Gelsenkirchen. Die AfD will erneut über das Rats-TV abstimmen und bringt die GroKo in Bedrängnis. Dort sollten sich die Livestream-Gegner endlich erklären.

Teil der populistischen DNA der AfD ist es, lautstark Forderungen aufzustellen, die nicht wasserdicht sind. Mal fordert sie Mitte Dezember, Taxikosten für Weihnachten und Silvester zu erstatten – wohlwissend, dass dies nicht in wenigen Tagen umzusetzen ist. Mal fordert sie, dass sich Gelsenkirchen vom Briefdienstleister Postcon trennt – ohne zu klären, ob der Vertrag derzeit gekündigt werden kann. Bei solchen Forderungen geht es um das polternde Statement an sich, weniger um Konstruktivität, weniger um die Frage, ob eine Forderung seriös und umsetzbar ist.

AfD-Antrag: Kluger Schachzug oder unsportliche Politik?

So ähnlich verhält es sich auch mit dem jüngsten AfD-Antrag, erneut über das gerade erst gescheitere Rats-TV abzustimmen, den man wahlweise als klugen Schachzug oder unsportlich-toxische Oppositionsarbeit bezeichnen kann.

Die AfD hat zwar bedacht, dass sie erst von der Geschäftsordnung des Rates abweichen muss, um das Thema erneut zu behandeln. Aber sie weiß sicher auch, dass es nicht gerade zu den kommunalpolitischen Gepflogenheiten gehört, die Geschäftsordnung mal eben für die Wiederholung einer polarisierenden Abstimmung außer Kraft zu setzen. Hauptsache, die AfD konnte sich als Retter der Transparenz inszenieren – und kann die GroKo weiter vorführen.

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Denn wenn sich CDU und SPD gegen die erneute Abstimmung zum Rats-TV wehren, steht man nur noch mehr da als das Hinterzimmer-Bündnis, als diejenigen, die der Stadtbevölkerung maximal ein retuschiertes Foto auf einem Wahlplakat, aber bloß keinen inhaltlichen Wortbeitrag auf politischer Bühne präsentieren möchten. Und vor allem als diejenigen, die einfach nicht begründen wollen, warum sie gegen mehr Transparenz sind.

Gegner das Rats-TV müssen sich erklären und Argumente liefern

Denn obwohl sich die SPD die Mühe gemacht hat, einen ganzen Katalog an Pro- und Contra-Argumenten aufzustellen. Und obwohl die Rats-TV-Gegner offenbar in der Mehrheit sind: Gezeigt haben sich die Neinsager bis jetzt noch nicht so richtig, man verkriecht sich hinter geheimen Abstimmungen und Befindlichkeiten, bedauert, dass Kritiker des Rats-TV direkt als Geheimniskrämer diffamiert werden.

Dabei gibt es durchaus Argumente gegen das Projekt – zu teuer und aufwendig, zu anfällig für Missbrauch im Netz. Ob diese Argumente am Ende schwerer wiegen als die Herstellung von Transparenz, ob der „steinzeitliche Rat“ mit einer „digitalen Modellstadt“ vereinbar ist, muss am Ende jeder selbst entscheiden. Aber immer dann, wenn sich Politik gegen mehr Transparenz wehrt, sollte sie besonders offensiv und nachvollziehbar erklären, warum sie das tut. Sonst macht sie sich nur unglaubwürdig.