Gelsenkirchen. Elektrofahrzeuge, Ladesäulen, Wasserstoffantrieb: Wie die Stadt Gelsenkirchen mit der emissionsfreien Mobilität vorangekommen ist.

Die Zahl der zugelassenen reinen Elektrofahrzeuge in Gelsenkirchen hat sich seit Beginn des Jahres 2019 mehr als vervierfacht, die Zahl der öffentlichen Ladesäulen mehr als verdreifacht. Die Menge der E-Autos wächst also stärker als die Ladeinfrastruktur - für die Stadt ein Anlass, sich selbstkritisch zu zeigen. „Wir müssen den Ausbau der Ladesäulen wieder beschleunigen“, sagt Christoph Neumann, Leiters des Verkehrsreferats. Wenn die Zahl der E-Autos schneller zunehme, müsse man auch dafür sorgen, dass genügend Ladeoptionen vorhanden sind.

597 reine Elektrofahrzeuge hatten zum 31. Dezember 2020 in Gelsenkirchen eine Zulassung, wie die Verwaltung in der Antwort auf eine Anfrage der FDP im Verkehrsausschuss mitteilt. Das sind lediglich rund 0,4 Prozent der 152.229 insgesamt in Gelsenkirchen zugelassenen Fahrzeuge.

Aber: Es sind auch 400 E-Autos mehr als Anfang des Jahres durch die Stadt fuhren. Im Vergleich zu den Vorjahren hat die Zahl zuletzt also deutlich zugenommen. Denn von Anfang 2019 bis Anfang 2020 kamen lediglich 72 Pkw mit Elektroantrieb hinzu. Vor allem ist dies wohl auf die zahlreichen Fördermöglichkeiten wie das NRW-Programm „progres.nrw“ oder die E-Auto-Prämie der Bundesregierung zurückzuführen.

Nur fünf Wasserstoff-Fahrzeuge in Gelsenkirchen

„Dafür, dass uns das Thema Elektromobilität nun schon einige Jahre begleitet, hätten wir dennoch mehr erhofft“, sagt Timo Stiehl, sachkundiger Bürger der Liberalen und verantwortlich für die Anfrage. Diese hatte Stiel eigentlich vorrangig gestellt, um den aktuellen Stand in Sachen Wasserstoffantrieb zu erfragen. Dieser spielt in Gelsenkirchen aktuell aber eine verschwindend geringe Rolle: Lediglich fünf Wasserstoff-Fahrzeuge waren Ende 2020 zugelassen, eine Wasserstoff-Tankstelle existiert hier noch nicht.

Stiehl ist der Ansicht, dass Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) - welche die Wasserstoff-Förderung zur „Chef-Sache“ machen möchte - Gelsenkirchen als Vorreiter-Kommune positionieren sollte. Dass die Hersteller ohne Tankstellen keine Wasserstoffautos bauen wollen, sei zwar genauso verständlich wie die Haltung der Verwaltung, nicht in eine Infrastruktur zu investieren, für die es keinen Markt gibt. „Jemand muss aber den ersten Schritt wagen - und da sehe ich die Stadt in der Verantwortung.“

2021 sind zehn weitere Ladesäulen für Elektroautos in Gelsenkirchen geplant

Es sind Diskussionen, die man bei den Ladesäulen für E-Autos vor Jahren ebenfalls geführt hat. Mittlerweile gibt es in Gelsenkirchen 31 öffentlich zugängliche Ladesäulen mit jeweils zwei Ladepunkten pro Säule, davon eine Schnellladesäule. Für das Jahr 2021 plant die ELE, die mit 24 Säulen den Großteil der Ladeinfrastruktur betreibt, den Bau weiterer zehn Ladepunkte sowie einer weiteren Schnellladesäule.

Wie viele private Ladestationen es gibt, ist für Gelsenkirchen schwer zu beantworten. ELE-Sprecher Peter Efing macht darauf aufmerksam, dass sich Boxen ja nicht nur bei der ELE ordern lassen, sondern auch beim Elektroinstallateur des Vertrauens oder bei Versandhäusern im Netz. Für die ELE-Kunden im Grundversorgungsgebiet Gelsenkirchen, Bottrop und Gladbeck zeigt sich jedoch ein deutlicher Trend: „Von 2017 bis 2020 gab es eine Verzehnfachung bei den Ladeboxen und Ladekabeln.“ Während sich 2017 nur 40 Kunden ausstatteten, waren es 2020 über 400. Darunter sind laut Efing sowohl Privathaushalte als auch gewerbliche Kunden, die etwa ihren Parkplatz für Kunden oder Mitarbeiter ausgerüstet haben.

Grüne: Gespräch mit Unternehmen für schnelleren Ladesäulen-Ausbau suchen

Stadt unterhält 50 E-Fahrzeuge

Die Stadt (inklusive Gelsendienste) selbst unterhält gegenwärtig 595 Fahrzeuge, davon 50 Elektrofahrzeuge und vier gasbetriebene Fahrzeuge. Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb werden aktuell nicht unterhalten.

Im Jahr 2021 ist nach Angaben der Verwaltung die Anschaffung weiterer 25 Elektrofahrzeuge sowie testweise eines wasserstoffbetriebenen Fahrzeuges geplant.

Birgit Wehrhöfer, die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, sieht bei den Ladestationen dennoch Nachholbedarf. Man müsse in Gelsenkirchen nicht darauf warten, dass der „Masterplan Mobilität“ fertig wird. „Bereits jetzt wär es möglich, noch mehr an Unternehmen heranzutreten, welche die Ladeinfrastruktur mit aufbauen könnten.“ Wehrhöfer spricht von Supermärkten oder Wohnungsbauunternehmen, aber etwa auch ambulanten Pflegediensten, die innerhalb des städtischen Gebiets täglich viele kleine Strecken zurücklegen.

Zudem, so Wehrhöfer, müsse Gelsenkirchen bei der Planung der Ladeinfrastruktur strukturierter vorgehen. „Eine gute Idee wäre es, das Stadtgebiet wie die Essener Verwaltung in ein Raster aufzuteilen und innerhalb jeder Zone für Ladesäulen zu sorgen.“ Derartige Konzepte vermisse sie in Gelsenkirchen noch.

Genau hier will Verkehrsreferatsleiter Christoph Neumann ansetzen. „Die Ladeinfrastruktur muss noch einmal zukunftsfest und grundlegender konzipiert werden“, gibt er zu. Dies werde die Stadt im zweiten Halbjahr 2021 anpacken.