Gelsenkirchen. Sonder-Aktion im Impfzentrum: Warum sich die Kinder und Jugendlichen im Alter von zwölf bis 15 Jahren impfen ließen, das sind ihre Gründe.

Mitte der zweiten Corona-Sommerferien – die Sonne scheint, etwas kühl ist es wohl. Und vor dem Gelsenkirchener Impfzentrum gibt es an diesem Donnerstagnachmittag ein besonderes, weil noch nie da gewesenes Bild. Es ist kurz nach 14 Uhr und vor dem Eingang hat sich eine Schlange gebildet. Es sind Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 15 Jahren, die sich bei der Sonderimpfaktion immunisieren lassen wollen. Insgesamt werden es an diesem Nachmittag 116 sein, die in der Zeit 14 bis 18.30 Uhr geimpft wurden.

Gelsenkirchen: Kinder und Jugendliche lassen sich bei Sonderimpfaktion impfen

Wir treffen Dominik Hahn und seine Schwester Angelina. Der 14-Jährige freut sich nicht besonders, das gibt er direkt unumwunden zu. Und trotzdem hat er ein Lachen im Gesicht – „ich hasse Spritzen über alles“, sagt der 14-Jährige. Seine Mutter lacht, sie habe ihn überrumpelt, erzählt sie. Und seine Schwester war schon lange eingeweiht.

Angelina und ihr Bruder Dominik kamen gemeinsam mit ihrer Mutter Andrea Gohla zur Sonderimpfaktion im Gelsenkirchener Impfzentrum.
Angelina und ihr Bruder Dominik kamen gemeinsam mit ihrer Mutter Andrea Gohla zur Sonderimpfaktion im Gelsenkirchener Impfzentrum. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Dominik will sich und andere Menschen schützen, seiner 12-jährigen Schwester bereitet vor allem die Delta-Variante Sorgen. Ihre beste Freundin sei auch schon geimpft, also warum sie nicht auch? Dominiks und Angelinas Mutter Andrea Gohla sagt an diesem Nachmittag vor dem Impfzentrum: „Wir fühlen uns einfach sicherer, gerade auch mit der neuen Delta-Variante, ich traue dem Virus nicht.“ Lesen Sie auch: Von Impfmüdigkeit und weggeworfenen Impfdosen in Gelsenkirchen

Charlotte Louise Dostal ist aus Gladbeck angereist– gemeinsam mit ihren Eltern hat sich auf den Weg zum Impfzentrum gemacht. Warum sie extra aus der Nachbarstadt gekommen ist? „Wir haben zuerst bei unserem Kinderarzt nachgefragt. Aber da hätten wir bis zu drei Monate auf einen Termin warten müssen“, erklärt ihre Mutter Stephanie Dostal.

Gelsenkirchener Jugendliche will sich sicherer in der Schule fühlen

Ihre 13-jährige Tochter freut sich darauf mehr Freiheiten zu haben, gerade im Urlaub. Und sie will sich sicherer in der Schule fühlen. So begründet sie ihre Impfentscheidung. Stephanie und Torsten Dostal, beide geimpft, sagen, während die Schlange hinter ihnen immer länger wird: Verunsichert seien sie nicht. „Wir nehmen das in Kauf, um uns und andere zu schützen. Und um ein Stück Normalität zurückzubekommen.“

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Am späten Nachmittag vermeldet die Stadt auf Nachfrage einen „mehr als zufriedenstellenden Andrang“, so Stadtsprecher Martin Schulmann. Bis etwa 16 Uhr waren 35 Kinder und Jugendliche mit dem ersten Piks versehen. Bei der nächsten Aktion wolle man etwas nachjustieren, so Schulmann. Ein weiterer Impfarzt, der in diesem Fall wieder Kinderarzt sein muss, soll dann dazu kommen.

Tobias Koß trägt heute das Fan-Shirt seiner Lieblingsfußballmannschaft. Es ist nicht königsblau. „Ich habe mich schon immer impfen lassen wollen. Ich bin sehr vorsichtig, trage oft die Maske“, sagt der 14-Jährige ganz reflektiert. Er möchte niemand anderen anstecken, sagt der Schüler auch. Sein 16-jähriger Bruder sei bereits geimpft, die Familie erhofft sich, wie zahlreiche andere Menschen auch durch die Impfung: Normalität. Lesen Sie auch:Ärzte-Vertreter: „Mehr Rechte für Geimpfte sind richtig“

So ist die aktuelle Corona-Lage in den unterschiedlichen Altersgruppen in Gelsenkirchen

Eine andere Zwölfjährige, die ihren Namen nicht so gerne in der Zeitung lesen möchte, ist ganz gelassen. Mögliche Nebenwirkungen tut sie ab mit: „Das ist besser als zu erkranken“. Sie findet es gut, dass sie jetzt geimpft werden kann. Ihre Mutter berichtet, dass nicht eine Sekunde zur Debatte gestanden hätte, dass sie persönlich sich impfen lässt. „Ich sehe keine andere Möglichkeit, aus der jetzigen Situation sicher rauszukommen“, sagt die Feldmarkerin.

Unterdessen steigen die Zahlen wieder, wenn auch auf bislang noch niedrigem Niveau: Am Donnerstag, 29. Juli, lag die Zahl der aktiven Corona-Infektionen in Gelsenkirchen bei 60, der Sieben-Tage-Wert bei 15. Doch bei allem Schielen auf die Inzidenz – es sind auch andere Zahlen wichtig. Ein Überblick.

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Das Corona-Dashboard der Stadt verzeichnet, mit Quellenangabe der Kassenärztlichen Vereinigung, insgesamt 295.365 Impfungen. Davon gelten 139.669 Gelsenkirchener als vollständig geimpft, 165.460 Bürger dieser Stadt haben bislang ihre erste Impfung erhalten (Stand: Mittwoch, 28. Juli.).

Auslastung der Gelsenkirchener Intensivkapazitäten liegt aktuell bei null Prozent

Am 28. Juli wurden zwei an Covid-19-Erkrankte in einem Krankenhaus in dieser Stadt behandelt. Die Auslastung der Intensivkapazitäten durch Covid-19-Fälle liegt aktuell bei null Prozent.

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Das Infektionsgeschehen innerhalb der einzelnen Altersgruppen innerhalb der vergangenen sieben Tage stellt sich wie folgt dar: Keine Infektionen gab es laut Stadt in der Gruppe der Null- bis Neunjährigen. Bei den 10- bis 19-Jährigen verzeichnet die Stadt sechs Fälle, in Prozent sind das 26,1. Bei den Gelsenkirchenern im Alter von 20 bis 29 Jahren gab es fünf Corona-Fälle, das macht einen Anteil von 21,7 Prozent.

In der Gruppe der 30- bis 39-Jährigen haben sich in den vergangenen sieben Tagen drei Menschen infiziert, das ergibt einen Anteil von 13 Prozent, bei den 40- bis 49-Jährigen meldet die Stadt zwei Fälle und einen Anteil von 8,7 Prozent. In der Altersgruppe der 50- bis 59-Jährigen wurden fünf Fälle und ein Anteil von 21,7 Prozent registriert. Bei den 60- bis 69-Jährigen Gelsenkirchenern vermeldet die Stadt zwei Fälle und einen Prozentanteil von 8,7. Lesen Sie auch:So ist die Corona-Lage in den Gelsenkirchener Stadtteilen

In den folgenden Altersgruppen der 70- bis 79-Jährigen, der 80- bis 89-Jährigen und der Menschen über 90 gab es keine Infektionen. Im Zuge der Nachfrage gibt Stadtsprecher Martin Schulmann allerdings zu bedenken: „Bei der geringen Menge an Infektionen macht eine Infektion pro Altersgruppe mehr oder weniger schon einen erheblichen Unterschied in den Prozentzahlen aus.“ Hier eine valide Aussage über Trends zu treffen, sei statistisch gesehen sicher nicht seriös, so Schulmann weiter.