Gelsenkirchen-Buer. Siegbert Panteleit begrünt sein Haus mit System und lernt ständig dazu. Er versichert: Klimaschutz daheim ist leichter als man glaubt.

Zwei Eingangstüren hat das Haus und zu jeder führt eine hölzerne Brücke. Darunter ist ein kleines Feuchtgebiet. Weil es so viel geregnet hat in den vergangenen Tagen und das Wasser nicht in die Kanalisation fließt, sondern auf dem Grundstück entsorgt wird. An der einen Seite sorgt ein großer Ilex für viel Grün. Er wächst an der Fassade hoch. „Das schadet dem Mauerwerk nicht. Zudem ist der Ilex immergrün, bietet Lebensraum für Tiere, kühlt im Sommer und schafft hier ein gutes Kleinklima“, sagt Siegbert Panteleit. Sein Haus am Rande von Buer ist ein Paradebeispiel sinnvoller, aber auch einfacher Gestaltung grüner Bauten.

https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/10-gruende-den-gelsenkirchen-newsletter-gratis-zu-abonnieren-id230667312.htmlAuf der Terrasse gibt es noch mehr Beispiele. Auch sie ist ein hölzerner Aufbau. Darunter wird das Regenwasser abgeleitet zum kleinen Gartenteich. An einer Stelle wächst eine Pflanze mit großen Blättern an der Fassade hoch. „Das ist eine Pfeifenwinde, die schlingt sich um einen Gegenstand“, erklärt der gelernte Gärtner und studierte Gartenarchitekt. In einigen Metern Höhe hat er Haken ins Mauerwerk gedreht, von dort aus Drähte nach unten gespannt. An ihnen hält sich die Pfeifenwinde fest. Das Mauerwerk blieb unbeschädigt bei dieser so einfachen Form der Fassadenbegrünung. Denn: „Im Grunde reicht ein Kübel mit einer Pflanze, die an ein paar Drähten in die Höhe wachsen kann.“ Kostenaufwand: „Wenige Euros.“ Das Ergebnis aber nutzt dem Klima, den Tieren und dem Menschen. Noch eine schöne Idee: „Man kann auch mit Spalierobst seine Fassade begrünen. Da gibt es in Süddeutschland gute Beispiele. Das finde ich auch toll.“

Schon beim Bau vor 40 Jahren auf Grün gesetzt

Fassadenbegrünung geht auch ohne direkten Kontakt zur Mauer.  Panteleit hat an seinem Haus ein simples, aber effektives Prinzip umgesetzt.
Fassadenbegrünung geht auch ohne direkten Kontakt zur Mauer. Panteleit hat an seinem Haus ein simples, aber effektives Prinzip umgesetzt. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Schon als Siegbert Panteleit vor vierzig Jahren sein Haus baut, setzt er auf Grün am Bau, legt einen Dachgarten an – und erfährt hier ganz direkt die Folgen des Klimawandels. Einstmals setzt er etwa auf kleine Kiefern in Kübeln. Nur eine davon hat überlebt. „Die halten den Hitzestress nicht mehr aus.“ Die Folgen mehrerer Extremsommer sind hier augenscheinlich. „Zu diesen Zeiten herrschen auf einem Dach rund siebzig Grad.“

Moderne Materialien machen es leicht

Also gestaltet der Bueraner in diesem Jahr sein Flachdach neu, bedient sich dabei moderner Materialien. „Die machen es einem sehr einfach“, erzählt er, dass eigentlich jeder Besitzer eines Flachdaches hier aktiv werden könne. Zunächst bedarf es einer wasserdichten Folie, dann folgt eine rund zwanzig Zentimeter dicke Basaltschicht. „Dadurch senke ich die Temperatur erheblich und halte das Wasser zurück. Das sickert langsam ab und verdunstet zu einem großen Teil. Dadurch entsteht ein weiterer Kühleffekt.“ Die große Dachfläche ist für Siegbert Panteleit, der sein hier erworbenes Wissen auch beruflich in der Stadtentwicklung nutzt, ein Experimentierfeld. In verschiedenen Substraten wachsen verschiedene Pflanzen, alle aus der Familie der Sedum-Gewächse. Die sind nicht umwerfend schön, aber seien zweckmäßig, so der Fachmann. „Ich habe rund dreißig Sorten ausgewählt und teils ausgesät, teils als Stecklinge eingebracht und zum Teil als Pflanzen.“ Der Vorteil: „Diese Arten blühen vom Frühjahr an bis in den Herbst hinein. Für Insekten bieten sie eine wertvolle Nahrung.“

Fassadenbegrünung ohne die Mauer zu beschädigen

Auf dem Dach blüht nahezu ganzjährig etwas. Zur Freude der Insekten.
Auf dem Dach blüht nahezu ganzjährig etwas. Zur Freude der Insekten. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Hier oben ist Siegbert Panteleit ganz in seinem Element. Spürbar ist seine Begeisterung für solche Maßnahmen, die nicht nur ökologisch so sinnvoll sind, sondern auch die individuelle Lebensqualität erhöhen. „Mir ist schon klar, ich kann mit meinem Dach nicht die Welt retten. Aber wenn das jeder machen würde“, wünscht er sich mehr begrünte Dächer. „Der Blick von oben auf Buer herunter ist eine Katastrophe. Dabei hat jeder die Möglichkeit, etwas für den Klimaschutz zu tun.“ Angefangen vom Kübel, der eine Fassadenbegrünung möglich macht, bis hin zum Dachgarten. Für diesen sei übrigens einmalig mit Kosten von 25 Euro pro Quadratmeter zu rechnen. Je nach Bepflanzung könne es auch etwas teurer werden. Viel Arbeit mache ein solcher Dachgarten auch nicht. „Einmal im Jahr muss man wild ausgesäte Bäume entfernen.“

Zuschüsse möglich

Ein Ausbau der Begrünung auf privaten Flächen wird in Gelsenkirchen goutiert und vielfach auch gefördert. Informationen dazu gibt es online unter gelsenkirchen.de oder bei den drei Klimaschutzmanagern des Umweltreferates.

Zudem vergibt die KfW Kredite und Zuschüsse. Kleinere Maßnahmen, wie die Schlingpflanze im Kübel, könne aber tatsächlich jeder für kleines Geld realisieren, der einen Garten hat – oder einen Balkon, versichert Panteleit. Auch der nämlich kann zur grünen Oase werden.

Warum also ist Grün am Bau nicht der neue Trend? Das komme noch, meint Panteleit. „Im Moment sind wir im Umbruch.“ Menschen würden wach gerüttelt. Systeme seien im Wandel. „Langsam merken die Menschen, den Klimawandel kann man nicht wegreden.“