Gelsenkirchen. Gelsenkirchen hat 2020 etwa 20 Millionen Euro an Gewerbesteuern eingenommen – ein Rückgang von 71 Prozent. Warum das keine Überraschung ist.

Corona hat vielen Kommunen in Nordrhein-Westfalen ein Loch in den Haushalt gerissen. Das geht aus Zahlen hervor, die das Statistische Landesamt veröffentlichte. Demnach sind die Gewerbesteuereinnahmen in NRW um fast 20 Prozent gesunken. Kassierten die 396 Städte und Gemeinden im Jahr 2019 insgesamt 12,8 Milliarden Euro, sank die Zahl im Pandemiejahr 2020 auf 10,2 Milliarden Euro.

Einen besonders drastischen Rückgang verzeichnete Gelsenkirchen. Etwa 70 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen (2019) schrumpften auf knapp 20 Millionen Euro (2020). Eine Veränderung von -71 Prozent bei einem Steuerhebesatz von 480 in beiden Jahren. Mit diesen Zahlen liegt Gelsenkirchen sogar deutlich unter dem Ruhrgebietsschnitt. In der Region gingen die Einnahmen in dem Zeitraum um –22,6 Prozent zurück.

Bei dieser Kategorie ist Gelsenkirchen Schlusslicht in NRW

Und damit noch nicht genug. Gelsenkirchen belegt zusätzlich den letzten Platz im länderweiten Vergleich, die Einnahmen auf die Einwohnerzahl umzurechnen. Gelsenkirchen nahm 78,71 Euro pro Bewohner ein. Der NRW-Durchschnitt liegt bei 570 Euro pro Einwohner.

Welche Unternehmen genau weniger Gewerbesteuern zahlten, durften bzw. konnten weder die Stadt noch das Statistische Landesamt auf WAZ-Nachfrage sagen. Der beachtliche Rückgang in Gelsenkirchen lässt sich unter anderem möglicherweise dadurch erklären, dass es hier viele relativ kleine Betriebe gibt und nur wenige große Unternehmen, die hohe Steuereinnahmen garantieren würden. Diese kleinen Betriebe waren vermutlich stark von der Pandemie betroffen.

Stadt Gelsenkirchen ist von dem Rückgang der Einnahmen nicht überrascht

Die Stadt selbst ist von den Zahlen nicht überrascht. Durch die Pandemie und die Lockdowns hat Gelsenkirchen bereits seit Längerem mit Einbußen bei den Gewerbesteuern gerechnet. Der erwartete Einbruch wurde in allen Beratungen für den Haushalt 2021 thematisiert, beispielsweise am 17. Dezember des Vorjahres, wie die WAZ berichtete.

Damals hatten Oberbürgermeisterin Karin Welge und Kämmerer Luidger Wolterhoff den Haushaltsentwurf vorgestellt und auf die pandemiebedingten Ausfälle bei der Gewerbesteuer aufmerksam gemacht.

Stadtsprecher Martin Schulmann bekräftigte, dass der Einbruch von rund 71 Prozent keine Auswirkungen auf den aktuellen Haushalt habe.

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Gewerbesteuereinnahmen sinken: So reagiert die Politik

Gelsenkirchen profitiert nun, wie auch andere NRW-Kommunen, vom Gewerbesteuerausgleich. 2,72 Milliarden Euro wurden von der Bundes- und Landesregierung dafür zur Verfügung gestellt. Das ist eine von verschiedenen Maßnahmen seitens der Politik, um Städte und Gemeinden in Corona-Zeiten zu unterstützen.

„Nimmt man beide Zahlen zusammen, steigen die Erträge der Kommunen sogar leicht von 12,8 Milliarden Euro in 2019 auf 13 Milliarden Euro“, sagte NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach über die gesamten Gewerbesteuereinnahmen und den dazugehörigen Ausgleich. Die CDU-Politikerin weiter: „Damit ist das Loch im Eimer nicht mit Stroh, sondern mit Geld gestopft worden.“

Weshalb die Generationengleichheit unter den Maßnahmen leidet

Die Gesetzgebung des Landes erlaubt es den Kommunen zudem, die pandemiebedingten Finanzschäden zu isolieren und in den nächsten Jahrzehnten abzuarbeiten. Bis zum Jahr 2075 werde die Gelsenkirchener Stadtkasse wohl damit belastet. Das wiederum sei das „Gegenteil von Generationengleichheit“, sagte Luidger Wolterhoff schon im Dezember 2020: „Die Entlastung von heute ist die Belastung von morgen.“

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