Gelsenkirchen. Weihnachten im Gelsenkirchener Gefängnis: Das ist hart. Corona macht es noch schlimmer - doch es gibt ein neues Angebot.
Der Speiseplan klingt gar nicht so übel. An Heiligabend gibt es Schweinshaxe, am ersten Weihnachtstag Schollenfilet, am zweiten Feiertag Wildgulasch. Auf den Verdauungsspaziergang nach dem Essen müssen die Empfänger dieser Mahlzeiten aber verzichten. Ihre Welt endet an diesem Weihnachten nach wenigen Metern an einer hohen Mauer - der Mauer der Gelsenkirchener Justizvollzugsanstalt.
Weihnachten im Knast - das ist schon in "normalen" Jahren nicht einfach, weder für die Menschen hinter Gittern noch für ihre Angehörigen draußen. Doch so wie überall ist Weihnachten 2020 kein normales Fest: Die Corona-Regeln gelten auch und gerade in der Anstalt und sorgen etwa dafür, dass die Besuchsregelungen drastisch eingeschränkt sind. "Und da können wir auch an Weihnachten keine Ausnahme machen", sagt Anstaltsleiterin Elisabeth Nubbemeyer bedauernd.
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Auch in der Gelsenkirchener JVA gibt es Weihnachtsschmuck
Maria Mauch ist Seelsorgerin in der Gelsenkirchener JVA und weiß um die Sorgen und Nöte der Insassen, gerade jetzt zu Weihnachten, einem Fest, das normalerweise ganz im Zeichen der Familie steht. "Das ist eine besondere Zeit hier im Gefängnis", sagt sie. Zu Weihnachten werde den Insassen die erzwungene Trennung von ihren Angehörigen und Freunden noch einmal besonders vor Augen geführt.
Jeder gehe anders mit dieser Situation um. "Einige Gefangene legen Wert auf ein Mindestmaß an Weihnachtsschmuck - gerade in der Frauenabteilung der JVA seien die Zellen und Flure im Rahmen der Vorschriften dekoriert", berichtet Maria Mauch. Genau das sei für andere aber ein Problem. "Es gibt auch Insassen, die so wenig wie möglich an Weihnachten erinnert werden möchten und die hoffen, dass diese Zeit schnell vorbeigeht."
Vor diesen Problemen stehen die Familien draußen
Für die, die Weihnachten feiern wollen, gibt es an jedem Tag einen Gottesdienst. Außerdem werden an den Feiertagen die Umschlusszeiten um zwei Stunden verlängert, die Zeiten also, in denen sich die Insassen gegenseitig auf ihren Zellen besuchen können.
Maria Mauch kennt auch die Sorgen der Menschen draußen. "Die Familien werden ja mitbestraft", sagt sie. "Für viele Kinder heißt eine Freiheitsstrafe für ihren Vater ja, dass der Papa für lange Zeit nicht mehr da ist - und für viele Familien bedeutet das oft auch, dass ein Verdiener oder Hartz-IV-Empfänger ausfällt."
So drastisch wurden die Besuchszeiten eingeschränkt
Corona verschärft die eh schon schwierige Situation an den Feiertagen noch - ein Besuchsbetrieb wie zu normalen Zeiten ist in der Gelsenkirchener JVA schon seit dem Frühjahr nicht mehr möglich. "Unsere größte Sorge war von Anfang an ein Corona-Ausbruch in der Anstalt", sagt Leiterin Elisabeth Nubbemeyer. Bislang habe man das zum Glück vermeiden können.
Geschafft hat man das vor allem durch die drastischen Einschränkungen der Besuche. Hatten Gefangene zuvor das Recht auf zwei Besuche von jeweils 70 Minuten Dauer pro Monat, so ist zurzeit nur noch ein Besuch möglich, und das auch nur durch eine einzige Person - vorher waren maximal drei erlaubt. "Den Besuchsraum haben wir komplett umgebaut", erzählt die Leiterin. Eine Wand aus Acrylglas trennt Gefangene komplett von Besuchern, die Kommunikation findet über Sprechanlagen statt, Händeschütteln oder Umarmungen sind nicht möglich. Gar nicht mehr erlaubt sind sogenannte "Langzeitbesuche", bei denen Gefangene drei Stunden mit ihrer Familie - oder nur mit ihrer Partnerin beziehungsweise ihrem Partner - in einem Extraraum verbringen können.
Dieses neue Angebot macht die JVA ihren Insassen
"Bislang tragen unsere Gefangenen die Einschränkungen mit Fassung", sagt Elisabeth Nubbemeyer, "sie wissen ja auch um den Ernst der Lage." Um den Insassen die Lage etwas erträglicher zu gestalten, geht die JVA seit dem Sommer neue Wege. "Wir haben insgesamt vier Skype-Plätze eingerichtet - zwei für Männer, zwei für Frauen", berichtet die Leiterin. Mit diesem Programm können die Gefangenen mit daheim ein Videogespräch führen - natürlich unter Überwachung durch Beamte. "Das Angebot wird gerne angenommen", sagt Elisabeth Nubbemeyer. Auf diese Weise könnten die Strafgefangene zumindest virtuell für eine kurze Zeit der Anstalt entfliehen und nach Hause kommen.
Schweinshaxe, Scholle, Wildgulasch - das Essen an Weihnachten verdeutlicht, dass es besondere Tage sind, auch im Knast. Es ist aber anzunehmen, dass wohl jeder Insasse dieses Angebot ohne zu überlegen gegen eine Tütensuppe in Freiheit eintauschen würde.
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