In Gelsenkirchen wird darüber diskutiert, ob Ratssitzungen im Internet übertragen werden sollen. Ein Kommentar von Matthias Heselmann.
Weil wir gerade unter uns sind: Ja, meistens gibt es für Journalisten spannendere Termine als Rats- oder Ausschusssitzungen. Bisweilen sorgen langwierige Verfahrensfragen dafür, dass sich so eine Sitzung hinzieht, nicht immer sind die Debatten fruchtbar. Die flapsige Frage, die sich angesichts der Diskussion um ein „Rats-TV“ in Gelsenkirchen aufdrängt, lautet also: Wer will das sehen?
Die ganz und gar ernst gemeinte Antwort: Jeder, der sich dafür interessiert, wie Demokratie vor Ort funktioniert. Rats- und Ausschusssitzungen sind zum größten Teil öffentliche Veranstaltungen. Von Corona einmal abgesehen: Jeder, der will, kann sich auf die Tribüne im Hans-Sachs-Haus setzen und sich die Sitzungen anschauen. Warum soll das nicht per Livestream gehen?
Gelsenkirchen als „digitale Modellstadt“ kann sich der Idee kaum verschließen
Die Einwände sind bekannt: Einige Politiker fürchten, dass Redebeiträge, womöglich aus dem Zusammenhang gerissen, ins Netz gestellt und gegen sie verwendet werden können. Vor allem die AfD hat sich in dieser Hinsicht einen zweifelhaften Ruf erarbeitet. Dass sich andererseits die PARTEI für die Übertragung einsetzt, überrascht auch nicht: Ihr bekanntester Vertreter Martin Sonneborn, der im EU-Parlament sitzt, nutzt die Bühne immer wieder für satirische Anfragen und Redebeiträge, gut möglich, dass das seine Kollegen in Gelsenkirchen ähnlich machen werden.
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Dennoch: Gerade Gelsenkirchen, die „digitale Modellstadt“, kann sich der Idee kaum verschließen. Sie schafft Transparenz, kann Vorurteilen à la „Die machen doch eh alles in irgendwelchen Hinterzimmern aus“ begegnen. Und wer beim Zuschauen meint, das sei alles langwierig, mühsam und zäh, dem sei gesagt: Demokratie ist langwierig, mühsam und zäh. Aber gerade deshalb ist sie allen anderen Staatsformen überlegen.
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