online-Ausfüllen von Formularen unmöglich sei, sollten Bürgerbusse in den einzelnen Stadtteilen eingesetzt werden, fordern die Liberalen.
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