Gelsenkirchen-Beckhausen. Warum eine Mehrheit im Bezirk Gelsenkirchen-West den Discounter an der Braukämperstraße halten will. Und wieso die Stadt eine Erweiterung ablehnt.
Obst, Gemüse, Fleisch und Sanitärprodukte hin oder her: Um die Bewertung der Aldi-Filiale an der Braukämperstraße 107 in Beckhausen ist ein Streit entbrannt zwischen der Verwaltung und der Mehrheit in der Bezirksvertretung West. Für die Kommunalpolitiker stellte sich in der jüngsten Sitzung im Schloss Horst die Frage: Droht die Schließung des besonders für Schaffrath wichtigen Discounters, wenn sie dem Bebauungsplan „Gewerbegebiet südlich Braukämperstraße“ zustimmen?
Dieses Risiko mochten jedenfalls SPD, CDU, WIN und AfD nicht eingehen, als es (mal wieder) um die Veränderungssperre für den Bereich zwischen Braukämper-, Kamp-, Hobackestraße und der Bahnlinie Dorsten-Herne ging: Sie weigerten sich, über den Beschlussvorschlag der Verwaltung abzustimmen und überließen das Votum dem Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss, der dafür fachlich geeignet(er) sei. Dieser tagt am 1. September; das letzte Wort spricht der Rat am 30. September.
Gelsenkirchen will Konkurrenz für Nahversorgungszentrum Horster Straße verhindern
Der Bebauungsplan schafft die rechtliche Grundlage dafür, eine Erweiterung des Aldi-Standorts von derzeit 800 auf dann 1267 Quadratmeter Verkaufsfläche abzulehnen. Eine entsprechende Bauvoranfrage hatte das Unternehmen im Februar 2019 eingereicht (wir berichteten).
Kernanliegen der Stadt ist es, eben wie es das Einzelhandelskonzept vorsieht, die Ansiedlung von Handel mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Kernsortimenten in Gewerbegebieten auszuschließen. Kurz: Der integrierte Nahversorgungsstandort Beckhausen mit dem Discounter Penny an der Horster Straße und dem Vollsortimenter Rewe weiter hoch Richtung Buer soll geschützt werden. Diese sind in die Wohnbebauung integriert und fußläufig erreichbar.
Große Mehrheit der Politiker will Schließung des Aldi-Marktes verhindern
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Die große Mehrheit in der Bezirksvertretung sah das freilich anders: „Für uns ist dieser Aldi ein Nahversorger“, betonten sowohl SPD-Fraktionssprecherin Ingrid Husmann als auch ihr CDU-Kollege Franz-Josef Berghorn. Auch wenn der Discounter von vielen mit dem Auto angefahren werde, biete er für etliche Bewohner im Quartier die einzige Möglichkeit eines fußläufigen Einkaufs, erst recht wenn – wie in diesem Winter – keine Busse fahren. „Wir wollen Aldi unbedingt dort halten“, so Husmann.
Wie sie später im Gespräch mit der Redaktion erklärte, wolle Aldi nicht die Verkaufsfläche erhöhen, sondern den zusätzlichen Platz, der durch den Weggang des Bäckers entstanden ist, als Lager nutzen. „Der Metzger soll dafür Richtung Eingang umziehen.“
Ingrid Husmann: Kombination mit dem Metzger macht Discounter besonders wertvoll
Gerade die Kombination mit dem Metzger mache den Standort so wertvoll für die Schaffrather, „weil sich Alleinstehende auch mal kleinere Portionen kaufen können und nicht zu den Großpackungen greifen müssen, von denen dann die Hälfte weggeworfen werden muss.“
Verkaufsoffener Sonntag am 28. November in Horst
Die Bezirksvertretung West hat den vier verkaufsoffenen Sonntagen, die in diesem Jahr noch in drei Stadtteilen stattfinden sollen, mehrheitlich zugestimmt. Der „Horster Adventsmarkt“ ist für Sonntag, 28. November, geplant. Aus diesem Anlass sollen die Geschäfte von 13 bis 18 Uhr öffnen dürfen. Das letzte Wort darüber hat der Rat, der am 30. September darüber entscheidet.
Auch Grüne, FDP und Linke stellten klar: Sie würden eine Schließung des Aldi bedauern. FDP-Verordneter Thorsten Garbe räumte auch kritisch ein, „die Verwaltung beurteilt die Situation hier nach Aktenlage.“ Dennoch wandte er sich gegen eine Verschiebung des Themas.
Grüne: Große Koalition will sich vor einer Abstimmung drücken
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Mirco Kranefeld (Grüne) warf der GroKo vor, „sich vor einer Abstimmung zu drücken, indem sie die Entscheidung dem Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss überlässt.“ Wenn Aldi die Veränderungssperre zum Anlass nehmen sollte, den Standort zu schließen, sei das zwar „tragisch, aber letztlich eine Entscheidung des Unternehmens und nicht unsere.“
Letztlich überstimmte die große Mehrheit jedoch Grüne, Linke und FDP, „weil die Große Koalition noch Beratungsbedarf hat und durch eine so frühzeitige Abstimmung dem Stadtentwicklungsausschuss nicht vorgreifen will.“ Im Gespräch mit der Redaktion äußerte er später die Hoffnung, „dass die Verwaltung noch einmal das Gespräch mit Aldi sucht und vielleicht einen Sonderweg findet, damit der Discounter sich innerhalb der bestehenden Mauern erweitern kann.“
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