Gelsenkirchen. Maskenpflicht an Gelsenkirchener Grundschulen auch während des Unterrichts: Wie läuft es und wie geht’s den Kindern damit? Wir haben nachgefragt.

Seit dem 22. Februar gibt es auch für Gelsenkirchener Grundschüler wieder Unterricht in der Schule. Zwar im Wechselmodell und somit eben nicht an allen Tagen in der Woche – aber immerhin, werden viele Eltern sagen und denken. Und es gibt eine weitere Neuerung in diesem Zusammenhang: Die Kinder tragen nun ihre Masken nicht mehr nur auf dem Schulhof, im Flur oder auf dem Weg zum Platz. Sondern auch während des Unterrichts. Wie ist es für die Kinder, über Stunden mit einem Mund-Nasen-Schutz zu lernen? Wir haben nachgefragt.

Eltern berichten: So geht es Gelsenkirchener Grundschülern mit Maske

Zum Hintergrund: Die aktuelle Corona-Betreuungsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen sieht vor, dass alle Schüler, Lehrer oder weiteren Mitarbeiter, die sich im Schulgebäude oder auf dem Schulhof aufhalten, eine medizinische Maske tragen müssen. Also entweder eine OP- oder eine FFP2-Maske.

Es gilt die Ausnahme: „Soweit Schülerinnen und Schüler bis zur Klasse 8 aufgrund der Passform keine medizinische Maske tragen können, kann ersatzweise eine Alltagsmaske getragen werden“, so die Verordnung.

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Doch wie ist die Situation in den Schulen vor Ort, wie läuft es? Man kann sagen: durchwachsen. Da ist der Sechsjährige, der freiwillig an jedem Präsenztag eine FFP2-Maske aufsetzt. Der Erstklässler habe Angst vor einer Ansteckung, berichtet seine Mutter Sabrina Krause*, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Bereits vor Weihnachten musste der Erstklässer in Quarantäne, ein Mitschüler war positiv getestet worden. Dieses Erlebnis möchte er nicht noch einmal haben.

„Hauptsache, die Kinder können wieder lernen“

Die 39-Jährige sieht die Maskenpflicht relativ gelassen. Vielleicht liegt das auch daran, dass ihr Kleiner „noch nie ein Problem mit der Maske gehabt habe“, sagt sie. Dass die Kinder nun wieder – wenn auch nur tageweise – zur Schule gehen können, sei „besser als nichts“: „Hauptsache sie können wieder lernen.“

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Aber da ist auch der Siebenjährige, der unter der Maske mehr schlecht als recht Luft bekommt – weil er Asthmatiker und starker Allergiker ist. Der zu Beginn seiner Schulkarriere, bei seiner Einschulung mit Maske, noch alles hingenommen hat, gemeinsam mit seinem Bruder. Nun aber mehr und mehr verunsichert ist, wie seine Mutter Sandra Beck* berichtet. Er vermisst es, seine Klassenkameraden und seine Lehrer reden, schmunzeln, lachen zu sehen.

Am Ende bleibt es der Lehrkraft selbst überlassen, wie die Maskenpflicht ausgelegt wird

Die beiden Gelsenkirchenerinnen beschäftigt aber vor allem eins: Dass es kein klares Handlungs-Konzept zum Thema Maskenpflicht gibt. Am Ende bleibt es jeder Lehrkraft selbst überlassen, wie sie das Thema Maske im Unterricht auslegt. Und vor allem: über welche Dauer.

Denn: Die Lehrer können entscheiden, dass „das Tragen einer Maske zeitweise oder in bestimmten Unterrichtseinheiten mit den pädagogischen Erfordernissen und den Zielen des Unterrichts nicht vereinbar ist, insbesondere im Sportunterricht oder bei Prüfungen“, heißt es in der Verordnung.

Die Initiative „Laut für Familien“

Die Initiative „Laut für Familien“ ist als ein neues Bündnis aus Mitgliedern der beiden Initiativen „Familie in der Krise“ und „Klage für Bildung“ hervorgegangen.

Das Ziel von „Laut für Familien“: Die Rechte von Familien und Kindern während der Corona-Krise einzufordern. „Als Eltern unterschiedlichster Professionen engagieren wir uns ehrenamtlich, unabhängig und überparteilich für die Bedürfnisse und Rechte von Familien, Kindern und Jugendlichen“, heißt es auf der Homepage der Initiative. Weitere Informationen: lautfuerfamilien.de

„Die Verordnung lässt total viel Interpretationsspielraum“, sagt Svenja Streich, Gründungsmitglied der Initiative „Laut für Familien“ und Vorsitzende des Jugendamtselternbeirates Gelsenkirchen. Und es gibt schlicht keine Dienstanweisung. Svenja Streich führt an: „Wer ist für das Thema Schutz der Gesundheit zuständig?“ Im Zweifel wohl der Arbeitsschutz. Dort ist übrigens genau festgelegt, dass Schüler alle drei Stunden eine Maskenpause einlegen sollten. Svenja Streich bezeichnet die Maske am Platz als „puren Aktionismus“. Und sie gibt zu denken: „Für die Kinder macht das ganz viel“.

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Das Problem: Genau diese Pausen, das können auch Svenja Streich und andere Eltern bestätigen, gibt es nicht an jeder Schule. Tanja Weber* berichtet von ihrem Neunjährigen – in seiner Klasse gebe es keine Maskenpausen, außer um zu essen und zu trinken. Die Zweifach-Mutter sieht es so: Gerade das Tragen einer Maske für die Grundschüler lenke die Kinder viel zu sehr ab. „Das ist eine totale Überforderung für die Kinder und äußerst belastend“, ist der Eindruck, den ihr auch Sohn ihr spiegelt.

Die Kinder sind die Verlierer in der Corona-Krise

Vielen Kindern gehe es halt nicht gut, das hätten auch andere Eltern geschildert. Die Gelsenkirchenerin fordert das Schulministerium auf, klare Angaben zu schaffen. „Die Kinder sind die Verlierer“, sagt sie. Und auch: Dass die Versäumnisse der Politik auf dem Rücken der Kinder ausgetragen würden. Die Kinder gingen komplett verloren. „Mich macht das wirklich wütend – zur Fußpflege oder zum Blumenkauf kann man gehen, geregelt zur Schule aber nicht“, so die Diplomsozialpädagogin. Das sei eine „komplett falsche Prioritätensetzung.“

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Das sieht auch Sandra Beck so: Durch eine Maskenpflicht auch im Unterricht sieht sie die Kinder aus dem Fokus gerückt. Diese Verpflichtung sei „ohne Hand und Fuß“. Und sie fragt: „Warum hat man sich nicht früher Gedanken darüber gemacht?“ Und führt etwa das Beispiel der Luftfilter an.

„Es gibt doch viel mehr Möglichkeiten, sich andere Ansätze zu überlegen“, sagt die 37-Jährige. Etwa auch, die Abstände im Klassenraum noch weiter zu vergrößern. Sie fordert, dass die Regierung, die Politiker, die Verantwortlichen mehr mitdenken. Schließlich seien die Kinder die Haupt-Leidtragenden.

Tanja Webers Wunsch für die nahe Corona-Zukunft, es ist einer, den wohl viele Eltern derzeit hegen: „Dass das Kindeswohl bei politischen Entscheidungen in der Pandemie an erster Stelle steht.“

* Name von der Redaktion geändert. Richtiger Name der Redaktion bekannt.