Gelsenkirchen-Buer. Der Einzelhandelsstandort Gelsenkirchen-Buer erlebt einen Rückschlag: H&M schließt, andere Geschäfte wackeln. Ein Überblick.

„Großartiges Design für jeden“: So bewirbt der Mode-Gigant H&M auf seiner Homepage sein Konzept. Zumindest für die Kunden des Standorts Buer dürfte dies künftig mit weiteren Wegen verbunden sein: Wie ein Sprecher auf Nachfrage bestätigte, schließen die Schweden die Filiale an der Hochstraße zum 31. August. Andere Geschäfte wackeln. Trotzdem: Es gibt auch gute Nachrichten für den Einzelhandelsstandort Buer.

Was genau der Hintergrund der Geschäftsaufgabe ist, dazu wollte sich das Unternehmen nicht konkreter äußern. Der Sprecher teilte lediglich mit: „Uns ist es ein grundsätzliches Anliegen, zusammen mit den Vermietern tragfähige Lösungen für die Standorte unserer Geschäfte zu finden, leider war dies in diesem Fall nicht möglich.“

Die Entscheidung, ein Geschäft zu schließen, sei „immer das letzte Mittel“. Bis es zu einer solchen Entscheidung komme, „prüfen wir selbstverständlich alle Möglichkeiten, einen Standort zu erhalten“, heißt es weiter. Buer verliert mit H&M einen wichtigen Frequenzbringer und Anziehungspunkt gerade für junge Kunden zu einem Zeitpunkt, wo der Einzelhandel rund um die Hochstraße ohnehin mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen hat. Unsicher ist auch nach wie vor, ob Saturn an der Marientorpassage schließt. Die Essener Thelen-Gruppe als Vermieter erklärte auf Nachfrage, es sei noch immer „keine finale Entscheidung“ getroffen.

Immobilien-Eigentümer: Kein Standort- oder Betreiberproblem

Bei der Eröffnung der H&M-Filiale in Gelsenkirchen-Buer im Jahr 2009 drängten sich Hunderte Menschen vor dem Laden. Nun, über zehn Jahre später, gibt die Modekette den Standort auf.
Bei der Eröffnung der H&M-Filiale in Gelsenkirchen-Buer im Jahr 2009 drängten sich Hunderte Menschen vor dem Laden. Nun, über zehn Jahre später, gibt die Modekette den Standort auf. © WAZ FotoPool | Dirk Bauer

Immobilien-Eigentümer Gunnar Marx weist den darin zum Ausdruck kommenden Vorwurf, er sei nicht kompromissbereit gewesen, zurück: „Wir schätzen H&M als Mietpartner sehr und haben deshalb seit vielen Jahren sehr um ihn gekämpft. Bereits 2019 haben wir die Miete dort signifikant gesenkt. Auch im letzten Jahr haben wir mehrere wirtschaftlich äußerst interessante Angebote unterbreitet, aber der Markt für Textileinzelhändler hat sich weltweit dramatisch verschlechtert, wovon auch H&M betroffen ist.“

Marx sieht ausdrücklich „kein Standort- und Betreiberproblem: beides ist sehr gut.“ Aber die Branche leide extrem. Den aktuell laufenden, 2019 um zwei Jahre verlängerten Mietvertrag habe das Unternehmen im August 2020 gekündigt, „obwohl es noch eine sehr langfristige Option auf Verlängerung und vor der Corona-Pandemie sehr gute Umsätze am Standort Buer hatte.“ H&M hatte sich 2009 in der Fußgängerzone angesiedelt.

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Nachmieter für H&M ist bereits gefunden

Marx habe mehrfach versucht, H&M an der Hochstraße zu halten und sich deshalb auch um ein Gespräch mit dem Geschäftsführer in Deutschland bemüht – vergeblich. „Es war das schwedische Unternehmen, das gekündigt hat, nicht wir“, betont er und räumt ein, angesichts der hervorragenden Flächenproduktivität überrascht gewesen zu sein.

Schwedische Kette schließt mehrere Filialen im Ruhrgebiet

Anfang Januar war bekannt geworden, dass H&M in Deutschland rund 800 Stellen streichen will – nach Unternehmensangaben rund fünf Prozent aller Beschäftigten der Kette in der Bundesrepublik.

Bereits im Oktober 2020 hatte H&M angekündigt, vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und damit verbundener Umsatzeinbußen sein Filialnetz ausdünnen und den Online-Handel ausbauen zu wollen. 2021 sollen unter dem Strich rund 250 von rund 5000 Filialen weltweit geschlossen werden. Davon betroffen sind etwa auch die Läden in Herne und Bottrop.

Für Buer sei der Verlust von H&M zwar bedauerlich, aber einen Leerstand werde es nicht geben. „Ein Nachmieter ist bereits gefunden.“ Um welchen Einzelhändler es geht, wollte Marx noch nicht sagen. „Aber es handelt sich um eine zukunftsfähigere Branche als Textil, die den Standort Buer bereichern und den Branchenmix vor Ort perfekt machen wird.“

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Interieur-Kette Depot hat Mietvertrag langfristig verlängert, Douglas will bleiben

Noch kurz vor Unterzeichnung des Vertrags mit dem Nachmieter habe er H&M noch einmal die Gelegenheit gegeben, an der Hochstraße zu bleiben. Darauf sei die Kette aber nicht eingegangen. Für den Einzelhandelsstandort Buer sieht er mit dem Nachmieter neue Chancen: „Er bringt deutlich mehr Frequenz in die City als H&M, weil er nicht nur junges Publikum anspricht, sondern Kunden aller Altersklassen. Ein absoluter Gewinn – wir freuen uns sehr auf ihn.“

Das Gerücht, auch das benachbarte Interieur-Geschäft Depot wolle Buer verlassen, bezeichnete Marx als falsch: „Das Unternehmen ist nach meinem Kenntnisstand mit dem Standort Buer und den Umsätzen sehr zufrieden und hat den Mietvertrag bereits 2019 langfristig verlängert.“ Der Anbieter von Dekoartikeln und Wohnaccessoires wollte sich auf Nachfrage der Redaktion nicht äußern.

Gute Nachrichten gibt’s unterdessen von der Parfümerie-Kette Douglas, auch wenn sie derzeit an der Hochstraße keinen Einkauf nach dem Prinzip „click and meet“ mit Terminvereinbarung anbietet: Wie eine Sprecherin gegenüber der Redaktion erklärte, wolle man in Buer bleiben.

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19 Mitarbeiter von der Geschäftsaufgabe in Gelsenkirchen-Buer betroffen

Von der H&M-Geschäftsaufgabe sind nach Angaben eines Sprechers „circa“ 19 Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit betroffen. Ob ihnen eine Kündigung droht oder ob sie in anderen Filialen unterkommen, ist offenbar noch unklar. „Natürlich liegt uns viel daran, so viele Kollegen wie möglich weiter zu beschäftigen“, heißt es. Wegen des „laufenden Prozesses“ könnten derzeit aber noch „keine abschließenden Angaben“ gemacht werden. Letzter Verkaufstag soll der 14. August sein.

Wie die Zukunftsaussichten von H&M am Standort Bahnhofstraße in Gelsenkirchen sind, dazu wollte sich das Unternehmen auf Anfrage nicht äußern. Man befinde sich gerade „in der Silent Period“ (etwa: Verschwiegenheitsphase) und wolle daher keine Angaben „zu Entwicklungen, Trends (und) Spekulationen“ machen.