Gelsenkirchen. Rats-TV als Livestream von Gelsenkirchener Ratssitzungen kommt: Nun legen auch SPD, CDU, FDP und Tierschutz hier einen Antrag vor. Die Kriterien:
Von 30 größeren Kommunen im Land streamen bislang zwölf ihre Ratssitzungen live, immerhin 18 nicht. Redebeiträge, Debatten und Abstimmungen lassen sich live im Netz verfolgen. Entscheidungen sollen so transparenter, Ratsarbeit nachvollziehbarer und vielleicht gar interessanter (gemacht) werden. Auch Gelsenkirchen macht sich, nachdem das Thema vor gefühlt einer Dekade erstmals aufploppte, nun auf den Weg. In der Ratssitzung am Donnerstag (4. März, 14 Uhr, Sportzentrum Schürenkamp) werden die Stadtverordneten, mit Punkt 1.1 der Tagesordnung prominent gesetzt, über „Livestream-Übertragungen“ verhandeln und dabei die genaue Ausgestaltung diskutieren.
Gelsenkirchener Grüne: In irgendeiner Form wird das Ratsfernsehen kommen,
Statistik zur Nutzung
Beispiel Gladbeck: Dort gibt es seit 2019 Rats-TV. Im Schnitt wurden Ratssitzungen live 43-mal angeschaut, zeitversetzt kamen 115 User dazu. Die konstituierende Ratssitzung vom 5. November 2020 schauten sich 262 Personen live und 110 zeitversetzt an.
Möglichst sollen für die Umsetzung des Rats-TV in Gelsenkirchen lokale Dienstleister in Anspruch genommen, eine Gebärdendolmetschung angeboten und eine Statistik über die Nutzung geführt werden.
Gelsenkirchener Grüne und die (Satire)-Partei hatten Mitte Februar bereits mit einem eigenen Antrag vorgelegt und wollen mit dem Rats-TV zum 20. Mai auf Sendung gehen. Adrianna Gorczyk, grüne Co-Vorsitzende der Ratsfraktion, hatte damals bereits spekuliert, dass SPD und CDU einen eigenen Antrag für eine „abgespeckte Variante“ vorlegen und prognostiziert: „In irgendeiner Form wird das Ratsfernsehen kommen, da bin ich mir sicher.“ Allzu prophetisch war das nicht. Der Antrag liegt seit dem 2. März vor, wirklich abgespeckt scheint er nicht – doch ist er breiter aufgestellt als gedacht: Neben SPD und CDU tragen ihn auch die FDP-Fraktion und die Ratsgruppe Tierschutz hier!
Contra-Punkte: Der Aufwand und die Kosten sind hoch, der Mehrwert gering
Pro und contra haben die SPD-Parlamentarier in 17 Punkten in einem Kriterienkatalog gegenüber gestellt, Fragen und Bedenken abgewogen. Auf der TV-Plusseite standen beispielsweise: Wir erreichen eine neue Klientel, Ratsmitglieder kommunizieren gezielter, die Kontrolle fällt leichter, die Transparenz wird größer, Streitfragen lassen sich durch eine Aufzeichnung detailgenau klären.
Contra-Positionen: Der Aufwand ist hoch, der Mehrwert gering, Ratsmitglieder verhalten sich unnatürlich, weil sie gefilmt werden, der „Inszenierung“ wird Spielraum eröffnet. Bleiben die Kosten: Mit 4000 bis 4500 Euro pro Sitzung (wenn zum Beispiel Gebärdendolmetscher einbezogen werden) ist zu rechnen. Pro bedeutet hier: Das Geld ist gut im Sinne der Demokratie angelegt. Contra: Bei geschätzt 100 Zuschauern sind die Kosten pro Kopf unverhältnismäßig hoch.
Kriterienkatalog soll den Belangen aller Beteiligten Rechnung tragen
„Die Möglichkeit von Livestream-Übertragungen der Ratssitzungen bietet, gerade unter den aktuellen Gegebenheiten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, einen immensen Mehrwert“, glaubt Julian Pfeifers, Sprecher für Digitalisierung der CDU-Ratsfraktion. SPD und CDU hätten schließlich einen „Kriterienkatalog ausgearbeitet, der den Belangen aller Beteiligten Rechnung tragen wird“.
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So werden die Persönlichkeits- und Datenschutzrechte der Mandatsträgers „unbedingt und uneingeschränkt gewahrt“. Gleichzeitig können sich interessierte Gelsenkirchener die Übertragungen auf der Homepage der Stadt Gelsenkirchen anschauen, die nach Ablauf der Legislaturperiode in Zusammenarbeit mit dem Institut für Stadtgeschichte in Gelsenkirchen archiviert werden.
„Darüber hinaus soll kommunalen und regionalen Bildungs- und Forschungseinrichtungen die Möglichkeit offeriert werden, die Livestream-Übertragungen wissenschaftlich zu begleiten. Gerade dieser Schritt, ist aus unserer Sicht ein Novum, das man so in keiner anderen Stadt findet“, sagt Pfeifers.
Kameraposition blendet Bildschirme elektronischer Geräte oder Notizen aus
Der Antrag von SPD, CDU, FDP und Tierschutz hier! sieht konkret vor, dass allein die Stadt Gelsenkirchen zur Nutzung der Aufzeichnungen berechtigt ist. Potenzielle Rechtsverletzungen sollen durch die Stadt proaktiv verfolgt werden. Die Übertragung, heißt es ferner, „beinhaltet bis zu zwei feste Kamerapositionen, von der eine bspw. eine Totale, die andere das Redepult abbildet. Auf die Wahrung der Persönlichkeitsrechte an sämtlichen Sitzplätzen wird geachtet, etwa indem die Kamerapositionen keine Sicht auf etwaige Bildschirme elektronischer Geräte oder auf die Notizen erlauben.“
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