Gelsenkirchen. Ein Besuch bei Werner Ruhnau, dem Architekten des Theaterbaus - und ein Gespräch über die Besonderheiten des Hauses.

Die Verquickung von Kunst und Architektur lag ihm am Herzen, als Werner Ruhnau als junger Architekt im Jahr 1956 die Federführung für den Bau des neuen Musiktheaters im Revier übernahm. Ein Jahr zuvor hatte er gemeinsam mit Harald Deilmann, Max von Hausen und Ortwin Rave den Architekturwettbewerb gewonnen, den die Stadt Gelsenkirchen für den Theaterbau ausgeschrieben hatte.

Von ungefähr kam diese Auswahl nicht, denn ganz in der Nähe, in Münster, hatte das Architektenteam kurze Zeit zuvor schon mit dem Neubau des Stadttheaters für Furore gesorgt. Dabei zählten Theaterbauten erst gar nicht zu den Spezialgebieten von Werner Ruhnau und seinen Kollegen. „Wir haben den Zuschlag damals eher zufällig bekommen, doch je mehr ich mich mit Theater und Bühnen beschäftigte, um so spannender fand ich diese Aufgabe”, erklärt der Architekt, während er uns in die Katakomben seiner „Baukunstausstellung” in Essen-Kettwig führt.

Professor Werner Ruhnau in seiner Sammlung. Fotos: HW.Rieck
Professor Werner Ruhnau in seiner Sammlung. Fotos: HW.Rieck © WAZ FotoPool

Hier sind Fotos, Skizzen, aber vor allem Modelle zu sehen, die den langen Weg zum perfekten Musiktheater hin zeigen. „Ich habe mich intensiv mit Theaterarchitektur beschäftigt. Und schnell war mir klar, dass ich dieses Guckkasten-Prinzip, wo das Publikum auf der einen Seite sitzt und stur auf die Bühne starrt, aufbrechen wollte”, so Ruhnau, der inzwischen einen Professorentitel trägt und als Botschafter der Theaterarchitektur Vorträge in aller Welt hält.

„Den Zuschauerraum im Kleinen Haus haben wir beispielsweise so konzipiert, dass die Sitzmöglichkeiten sehr flexibel sind. Leider werden die vielen variablen Möglichkeiten des Raumes viel zu selten von den Theatermachern ausgereizt”, sagt der 1922 geborene Baumeister.

Hauseigene Baukunstausstellung

Im Flur seiner hauseigenen Baukunstausstellung hängt übrigens auch ein Bild des Vorplatzes, wie Ruhnau ihn sich erdacht hatte. „Der sollte offen und einladend sein. Leider ist Gelsenkirchen inzwischen viel zu verbaut”, so der Architekt. „Dabei gehörte es zu unserem Konzept, dass der Vorplatz ein ganz bestimmtes Format hat, damit Stadt und Theaterbau eine Einheit bilden können”, erklärt Ruhnau. Seine Vision: Schwellenängste sollten überwunden werden, alle Bürger sollten sich mit dem neuen Theater identifizieren können.

„Wir haben die Front des Hauses gerade deshalb durchsichtig gestaltet, damit es keine Barrieren gab zwischen den Theaterbesuchern und dem Stadtleben davor. Vielen Entscheidungsträgern vor Ort war das damals nicht geheuer, die hatten Angst, dass die Bergleute Steine schmeißen, wenn sie die Theaterbesucher in ihren schmucken Roben im Foyer sehen. Aber das ist in all' den Jahren nie passiert. Im Gegenteil”, so Ruhnau.

„Am liebsten hätten wir statt der Glasfronten mit ganz neuartigen Luftwänden gearbeitet, damit keine Spiegelung entsteht. Aber leider ließ sich das technisch überhaupt nicht umsetzen. Vor allem, weil die Luftströme einen unheimlichen Lärm erzeugt hätten.” So löste sich dieser Traum in Luft auf.

Ein anderer blieb: Die Idee, im Theaterfoyer ein ganz besonderes Klima zu schaffen, mündete in den blauen Schwammreliefs von Yves Klein, die vom Blau des Himmels von Nizza inspiriert waren. „Ursprünglich hatte ich riesige Spiegel für die Seitenwände des Foyers vorgesehen, aber als ich in Paris den jungen Yves Klein und seine monochromen Bilder kennenlernte, wusste ich sofort, dass die hier hingehören.”

Gemeinsam mit Yves Klein und den bildenden Künstlern Norbert Kricke, Paul Dierkes, Jean Tinguely und Robert Adams nutzte Werner Ruhnau die Synergieeffekte von Kunst und Architektur, um ein außergewöhnliches Haus mit ganz moderner Kunst zu schmücken.

Seit 1997 steht der Bau des Musiktheaters im Revier unter Denkmalschutz – und Werner Ruhnau, seit dem 15. Dezember 2009 Ehrenmitglied des Theaters, wachte höchstpersönlich über die Umbau- und Sanierungsarbeiten. Übrigens wurde auch sein Sohn Georg Ruhnau in die Arbeiten mit eingebunden.