Gelsenkirchen. Mit einer Aufführung der Opern-Zeitreise "Dreiklang" feierte das Musiktheater im Revier am Samstag seinen 50. Geburtstag. Die Zuhörer erlebten dabei trotz einiger Schwächen der Inszenierung einen sehr unterhaltsamen Abend.

Mit einem von Sonnenstrahlen hell erleuchteten Motivfenster in der Kirche St. Georg an der Florastraße startete am Samstag die lange Opern-Zeitreise „Dreiklang”, die das Team des Musiktheaters im Revier (MiR) dem Publikum zum eigenen 50. Geburtstag schenkte. Als der Opernmarathon endete, war es weit nach 23 Uhr und längst dunkel geworden - und das Premierenpublikum konnte mit fünf Stunden Musik im Ohr nach Hause gehen.

Dabei war es keineswegs leichte Kost, die hier im Dreiklang aufgetragen wurde. Der Auftakt führte die Besucher zurück zu den Anfängen der Operngeschichte: Die „Lamenti über Liebe und Tod” von Claudio Monteverdi, der als „Erfinder der Oper” gehandelt wird, entstanden zwischen 1608 und 1642. Mit einem Streichquartett, Kontrabass, Chitarrone und Cembalo wurden die frühbarocken Klänge in das Kirchenschiff gezaubert. Die MiR-Solisten E. Mark Murphy, Noriko Ogawa-Yatake, William Saetre, Anke Sieloff, Joachim G. Maass und Alfia Kamalova betraten im Wechsel in sakral angehauchten Gewändern die Bühne und interpretierten vier Klagegesänge, die vom Ballett Schindowski in Szene gesetzt wurden. Da wurde gekämpft und gelitten, das Publikum saß mittendrin und wurde hineingerissen in die Welt unerhörter Liebe und unendlicher Verzweiflung.

Tanzvideo unterstrich die visuelle Dimension

Die Choreografin Annett Göhre ließ das Ballett um einen schwarzen Schuh kämpfen und tanzen. Angeschlagen musste die Ballerina Priscilla Fiuza da umherhumpeln - auch so kann man Verletzlichkeit verdeutlichen. Nach einer kurzen Pause stimmte Morton Feldmans Oper „Neither” die Zuhörer auf die Neuzeit ein. Feldmans Schwebeklänge bildeten dabei einen starken Kontrast zu Monteverdis Strenge. Und doch verband die Kompositionen, zwischen denen rund 370 Jahre Operngeschichte liegen, die Verzweiflung, die bei diesen Klängen in der Luft liegt: Auch „Neither”, 1977 nach einem Text von Samuel Beckett entstanden, ist ein langes Klagelied - wenn auch fast ohne Worte.

Die Sopranistin Alexandra Lubchansky wob ihre Stimme dabei kunstvoll in den schwebenden Klangteppich der Neuen Philharmonie Westfalen unter Leitung von Johannes Klump ein. Und während die Musik scheinbar ohne Anfang und Ende um sich selbst kreiste, erweiterte ein Tanzvideo das Zuschauererlebnis um eine visuelle Dimension. Geschickt setzte das Regieteam Annett Göhre und Jan Adamiak dabei auf Assoziationen und ließ das Ballett Schindowski im Film auf einem durchsichtigen Vorhang tanzen - „Neither” wurde hier nicht nacherzählt und nicht interpretiert, sondern einfach nur begleitet. Ein wirklich beeindruckendes Schauspiel.

Trotz einiger Schwächen ein unterhaltsamer Abend

Fackelträger im Mozart-Look begleiteten die Konzertbesucher anschließend feierlich in das frisch renovierte Große Haus hinüber. Wer sich vorab um Karten bemüht hatte, konnte im Malsaal oder im Kleinen Haus am „Dreiklangsdinner” teilnehmen, alle anderen durften nach gut zweistündiger Pause zu Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte” zurückkehren. Die Zuhörer erlebten dabei trotz einiger Schwächen der Inszenierung einen sehr unterhaltsamen Abend mit der „Mutter aller Opern”: Die Neue Philharmonie Westfalen präsentierte unter Leitung von MiR-Chefdirigent Rasmus Baumann eine entschleunigte Version der Zauberflöte, die der Original-Partitur besonders nahe kam.