Gelsenkirchen-Ückendorf. Bastian Bielendorfer zu Gast in der Heilig-Kreuz-Kirche: Was der Gelsenkirchener über seine Heimat, die Kaue und die Corona-Auswirkungen sagt.

Otto, sechs Jahre alt, rennt durch das vollständig entkernte Mittelschiff der Heilig-Kreuz-Kirche, tollt herum. Der Mops ist aufgedreht, seine Schritte hallen durch das Mittelschiff des 2007 entweihten Gotteshauses. Auch seinem Herrchen Bastian Bielendorfer gefällt es hier in der ehemaligen Gelsenkirchener Kirche, die schon bald ein fertigsanierter Konzertsaal sein soll.

Bielendorfer ist auf Einladung der Emschertainment GmbH zurück in seine Heimatstadt gereist. Der bundesweit bekannte Buchautor, Podcaster und Fernsehmoderator, gebürtig aus Rotthausen, hat unweit der Kirche seinen Zivildienst absolviert. Er will sich ein eigenes Bild von Gelsenkirchens zukünftigem Kultur-Prunkstück machen.

Was der Gelsenkirchener zu einer möglichen Schließung der Kaue sagt

Vor über zwei Jahren haben die Arbeiten an der Bochumer Straße begonnen. Die wuchtigen Holzbänke der Kirche sind nicht mehr zu sehen. Glänzende Glaswände trennen die Stätte in verschiedene Bereiche. Überall wuseln Bauarbeiter herum. Es riecht nach frischer Wandfarbe. Was geblieben ist: die alten Beichtstühle. Bielendorfer, selbst nicht gläubig, gefällt dieser Charme.

Emschertainment nimmt Videos mit Künstlern auf

Der Gelsenkirchener Veranstalter Emschertainment lädt zurzeit Entertainer und bekannte Gesichter aus der Stadt in die Heilig-Kreuz-Kirche ein. Er produziert Vorstellungsvideos. Sie werden auf den Sozialen Netzwerken ausstrahlt.

Zu Gast war beispielsweise schon Hennes Bender. In einigen Wochen wird auch das Video mit dem Gelsenkirchener Bastian Bielendorfer online zu sehen sein. Hier geht es zu dem Facebook- sowie zu dem Instagram-Auftritt von Emschertainment.

„Ich finde es hier extrem beeindruckend“, sagt er nach einer Führung über das Areal. Solch ein Leuchtturmprojekt könne Gelsenkirchen nur gut tun, denkt Bielendorfer, der oft kritisch auf seine Heimat blickt. Kein anderer Ort im Revier, glaubt der 36-Jährige, habe sich in den vergangenen 30 Jahren langsamer entwickelt als die Emscherstadt.

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Doch gerade das Kreativquartier Ückendorf ist im Kommen, wird hipper und durch die Heilig-Kreuz-Kirche weiter aufgewertet. Voraussichtlich im kommenden Jahr wird die Kulturkirche eingeweiht. 650 bis 750 Personen sollen hier Kunst, Kultur und Kabarett erleben – wie bereits in der Emscher-Lippe-Halle und der Kaue, die nun eben nicht geschlossen werden soll.

Die Debatte um ein mögliches Aus der Kaue, die seit einigen Tagen geführt wird, hat Bielendorfer verfolgt, wenngleich er mittlerweile in Köln lebt. „Es wäre eine Katastrophe gewesen, wenn man dieses winzige Juwel in einer Stadt, die sowieso wenig eigene kulturelle Identität hat, geschlossen hätte“, betont der Entertainer, der in Deutschland als Autor berühmt geworden ist.

Der 36-Jährige wurde als Autor berühmt – und ist mittlerweile ein bekanntes Gesicht im Fernsehen

Sein Vater, früher Lehrer am Grillo-Gymnasium, musste als Telefonjoker herhalten, während Bielendorfer bei der Quizsendung „Wer wird Millionär?“ saß. Resigniert, dass sein Sohn schon bei der 8000-Euro-Frage anrufen und den Joker ziehen musste, legte der Vater grußlos auf. Die richtige Antwort hatte er zuvor natürlich geliefert. Bielendorfer schrieb 2011 ein Buch über seine Erlebnisse als Lehrersohn – und wurde ein Bestsellerautor.

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Im Oktober erschien sein fünftes Werk. Es heißt „Große Pause – mein Corona-Tagebuch“ und ist wohl das mit am meisten Ernst geschriebene Buch. Und es dürfte wohl auch sein letztes gewesen sein – vorerst zumindest. Bielendorfer möchte weiter im Fernsehen bleiben (er ist unter anderem im WDR zu sehen), aber auch Podcasts produzieren und auf der Bühne stehen.

Gerade das ist derzeit kaum möglich. Die großen Hallen, die Bielendorfer vor der Pandemie gefüllt hatte, sind seit Monaten geschlossen. Zwei Auftritte habe er seit dem Corona-Ausbruch im Vorjahr gehabt. Beide im Herbst in Düsseldorf, Savoy-Theater. Das Publikum trug Masken und Bielendorfer konnte deshalb kaum die Reaktionen des Zuschauerinnen und Zuschauer erkennen. Nein, das sei nicht dasselbe gewesen, sagt er.

Weshalb Bastian Bielendorfer soziale Projekte unterstützt

So hatte Bielendorfer ein wenig Sorge, aus der Übung geraten zu sein, als er am vergangenen Donnerstag eine Internetshow zugunsten des Wünschewagens des Arbeiter-Samariter-Bundes in Essen aufnahm. Am Ende lief alles glatt. Tausende hätten zugeschaut und viele zudem für das „ganz tolle Projekt gespendet“, so Bielendorfer. Solche Aktionen liegen ihm ohnehin am Herzen. Seine Mutter verstarb vor drei Jahren in einem Essener Hospiz an Krebs. Dies machte er in seinem jüngsten Buch öffentlich.

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Trotz solcher Online-Formate und seiner erfolgreichen Podcasts fehlen ihm die Auftritte vor dem Publikum zurzeit sehr. „Das erste Jahr war ganz angenehm“, erinnert er sich an den Frühlingslockdown 2020. „Ich bin lange hochtourig gefahren, hatte über 120 Auftritte im Jahr und dazu kamen die Podcasts und das Fernsehen. Davon zurückzufahren, das war gar nicht schlimm.“ Jetzt spüre er jedoch wieder die Sehnsucht nach Menschen, Bühne und Normalität.

Aber wer weiß, vielleicht sind Auftritte vor Publikum schon bald wieder erlaubt, womöglich sogar in der Heilig-Kreuz-Kirche. Nicht nur Mops Otto dürfte sich freuen.