Gelsenkirchen. Das Grab des vielleicht besten Schalker Spielers wird bald aufgelöst. Was mit dem Andenken passieren soll und warum Libuda kein Ehrengrab bekommt

Der FC Schalke 04 hat in seiner inzwischen 117-jährigen Geschichte schon so manchen Publikumsliebling hervorgebracht, doch einige wenige stechen auch aus dem Kreise der ganz Großen noch heraus. Ohne jeden Zweifel zählt Reinhard „Stan“ Libuda dazu, dessen letzte Ruhestätte auf dem Ostfriedhof in Gelsenkirchen-Bismarck nach nun 25 Jahren Liegezeit bald eingeebnet zu werden droht.

Um das zu verhindern und das Gedenken an die Schalker Legende aufrechtzuerhalten, laufen bereits Gespräche zwischen Libudas Familie, der Stadt Gelsenkirchen und der Stiftung Schalker Markt. Denn in einem Punkt sind sich alle Parteien schon jetzt einig: Reinhard Libudas Grab darf nicht einfach so verschwinden.

Eine Idee, um die Ruhestätte auch nach Ablauf der 25 Jahre Liegezeit zu bewahren, war, es zu einem Ehrengrab erklären zu lassen. Doch nach Durchsicht der Satzungen sei die Stadt zu dem Schluss gekommen, dass das für Libuda nicht infrage kommt. „Vorbestrafte können in Gelsenkirchen kein Ehrengrab bekommen“, so die Verwaltung.

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Hintergrund ist der Bundesligaskandal, in den Libuda verwickelt war und der ihn Zeit seines Lebens noch belasten sollte. „Dass ich da überhaupt mitgemacht habe“, sagte er einst mit leiser Stimme in einem seiner seltenen Interviews. „Ich war damals der Kapitän und wollte das gar nicht.“ Libuda sprach vom Bestechungsskandal, der die Bundesliga zu Beginn der 70er-Jahre erschüttert hatte, und der ihn, den genialen Dribbelkünstler, den „Stan“, der wie der legendäre Engländer Stanley Matthews perfekt links antäuschen und rechts vorbeiziehen konnte, nie wieder los ließ. Viele Bundesligaprofis waren in den Skandal verstrickt, Reinhard Libuda, Typ ehrliche Haut, zerbrach daran. Weil er sich schämte.

Er war erst 52 Jahre alt, als er 1996 an einem Schlaganfall starb. Obwohl er so verschlossen war, obwohl er sich nach seiner Karriere vor jeglichem Rummel versteckt gehalten hatte, verehrten ihn seine Anhänger. Bis heute ist der Name Stan Libuda das Synonym für einen Kultfußballer des Ruhrgebiets.

Ein Junge aus dem Haverkamp

Das Leben nach dem Fußball stellte Reinhard Libuda hingegen zu viele Fallen. Geschäftssinn und Ellbogenmentalität waren ihm fremd. Seine Ehe wurde geschieden, ein Mehrfamilienhaus wurde genauso verkauft wie der Tabakwarenladen an der Kurt-Schumacher-Straße, in Einwurfnähe zur Glückauf-Kampfbahn, dieses kleine Traditionsgeschäft, das einst Schalkes großem Meisterspieler Ernst Kuzorra gehört hatte.

Das Schalker Fanfeld auf dem Friedhof in Sutum. Es gibt Überlegungen, Stan Libuna nach hierhin umzubetten.
Das Schalker Fanfeld auf dem Friedhof in Sutum. Es gibt Überlegungen, Stan Libuna nach hierhin umzubetten. © FUNKE Foto Services | Joachim Kleine-BÜning

Er zog wieder nach Bismarck, genauer: in den Haverkamp, zu seiner Mutter. Haverkamp hieß Zuhause, hier in der alten Arbeiterkolonie kannten ihn die Leute schon als Kind, hier konnte er einfach nur netter Nachbar sein, hier wurde er nicht zum Star erklärt, der er nie sein wollte. Sein bevorzugtes Fortbewegungsmittel war ein Fahrrad.

500 Menschen, denen er viel bedeutet hatte, kamen zu seiner Beerdigung, es regnete in Strömen. Der Soziologe Norbert Kozicki, Autor der auch mit Verehrung verfassten Biografie „Reinhard Stan Libuda – ein einfacher Junge aussem Kohlenpott“, schrieb über diesen traurigen Tag: „Stan machte alle noch einmal richtig nass.“

Wird auch Stan Libuda auf das Schalker Fan-Feld umgebettet?

Gerade deshalb soll nun verhindert werden, dass seine Ruhestätte einfach so verschwindet. Eine Sprecherin der für die Friedhöfe zuständigen Gelsendienste, erklärt auf WAZ-Nachfrage, dass nun geprüft werde, ob Libudas Grab zu einem „kulturhistorischen Erbe“ erklärt werden kann, um auf diesem Wege das Grab oder eine ähnliche Gedenkstätte weiter an Ort und Stelle bestehen zu lassen. Die Untere Denkmalbehörde werde dies prüfen.

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Erste Gespräche gibt es darüber hinaus mit der Stiftung Schalker Markt, die die Gebeine Libudas gerne auf das Schalker Fan-Feld in Sutum bringen würde, wohin bereits Adolf „Ala“ Urban und Ernst Poertgen umgebettet wurden. Libudas Familie würde das begrüßen, heißt es.

Entschieden ist das aber noch nicht – auch weil Gelsendienste nur ungern das Grab eines so prominenten Gelsenkircheners verlieren möchte. Schon bald werde man eine Lösung präsentieren können, die Libuda gerecht werde, hofft die Sprecherin der Stadttochter. Die Fans des FC Schalke 04 würden es den Verantwortlichen sicher danken, wenn ihrem Stan auch weiterhin angemessen gedacht werden kann.