Gelsenkirchen. Die Förderregeln sind noch unklar in NRW. Was Gelsenkirchen jetzt schon plant, damit Lerndefizite aus der Corona-Zeit beseitigt werden können.

„Aufholen nach Corona“ und „Extra-Zeit“: Die Förderprogramme zum Nachholen durch die Pandemie versäumter Lernstoffe und anderer Defizite bei Kindern sind beschlossen. Was genau die Kommunen darüber wie beantragen können, mit wie viel Geld sie rechnen können und was die Vorgaben sind: Das ist allerdings noch nicht bekannt. Und so plant die Bildungsverwaltung vor Ort derzeit noch mit vielen Unbekannten.

Kosten für Gelsenkirchen noch nicht klar

Die größte Unbekannte liegt im Bereich der Lerndefizite; zum einen kann erst ab Schulstart ermittelt werden, wo die größten Defizite liegen. Zum anderen ist noch nicht bekannt, wie die angekündigte Verzahnung von Bundes- und Landesförderung laufen soll und mit wie viel Geld Gelsenkirchen rechnen kann.

In den Sommerferien läuft ein üppiges – komplett ausgebuchtes – städtisches Aufholprogramm mit dem Schwerpunkt Spaß, Bewegung, Freizeit über Gelsensport und freie Träger. Auch im Bereich der Lernförderung soll es nicht allein um Mathe gehen, sondern auch um Kreativität. So plant der neue Musikschulleiter den Aufbau eines interkulturellen Orchesters in Zusammenarbeit mit einer Schule und die Kunstschule, die schon Kulturbonbons kreierte, will weitere Angebote auch in anderen Stadtteilen machen, im Kunstmuseum steigt die Nachfrage nach Schulprogrammen.

Förderbedarf mit Lehrern und Eltern klären

Bei der konkreten fachlichen Lernförderung hat das städtische Bildungsdezernat Lernförderung über die Extra-Zeit-Förderung Gruppenangebote für je acht bis 15 Schüler in zehn Jahrgangsgruppen geplant . „Wie groß der Bedarf ist, können wir nur schätzen. Die Förderbedarfserhebung findet mit Schulen und Eltern gemeinsam statt. Auf jeden Fall müssen wir 20 Prozent der Gesamtfinanzierung selbst übernehmen, außerplanmäßig. Das werden wir tun, auch wenn wir die Summe noch gar nicht kennen“, kündigt Bildungsdezernentin Anne Heselhaus an. Inklusive Berufskollegs rechnet sie mit nahezu 400 Gruppen, die außerschulisch so gefördert werden müssten – mit (ebenfalls geschätzten) Kosten von 2,9 Millionen Euro.

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Die Förderung soll jeweils über 15 Tage laufen, in den Ferien oder an Wochenende, sechs Zeitstunden je Tag. Übernehmen sollen den Fachunterricht nach Plänen des Bildungsministeriums pensionierte Lehrer und Studierende, die freilich auch gefunden werden müssen. Vor Ort werden aber auch Kräfte der freien Träger des Offenen Ganztags zum Einsatz kommen. Gespräche dazu laufen bereits.

Individuelle Förderung für Hilfeempfänger auch mit privaten Anbietern

Extrageld für individuelle Lernförderung soll es auch für Kinder geben, deren Eltern Hilfen zum Lebensunterhalt beziehen. Dabei dürfen auch private Nachhilfeanbieter genutzt werden. Wer das vor Ort sein kann, wird ebenfalls bereits geprüft. Ob auch in NRW mit Bildungsgutscheinen – wie in Mecklenburg-Vorpommern bereits praktiziert – gearbeitet werden kann, ist in NRW noch nicht geklärt. Fest steht aber, dass es bis zu 30 mal je 45 Minuten Nachhilfe geben wird. In Mecklenburg-Vorpommern stellen die Institute für berechtigte Schüler die Anträge.

„Fit in Deutsch“ wird fortgesetzt

Was der Bund fördern will

Der Bund stellt insgesamt eine Milliarde Euro zum Abbau von Lernrückständen zur Verfügung, verteilt auf 2021 und 2022. 50 Millionen Euro davon sind für außerschulische Angebote reserviert, etwa auch das Programm „Kultur macht stark“, über das Gelsenkirchen ein interkulturelles Orchester aufbauen will.

270 Millionen Euro sollen bundesweit in den Kinderfreizeitbonus und individuelle Angebote für Hilfeempfänger fließen. Gelsenkirchen will auf Nachhaltigkeit setzen und den Förderzeitraum ganz ausschöpfen.

Bereits in den Sommerferien gab es in Gelsenkirchen für Schulanfänger zwischen fünf und sieben Jahren und Grundschüler mit unzureichenden Deutschkenntnissen ein „Fit in Deutsch“ Förderprogramm in Zusammenarbeit mit den OGS-Trägern, in zwölf Gruppen mit jeweils bis zu 25 Kindern. In den Herbstferien soll es neu aufgelegt werden. Für Vorschulkinder ohne Kitaplatz mit Zuwanderungsgeschichte gibt es zudem ein Kooperationsprojekt mit der Awo in der Friedrich-Grillo-Schule und Wiehagen-Grundschule, bei dem diese Kinder dreimal je Woche je drei Stunden in Gruppen gefördert werden. Dieses Angebot zählt zu den „frühen Hilfen“, die über das Bundesfamilienministerium gefördert werden und dank früher Klärung der Förderbedingungen bis Ende 2022 auch schon genutzt werden können.