Gelsenkirchen. Nach einer halbjährigen Pause dürfen Prostituierte in Gelsenkirchen wieder arbeiten. Wie läuft das Geschäft mit Maske? Ein Unternehmer berichtet.

Eine Woche nach Inkrafttreten der Corona-Regeln für die Sex-Arbeit läuft der Betrieb in den Gelsenkirchener Betrieben langsam wieder an. „Wer jahrelang bei einer Prostituierten Kunde war, nimmt eine Maske zwar in Kauf, um sie wiederzusehen“, sagt Hans-Jürgen Trost, der nach eigener Aussage seit über zehn Jahren 25 Apartments Im Sundern und an der Horster Straße vermietet. Insgesamt seien diese derzeit aber nur zur Hälfte ausgelastet. „Viele Kunden sind verunsichert und verängstigt“, so Trost.

Nachdem ein Kölner Erotik-Massagestudio erfolgreich gegen die coronabedingten Schließungen geklagt und das OVG Münster am 8. September das Verbot von sexuellen Dienstleistungen in NRW per Eilbeschluss gekippt hatte, machte die Landesregierung eine Woche später die neuen Infektionsschutzregeln für die Betriebe bekannt. Darin werden unter anderem die Maskenpflicht beim Sex, die 15-minütige Durchlüftung nach jedem Kundenbesuch, das Verbot von Oral- oder Gruppenverkehr oder die Aufnahme der Kundendaten bei jedem Besuch festgeschrieben.

Sex-Unternehmer: Viele Frauen haben im Ausland weitergearbeitet

Der Unternehmerverband des Erotik-Gewerbes zeigte sich zwar erleichtert über die Lockerungen, beklagt aber, dass viele Prostituierte durch das halbjährige Verbot in die Illegalität abgedriftet und organisierte Kriminalität gefördert worden seien. „Es liegen keine Hinweise auf organisierte kriminelle Strukturen im Zusammenhang mit coronabedingten Prostitutionsverbotsverstößen vor“, gibt die Polizei in Gelsenkirchen auf Nachfrage Entwarnung. Auch die städtische Gewerbeaufsicht habe in Zusammenarbeit mit der Polizei seit März lediglich in fünf Fällen ein Verstoß gegen das Sexarbeit-Verbot ahnden müssen, heißt es aus dem Rathaus.

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Dabei sei ausgiebig kontrolliert worden, so zumindest der Eindruck von Sex-Unternehmer Hans-Jürgen Trost. „Ich habe das Ordnungsamt noch nie so oft vor meiner Tür gesehen in den letzten Wochen“, sagt Trost, der von sich selbst sagt, er sei „sehr interessiert daran, einen sehr sauberen Laden zu führen.“ Für die Kontrollen habe er Verständnis – nicht aber dafür, dass in seinen Augen viele Prostituierte während der Corona-Krise alleingelassen worden sind.

Weniger Bordelle seit 2017

Laut Stadt ist in Gelsenkirchen lediglich die Grimbergsauna an der Grimbergstraße nach dem Prostitutionsschutzgesetz als Bordellbetrieb registriert. Dort sei das Sexarbeit-Verbot eingehalten worden.

„Es gab mal mehr Betriebe, die sind aber mit der Einführung des Gesetzes 2017 geschlossen worden“, so Stadtsprecher Martin Schulmann. Man habe die seitdem geltenden harten Auflagen entweder nicht erfüllen können oder wollen.

„Keine Frau, mit der ich zusammenarbeite, hat die Hilfe für Solo-Selbstständige erhalten“, behauptet er. „Eine grandiose Unverschämtheit“. Obwohl die Anträge für die 9000 Euro Soforthilfe ordnungsgemäß eingegangen seien, seien die Frauen gebeten worden, sich ans Sozialamt zu wenden. Die attraktivere Option sei da für manche Damen gewesen, sich vorübergehend Richtung Ausland umzuorientieren. Auch deswegen laufe seine Vermietung nur langsam wieder an. „Ich habe eine internationale Truppe“, sagt er. „Viele kommen aus Polen, manche aber auch aus Thailand oder Peru und konnten deshalb noch nicht wiederkommen.“

Fehlende Kundschaft auch auf langer Sicht

Damen, die in Deutschland geblieben sind, habe Trost dagegen ermöglichen können, sechs Monate kostenlos in seinen Appartements zu leben. „Ich konnte das stemmen, weil ich gewisse Rücklagen habe und den Großteil der Grundstücke abbezahlt habe“, sagt er. Nicht vorstellen will er sich dagegen, wie die Situation für Pächter oder Neueinsteiger im Geschäft ausgesehen haben muss. „Aber man kann ja nicht alle Leute in den Konkurs treiben, mit denen man jahrelang gut zusammengearbeitet hat.“

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Dass sich das Geschäft jetzt schnell wieder erholen wird, daran glaubt Trost nicht. „Die Zurückhaltung wird anhalten, da sich Kunden in Kurzarbeit den Bordellbesuch wohl eher verkneifen werden“, befürchtet er. „Dabei haben wir ja ohnehin eine schwache Kaufkraft in Gelsenkirchen.“ Zur fehlenden Kundschaft komme die finanzielle Mehrbelastungen für die Prostituierten hinzu. „Sie schleppen inzwischen literweise Desinfektionsmittel-Kanister aus den Apotheken heraus.“

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