Gelsenkirchen-Beckhausen. Mit einem Gottesdienst feiert der pensionierte Pastor Gerd Rüsing seinen 75. Geburtstag. Als Pfarrer machte er mobil gegen Rechtsradikalismus.
Als Pfarrer Gerd Rüsing 1996 St. Hippolytus in Horst(-Nord) übernahm, schien die Welt der Gläubigen noch in Ordnung. Von großen Umstrukturierungen war keine Rede, jede Gemeinde im Gelsenkirchener Westen eine Welt für sich. Wo „Rüsings“ Kirche stand, wussten viele Gläubige in Horst-Süd nur so ungefähr: „gegenüber von Deichmann“. Doch so beschaulich sollte es weiß Gott nicht bleiben: In seine Amtszeit bis 2010 fiel 2007 die Gründung der Großpfarrei, erinnert sich der Pastor im Ruhestand. Grund zurückzuschauen, hat er heute genug: Er feiert seinen 75. Geburtstag.
In der Liebfrauen-Gemeinde Beckhausen lebt Rüsing seit neun Jahren, komplett zur Ruhe gesetzt hat er sich allerdings nicht: Jedes Wochenende zelebriert er zwei Gottesdienste, hinzu kommen weitere unter der Woche. „Wir sind mit Pfarrer Wolfgang Pingel und Pastor Bernd Steinrötter ja nur noch drei Geistliche, da geht das gar nicht anders.“ Auch Taufen und Trauungen übernimmt er immer wieder. Aus Pfarrgemeinderat und Pastoralteam will er sich aber nun, mit 75, zurückziehen.
Verantwortung getragen hat er immer gerne und sich auch in seiner fröhlich-humorvollen Art in aktuellen Debatten zu Wort gemeldet. Was Wunder, studierte Rüsing doch nach seinem Abitur 1956 am Schalker Gymnasium Theologie in politisch aufgeheizten Zeiten in Bochum und Münster, las mit Begeisterung Karl Rahner, Walter Kasper und Johann Baptist Metz.
Nach der Priesterweihe am 24. Juni 1971 in St. Josef Ückendorf waren seine Stationen die Gemeinden Mariä Himmelfahrt (Rotthausen), St. Josef Bochum-Wattenscheid, Maria Magdalena Wattenscheid-Höntrop, St. Theresia Essen-Stadtwald und ab 1996 eben St. Hippolytus. Dort brachte er die vom Bistum beschlossene Vereinigung mit Liebfrauen und St. Laurentius (Horst-Süd) mit St. Marien (Essen-Karnap) mit auf dem Weg – eine der ersten Gemeindefusionen über Stadtgrenzen hinweg. „Leicht fiel das den Horstern nicht, neue Wege zu gehen. Auch heute kämpfen besonders Ältere damit. Aber es lässt sich ja nicht ändern“, sagt er.
Angst, sich unbeliebt zu machen, hatte Rüsing nie. Als ein Gläubiger sich beim Bischof beschwerte, der Pfarrer habe eine Gemeindereferentin im Gottesdienst predigen lassen – was verboten war –, verteidigte Rüsing deren Erläuterungen zum Hungertuch in der Fastenzeit mit der Klarstellung: „Das war keine Predigt, sondern eine Erklärung. Das können die Horster sehr wohl unterscheiden.“ Und als Pro NRW im Schloss tagte, erklärte er auf einer Demonstration, in Horst seien alle Freunde des Ortes willkommen, aber nicht jeder sei ein solcher Freund. „Damals gingen die Wellen in den Zeitungen hoch. Aber bei meiner Verabschiedung 1996 hat OB Baranowski mir für mein Engagement gegen Rassismus gedankt.“
Pastor Rüsing feiert seinen Geburtstag am Sonntag, 29. September, 10.30 Uhr, mit einem Gottesdienst in St. Hippolytus. Im Anschluss besteht die Möglichkeit zur Begegnung im Pfarrheim nebenan.