Gelsenkirchen. Gewerbesteuer-Verluste reißen ein Loch in Gelsenkirchens Finanzen. Trotzdem ist der Haushalt 2021 ausgeglichen - was die Jungen ausbaden müssen.

Die Auswirkungen der zeigen sich in massiven Belastungen für die Gelsenkirchener Stadtfinanzen: Oberbürgermeisterin Karin Welge und der kommissarische Kämmerer Luidger Wolterhoff haben dem Stadtrat am Donnerstag (17. Dezember) den Entwurf für den Haushalt 2021 vorgelegt und dabei insbesondere auf das große Loch aufmerksam gemacht, das der pandemiebedingte Ausfall bei der Gewerbesteuer in die Kassen reißt.

Zwar werde es im kommenden Jahr „kein Spielraum für ein Wünsch-Dir-Was geben“, wie Welge betonte. „Wir werden aber sehr dafür kämpfen, dass wir auch in dieser Situation das Nötige und Richtige finanzieren können – und zwar möglichst ohne Abstriche.“ Investitionen in Bildung und Mobilität, Stadtentwicklung und grüner Wirtschaft seien trotzdem möglich.

Finanzielle Folgen von Corona können auf die nächsten Jahre aufgeteilt werden

Denn: Die NRW-Gesetzgebung erlaubt, die Finanzschäden durch die Corona-Pandemie zu isolieren und in den nächsten Jahrzehnten abzuarbeiten. „Wir können die finanziellen Schäden bis zum Jahr 2024 quasi außerhalb des Haushalts ‘sammeln’ und dann über 50 Jahre abschreiben“, erläuterte Wolterhoff. Der Schaden wirke damit nicht direkt in voller Höhe auf den Haushalt, sondern erst ab 2025 in jährlichen Paketen. Prognostiziert wird eine Belastung bis zum Jahr 2075 über drei Millionen Euro jährlich.

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Dieser Mechanismus ermöglicht auch, dass die Stadt 2021 trotz der Corona-Einbußen einen fiktiv-ausgeglichenen Haushaltsentwurf vorlegen kann. Wolterhoff spricht von „Haushaltsmagie“ - mit Nebenwirkungen. „Ich sag es drastisch: Das ist das Gegenteil von Generationengerechtigkeit“, gab der derzeitige Kämmerer und Sozialdezernent zu. „Die Entlastung von heute ist die Belastung von morgen.“

Welche Investitionen die Oberbürgermeisterin plant

Während also die junge Generation die Corona-Folgen ausbaden muss, will die Stadt zumindest voranging in die Bildung der jungen Gelsenkirchener investieren. OB Welge spricht gar von einer „Bildungsoffensive“. Auf der Agenda stehen: Die Förderung der dualen Ausbildung, die Fortsetzung des Kita-Ausbau, ein Neubau von zwei und die Erweiterung einer Grundschule sowie das Riesen-Projekt der weiterführenden Kulturschule am Schalker Verein.

Weitere Schwerpunkte des Haushalts liegen bei der Stadtteilerneuerung von Schalke-Nord sowie bei der Förderung von nachhaltiger Transformation in der Wirtschaft und Mobilität.

So hoch sind die Schäden durch Corona wirklich

Erträge und Aufwendungen

Die Stadt kalkuliert für 2021 mit Erträgen in Höhe von insgesamt 1,1 Milliarden Euro. Den größten Anteil machen dabei Zuwendungen und allgemeine Umlagen (470,5 Millionen), Steuern und ähnliche Abgaben (263 Millionen) und Kostenerstattungen und Kostenumlagen (159 Millionen) aus.

Die Gesamtaufwendungen für den Haushalt liegen ebenfalls bei rund 1,1 Milliarden Euro. Den mit Abstand größten Teil machen weiterhin die Transferleistungen in Höhe von knapp 513 Millionen Euro aus. Für Sach- und Dienstleistungen werden 265 Millionen Euro aufgewendet, für Personal 192 Millionen Euro.

Vom Bund gibt es bei den Transferleistungen eine Entlastung: Die erhöhte Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft bringt der Stadt rund 30 Millionen Euro. Gleichzeitig erwartet die Stadt 2021 allerdings eine Steigerung der Transferaufwendungen um mehr als 25 Millionen Euro.

Die Haushaltsplanung muss bis März 2021 abgeschlossen sein. Im nächsten Schritt geht er in die Beratung in den Haupt- und Finanzausschuss sowie die Bezirksvertretungen.

Wie viel Neuschulden die Stadt allein wegen Corona machen wird, ist nach Auffassung von Welge und Wolterhoff nicht absehbar. Betrugen die Kassenkredite im Jahr 2019 rund 644 Millionen Euro, sind sie 2020 pandemiebedingt wieder auf 688 Millionen Euro angestiegen. Weitere erhöhte Kreditaufnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsbereitschaft seien zu erwarten, heißt es im Haushaltsentwurf. Die Stadt hat den Höchstbetrag für Kredite, die maximal in Anspruch genommen werden dürfen, deshalb bereits von 800 Millionen auf 900 Millionen Euro erhöht.

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Denn klar ist: Die Schäden durch die Corona-Krise sind immens. Für den Zeitraum 2021 bis 2024 geht die Stadt davon aus, dass es eine pandemiebedingte Haushaltsbelastung in Höhe von insgesamt fast 160 Millionen Euro geben wird. Besonders zurückzuführen ist dieser Schaden auf die großen Einbrüche bei der Gewerbesteuer.

Enormer Einnahmeverlust bei der Gewerbesteuer

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„Für das Haushaltsjahr 2020 hatten wir Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von etwa 110 Millionen angesetzt“, sagte Karin Welge. „Am Ende des Jahres werden es vermutlich nur ungefähr 30 Millionen sein.“ Also nicht einmal ein Drittel der ursprünglich prognostizierten Einnahmen. Im kommenden Jahr kalkuliert das Rathaus dann mit etwa 70 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen, immer noch über 40 Millionen Euro weniger als man es vor der Pandemie gewohnt war.

Auch 2024 wird weiterhin nur mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 81 Millionen Euro gerechnet, also mit einer sich langsam, aber kontinuierlich erholenden Wirtschaft. Aktuell helfen Bund und Land zwar mit einmaligen Ausgleichszahlungen, wie insbesondere das Steuerloch langfristig geflickt werden kann, steht aber auf einem anderen Blatt.