Gelsenkirchen-Buer. In einem Projekt befassen sich die Vorschulkinder der Kita Niefeldstraße in Buer spielerisch mit Tod und Trauer. Was es so besonders macht.
Die fünfjährige Consu hat sich aus dem hellbraunen Koffer mit weißen Nähten einen Stein geschnappt. „Mein Opa hat immer Steine aus dem Urlaub mitgebracht und daraus Ohrringe gemacht“, erzählt das Mädchen den anderen und Betreuerin Manuela Damnjanovic, während es mit der Hand die Haare zur Seite schiebt und das Exemplar zeigt. Erst kürzlich ist ihr Opa verstorben. Das kleine Steinchen, das an ihrem Ohr baumelt, erinnert sie aber ständig an ihn.
So wie Consu verbindet auch Binak (6) mit bestimmten Gegenständen etwas mit seinem Großvater. Er hat ein Spielzeugauto und einen Fotoapparat aus dem Koffer geholt: „Er hat gerne fotografiert und hatte eine Werkstatt.“ Auf diese Art und Weise machen die Vorschulkinder der Kita Niefeldstraße in Buer die ersten Erfahrungen mit dem Thema Tod und Trauer.
Gelsenkirchen: Projektwoche in der Kita Niefeldstraße findet zum neunten Mal statt
Zum mittlerweile neunten Mal geht dieses Projekt über die Bühne, das von Andreas Mäsing, Geschäftsführer der Friedhofsgärtnergenossenschaft, begleitet wird. „Die Kinder sollen spielerisch und unbeschwert an diese Themen herangeführt werden“, sagt Kita-Leiterin Annette Fischer.
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Spaß und Eifer sind auch an den verschiedenen Stationen unübersehbar. „Es geht alles Hand in Hand“, betont Erzieherin Ann-Christin Timmerhaus lachend: „Drüben werden noch Kerzen und Blumen gebastelt.“ Die wiederum kommen dann zur Verschönerung auf den mit Holzklötzen selbst gebauten Friedhof, berichtet sie, während ihr ein Mädchen erklärt, dass noch Toiletten für den Friedhof gebaut werden müssen. Ein Parkplatz für die Autos soll später auch dazukommen.
Der Friedhof wächst stetig
Mira, Frida und Lina (alle fünf) tüfteln derweil an einem Blumenladen aus Bausteinen. In der Auslage funkeln blaue und rosafarbene Sterne. „Das ist der Schmuck für die Blumen“, sagt Mira. Ein Verkäufer und Kundschaft in Form von Spielfiguren dürfen natürlich auch nicht fehlen. Die drei machen einen kleinen Rundgang über die Fläche: „Das ist ein Behälter für das Laub und da hinten steht die Kapelle mit den bunten Fenstern. Und die Leute gießen hier die Blumen oder gehen Spazieren.“ Dazwischen stehen überall verstreut die – unter der Anleitung von Ramona Stachowitz – von den Kindern mit bunten Wachsformen verzierten Kerzen.
Insgesamt 28 Kinder machen bei dem zweiwöchigen Projekt mit. Alle durchlaufen die einzelnen Stationen. „Der Friedhof ist kontinuierlich gewachsen. Angefangen haben wir hinten an der Wand. Aber jedes Kind hat noch mal eine andere Idee. Jetzt sind wir mitten im Raum. Langsam werden die Bausteine knapp“, berichtet Ann-Christin Timmerhaus.
Doch wie stehen eigentlich die Eltern zu diesem Projekt? „Es ist wichtig, sie ins Boot zu holen. Klar gibt es anfangs welche, die skeptisch sind. Aber hinterher sind sie meist erleichtert und geben eine positive Rückmeldung“, erläutert Leiterin Annette Fischer. Es bringe zudem nichts, das Thema Sterben totzuschweigen.
Corona beschert Kindern eine Hausaufgabe
In diesem Jahr mussten die Kinder noch eine spezielle Aufgabe erfüllen. Normalerweise geht die Gruppe gemeinsam auf den Friedhof in Hassel. Das war wegen Corona jedoch nicht möglich. Also bekamen die Kinder eine Hausaufgabe. Sie mussten mit ihren Eltern auf den Friedhof gehen, fünf Aufgaben lösen und davon ein Foto mitbringen.
Der Ursprung der Projektphase
Das Projekt sei von der Kita damals angestoßen worden, als der Vater eines Kindes sich das Leben nahm, berichtet Leiterin Annette Fischer. Danach habe man sich gefragt, wie man mit dem Thema Tod umgehen und es ansprechen kann.
Seit diesem Vorfall findet einmal jährlich diese Projektphase statt – jeweils Ende Oktober/Anfang November.
Die fertigen Arbeiten hängen nun alle an einer Pinnwand. Michel (6) präsentiert ganz stolz sein Werk. Auf einem blauen Karton hat er einen Maulwurf, Vögel, Blumen und Bäume aufgeklebt. Einen Grabstein hat er ebenfalls beschriftet. Das waren seine Eindrücke eines Friedhofbesuchs. Auch die anderen haben positive Erinnerungen festgehalten – Consu hat sie mit ihrem Ohrring immer dabei.