Gelsenkirchen. Eva Hülswitt aus Gelsenkirchen-Horst arbeitet als ehrenamtliche Hospizbegleiterin. Sie berichtet von vielen berührenden Momenten ihrer Arbeit.
An den Moment, als sie zum ersten Mal einen Menschen beim Sterben begleitete, kann sich Eva Hülswitt noch sehr gut erinnern. „Es hatte überhaupt nichts Schlimmes an sich“, berichtet die 71-jährige Horsterin. „Als der Moment kam, hat sich das Gesicht des Sterbenden entspannt, hat zu leuchten begonnen“, sagt sie. „Ich hatte das starke Gefühl, auf einmal nicht mehr allein im Raum zu sein. Das hat mich sehr berührt und etwas in mir verändert.“ Seit 2019 arbeitet Eva Hülswitt als ehrenamtliche Hospizbegleiterin im Amalie-Sieveking-Haus in Gelsenkirchen – eine Aufgabe, die ihr Leben, wie sie sagt, sehr bereichert hat.
Das Amalie-Sieveking-Haus ist ein Alten- und Pflegeheim, das vom Evangelischen Johanneswerk betrieben wird. Seit einigen Jahren setzt das Haus auf den Einsatz von ehrenamtlichen Mitarbeitern im Hospizdienst, um diese auf ihre Arbeit vorzubereiten, findet jedes Jahr ein Kurs statt. Der nächste Kurs startet im September.
Das lernen die Teilnehmer bei dem Kurs in Gelsenkirchen
Marianne Petsch ist Hospizkoordinatorin, sie organisiert und leitet die Kurse, in denen die Ehrenamtler ausgebildet werden. „Hospizdienst – das klingt nach Sterbebegleitung“, erklärt sie, findet aber, dass dieses Wort nicht ganz zutrifft. „Natürlich ist das ein Teil der Aufgabe, aber die Arbeit darauf zu reduzieren, würde dem nicht gerecht“, sagt sie. Eine Ehrenamtlerin oder ein Ehrenamtler, der sich um einen der Bewohner des Hauses kümmert, macht weitaus mehr, als in der letzten Stunde am Bett zu sitzen: „Es geht darum, auch schon viel früher für den Menschen da zu sein, ihm etwas von seiner Zeit zu schenken und ihn generell bei seinem letzten Lebensabschnitt zu begleiten.“
Eva Hülswitt weiß um die Sorgen und Nöte von Menschen, die in einem Pflegeheim leben: Bis zum Eintritt in den Ruhestand hatte die Horsterin als Altenpflegerin im Amalie-Sieveking-Haus gearbeitet. Mit 65 Jahren ging sie in Rente – diesen Zustand hielt sie aber nur kurze Zeit aus. „Nach einem Monat war ich wieder hier“, sagt sie und lacht. Zunächst arbeitete sie im sogenannten „begleitenden Dienst“. Als dann 2019 der erste Kurs für ehrenamtliche Hospizbegleiter startete, meldete sie sich sofort an. „Der Gedanke an so eine Tätigkeit war schon immer da“, sagt sie.
Diese Fragen müssen sich die Kursteilnehmer stellen
An den Kurs erinnert sie sich noch immer gern – auch, weil es eine intensive Zeit gewesen sei. Über den Zeitraum von etwa einem halben Jahr gab es wöchentliche Treffen, bisweilen gab es auch längere Seminare am Samstag. „Viele Gespräche, die wir im Rahmen des Kurses geführt haben, sind richtig unter die Haut gegangen“, erinnert sich Eva Hülswitt, „auch die eine oder andere Träne ist dabei geflossen.“
Neben handfesten Themen wie etwa Gesprächsführung, Umgang mit dementen Menschen oder den körperlichen Prozessen, die beim Sterben ablaufen, sei es auch um Fragen gegangen, die die Kursteilnehmer selbst betreffen: „Wer bin ich, woran glaube ich?“ Jeder Teilnehmer sollte sich auch genau überlegen, warum er die Aufgabe übernehmen will: „Wer auf schnelles Lob aus ist, der ist hier eigentlich falsch“, sagt Marianne Petsch.
Start am 18. September
Auch in diesem Jahr wird wieder ein Kurs für angehende ehrenamtliche Hospizbegleiterinnen und -begleiter angeboten. Start ist am 18. September, der Kurs dauert bis Ende März. Anfang April bekommen die Teilnehmer ihre Zertifikate überreicht.
Wer Interesse an einer Teilnahme hat, kann sich bei Marianne Petsch melden: marianne.petsch@johanneswerk.de oder per Telefon: 0209 94115145.
Doch die Ehrenamtler bekämen dennoch viel zurück, berichtet Eva Hülswitt. „Ich habe mich einmal um eine schwer demente Frau gekümmert, die kaum noch in der Lage war, zu sprechen“, erzählt sie. „Ich wusste, dass ihr inzwischen verstorbener Mann ihr immer Parfüm der Marke 4711 geschenkt hat. Da habe ich ihr eine Flasche mitgebracht und ihr etwas auf den Arm geträufelt – sie roch daran, strahlte und sagte den Namen ihres Mannes. Für solche Momente lohnt sich die Arbeit“, sagt Eva Hülswitt.
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