Gelsenkirchen. Matthias Schneider ist Gelsenkirchens Mobilitätsmanager. Ganz oben auf seiner Prioritätenliste: die bestmögliche Vernetzung aller Verkehrsmittel.

Während das E-Auto auf der Park-and-Ride-Anlage an der Ladesäule hängt, geht es auf dem Lastenrad weiter zum Großeinkauf in die City: Solche Möglichkeiten soll es nach Vorstellung von Matthias Schneider an viel mehr Orten in Gelsenkirchen geben. Der 36-Jährige ist seit Mai 2020 Mobilitätsmanager im Hans-Sachs-Haus und hat nun konkret gemacht, an welchen Punkten er die Verkehrswende in Gelsenkirchen zuallererst voranbringen möchte. „Wir wollen für die Stadt ein Netz an Mobilstationen konzipieren, über die verschiedene Verkehrsträger miteinander verknüpft sind“, betont der studierte Raumplaner.

„Aus Gelsenkirchen wird man in zehn Jahren keine autofreie Stadt machen“

Was zukunftsweisend klingen mag, ist an vielen Stellen in Gelsenkirchen längst Alltag. Das gibt auch Schneider zu. Denn eine Mobilstation kann auch einfach nur eine Bus-Haltestelle mit einer gesicherten Fahrradabstellanlage sein – und nicht nur ein Punkt, an dem der Umstieg von E-Roller auf Car-Sharing-Elektrowagen gelingen soll. Deswegen sieht es der Mobilmanager nicht nur als Aufgabe, neue Mobilstationen zu schaffen, sondern auch mehr auf bestehende aufmerksam zu machen. „Jeder sollte jederzeit und überall erfahren, welche Verkehrsmittel er wo zur Verfügung hat.“ Das soll in Gelsenkirchen der nahen Zukunft nicht nur per App, sondern auch durch Hinweise auf Stelen in der analogen Welt besser gelingen.

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„Visionäres Denken und realistische Ziele“ nennt Schneider das. Eines dieser Ziele: „Wenn man einen Weg vor sich hat und nicht immer nur direkt ans Auto denkt, ist schon ein enormer Schritt getan.“ Zum Realismus gehört dann aber auch: „Aus Gelsenkirchen wird man in zehn Jahren keine autofreie Stadt machen.“

Ein wichtiges Projekt in Gelsenkirchen: Modellstrecke Kurt-Schumacher-Straße

Das wollen schließlich auch SPD und CDU nicht, die in ihrem jüngst beschlossenen Koalitionsvertrag gewissermaßen den Rahmen vorgeben, in dem sich Matthias Schneider in den nächsten Jahren bewegen wird. Der Mobilität wird in dem Papier viel Platz eingeräumt: Man will alternative Antriebe wie Wasserstoff fördern, den Ausbau von weiteren Radwegen „mit Hochdruck“ verfolgen oder sich für ein einheitliches Ticketsystem im Ruhrgebiet stark machen.

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Besonders konkret wird es im Koalitionsvertrag mit Blick auf die Kurt-Schuhmacher-Straße . Die Koalitionspartner wollen sie zu einer „Modellstrecke“ machen, „die heutige, technologisch veraltete Vorrangschaltung in eine intelligente Verkehrslenkung überführen“ und dabei eine bessere Nord-Süd-Verbindung schaffen. Mobilitätsmanager Schneider listet die künftige Vorzeige-Straße als eines der Projekte, mit dem er sich seit seinem Dienstantritt prioritär befasst.

Ein Blick in die Glaskugel: Gelsenkirchens Mobilität in zehn Jahren

Das Mobilitätskonzept

Im Frühjahr 2020 wurde damit begonnen, den Masterplan Mobilität zu erarbeiten. Einer der ersten Schritte sollte es dabei sein, eine Befragung bei rund 13.000 per Zufall ausgewählten Gelsenkirchener Haushalten über ihr Mobilverhalten durchzuführen.

Wegen des Corona-Lockdowns wurde die Befragung gestoppt und auf August und September verschoben. Nun will man die Ergebnisse der Diskussion in einem Arbeitskreis diskutieren, um sie später der Öffentlichkeit mitzuteilen. Mit einem ersten Entwurf des Masterplans ist laut Stadt Mitte 2021 zu rechnen.

Die klimapolitischen Leitlinien des Koalitionsvertrags wiederum orientieren sich an anderen Konzepten, die in der Stadt entwickelt werden oder bereits entwickelt worden sind. Es gibt den bestehenden Green City Plan für bessere Luftqualität sowie den Masterplan Mobilität und das Klimakonzept 2030/2050 , an denen derzeit jeweils gearbeitet wird. „Rein formell ist der Masterplan ein Teilkonzept des Klimakonzeptes, sozusagen das Verkehrskapitel dieses Konzeptes“, erläutert Christoph Neumann, Leiter des Verkehrsreferats.

Als Mobilitätsmanager ist Matthias Schneider an dem Masterplan Mobilität natürlich besonders beteiligt. Eine seiner Rollen bei der Entwicklung des Plans: Die Ergebnisse und Zwischenschritte nach außen zu kommunizieren. Und hier soll in den kommenden Monaten vor allem etwas getan werden. Im monatlichen „ Mobilitätsmontag “ will Schneider in kurzen Videos Fragen der Fortbewegung diskutieren. In der ersten Folge dreht es sich vor allem um ihn und die Frage, was so ein Mobilitätsmanager überhaupt tut – und wie es wohl in zehn Jahren um die Mobilität in Gelsenkirchen bestellt ist. „Wir werden eine sehr fahrradfreundliche Stadt sein“, prophezeit Schneider. „Und wir werden das Thema vernetzte Mobilität viel stärker durchdrungen haben.“