Gelsenkirchen. Sechs Männer und Frauen haben sich in Gelsenkirchen zu Hospizbegleitern ausbilden lassen. Diese Aufgaben warten in Zukunft auf sie.

Über den Tod wird in unserer Gesellschaft nicht gern gesprochen. Jeder muss irgendwann einmal sterben, klar. Aber den Gedanken schieben wir doch lieber weit weg – und für die Betreuung von sterbenden Menschen haben wir doch Fachpersonal, oder? Ganz falsch, findet Pastor Klaus Hillringhaus: „Die Begleitung von Menschen auf ihrem letzten Weg ist eine bürgerschaftliche Aufgabe, sie gehört in die Mitte der Gesellschaft.“

Hillringhaus ist Leiter der Hospizarbeit beim Evangelischen Johanneswerk, für ihn ist der Umgang mit dem Thema Sterben und Tod Alltag. Diese Haltung versucht er zu vermitteln, weiterzugeben: In dieser Woche überreichte er sechs Menschen, die ihre Weiterbildung zum ehrenamtlichen Hospizbegleiter erfolgreich abgeschlossen haben, ihre Zertifikate. Die sechs Ehrenamtler gehören jetzt dem ambulanten Hospizdienst an und werden sich unter anderem im Amalie-Sieveking-Haus in der Feldmark um alte und sterbende Menschen kümmern.

Auch die Arbeit mit den Angehörigen war Thema beim Kurs in Gelsenkirchen

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Dorothee Mattheus ist eine von ihnen. Sie erinnert sich noch gut daran, als sie bei einer kranken Freundin am Sterbebett saß, erinnert sich an ihre Hilflosigkeit und Unsicherheit angesichts dieser Situation. „Damals ist viel schiefgelaufen“, erzählt die 55-Jährige heute. „Meine Freundin war damals überhaupt nicht auf den Tod vorbereitet.“ Das müsse man in Zukunft anders, besser handhaben, schloss sie daraus – und entschied sich dazu, sich zur Hospizbegleiterin ausbilden zu lassen.

Erfolgreich abgeschlossen: Diese Männer und Frauen haben sich zu ehrenamtlichen Hospizbegleitern ausbilden lassen. Auf dem Foto zu sehen sind Dorothee Mattheus, Beate Steurer, Marianne Petsch (Hospizkoordinatorin im Amalie-Sieveking-Haus), Dr. Klaus Hillringhaus (Leiter der Hospizarbeit im Evangelischen Johanneswerk, Katrin Lindner-Zach, Rainer Thul, Britta Kannenberg (Pflegedienstleiterin des Amalie-Sieveking-Hauses), Olaf Horn (Einrichtungsleiter), Eva Hülswitt und Katharina Komorek (Sozialarbeiterin der Einrichtung, v.l.). Alle Abgebildeten hatten sich vor dem Betreten des Amalie-Sieveking-Hauses negativ auf Corona testen lassen.
Erfolgreich abgeschlossen: Diese Männer und Frauen haben sich zu ehrenamtlichen Hospizbegleitern ausbilden lassen. Auf dem Foto zu sehen sind Dorothee Mattheus, Beate Steurer, Marianne Petsch (Hospizkoordinatorin im Amalie-Sieveking-Haus), Dr. Klaus Hillringhaus (Leiter der Hospizarbeit im Evangelischen Johanneswerk, Katrin Lindner-Zach, Rainer Thul, Britta Kannenberg (Pflegedienstleiterin des Amalie-Sieveking-Hauses), Olaf Horn (Einrichtungsleiter), Eva Hülswitt und Katharina Komorek (Sozialarbeiterin der Einrichtung, v.l.). Alle Abgebildeten hatten sich vor dem Betreten des Amalie-Sieveking-Hauses negativ auf Corona testen lassen. © Evangelisches Johanneswerk

Marianne Petsch ist Hospizkoordinatorin beim Johanneswerk, sie organisiert die Arbeit der Ehrenamtlichen und weiß, worauf es ihrer Arbeit ankommt. „Wir wollen die Helfer befähigen, Menschen, die auf ihr Lebensende zusteuern, zu begleiten“, erklärt sie. Sie mag das Thema nicht auf den Begriff „Sterbebegleitung“ reduzieren – „idealerweise lernen sich die Hospizhelfer und die Bewohner hier im Amalie-Sieveking-Haus bereits beim Einzug kennen“, sagt sie. Sie weiß, dass es bei der Arbeit der Ehrenamtler nicht nur um die Betreuung der alten Menschen selbst geht. „Genauso wichtig ist die Begleitung der Angehörigen, für die ist das auch oft eine Situation, die schwer auszuhalten ist.“

Menschen auch einmal in Würde gehen lassen

Es seien keineswegs nur ältere Menschen, die sich zum Hospizbegleiter ausbilden lassen, berichtet Marianne Petsch. „Bei den sechs, die den Kurs jetzt absolviert haben, reicht die Bandbreite von 40 bis 75“, sagt sie. Einer von ihnen ist Rainer Thul. Er brachte medizinisches Vorwissen mit, viele Jahre hat der heute 64-Jährige als Krankenpfleger in einer Akutklinik gearbeitet. „Dass da jemand stirbt, passierte nicht jeden Tag, kam aber vor“, erinnert er sich – von einer Sterbebegleitung war da aber nie die Rede, dazu fehlte auch das Personal.

„Jetzt habe ich das Thema einmal von einer anderen Seite kennengelernt“, berichtet Thul von seinen Erfahrungen aus dem Kurs. Während seines Berufslebens habe er den Tod immer als etwas wahrgenommen, das es zu bekämpfen galt. „Heute sehe ich das anders“, sagt er. „Manchmal muss man Menschen auch einfach einmal in Würde gehen lassen.“

Die Hospizbegleiter werden nicht allein gelassen

Neuer Kurs im nächsten Jahr

Die Hospizbegleiter, die jetzt ihre Zertifikate bekommen haben, gehören dem ersten Kurs an, der in Zusammenarbeit mit dem Amalie-Sieveking-Haus und dem Evangelischen Johanneswerk durchgeführt wurde. Eigentlich sollte der Kurs bereits im März fertig sein, Corona kam allerdings dazwischen.

Ein neuer Kurs ist für das kommende Jahr geplant. Wer sich für das Thema interessiert, kann sich bei Marianne Petsch melden, entweder per E-Mail an oder telefonisch unter 0209 94115-145.

Rainer Thul kümmert sich bereits um einen Bewohner des Amalie-Sieveking-Hauses, besucht ihn regelmäßig, führt Gespräche über Gott und die Welt. „Den werde ich bis zum Schluss begleiten“, sagt er. Im Kurs hat er auch gelernt, sich gefühlstechnisch darauf vorzubereiten, was der kommende Tod seines Schützlings für ihn bedeutet – „wir haben aber auch regelmäßig Supervision, in der wir darüber sprechen, was uns bewegt“, sagt er, niemand werde mit seinen bedrückenden Erlebnissen allein gelassen.

Pflegerische Aufgaben würden die Hospizhelfer nicht übernehmen, erklärt Klaus Hillringhaus. „Dafür übernehmen sie die wichtige Aufgabe, sich auch einfach mal ans Bett zu setzen und für die Menschen da zu sein“, sagt er – dazu seien Pflegekräfte schon zeitlich gar nicht in der Lage.

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