Gelsenkirchen-Bismarck. Seit vielen Jahren kümmert sich ein Förderverein ums Bahnwerk in Gelsenkirchen-Bismarck. Jetzt will der RVR, dass der Verein das Werk verlässt.
Paul Lindemann hat eine Vision. Das Bahnwerk Bismarck in Gelsenkirchen, so sein Plan, soll aus seinem Dornröschenschlaf geholt werden. „Bahnpark Bismarck“ heißt das Projekt, in dem alten Bahnwerk sollen Veranstaltungen stattfinden, es soll eine Gastronomie geben, Besucher können etwas über die Geschichte des Gebäudes lernen, eventuell würden sogar Touristen im Bahnwerk übernachten. Jetzt sieht Paul Lindemann seinen Plan allerdings konkret bedroht: Dem Förderverein „Freunde des Bahnbetriebswerks Bismarck“, dessen Vorsitzender Paul Lindemann ist, droht der Hinauswurf aus dem Bahnwerk.
Ende Juli hatte der Verein Post vom Regionalverband Ruhr (RVR) bekommen – genau gesagt, der Anwalt des Vereins, Heinz-Dieter Heescher. Seit 2002 ist der RVR Eigentümer des Bahnwerks, die Bahnwerkfreunde haben seit 1994 als „Mieter mit Duldung“ ihren Sitz in dem Gebäude. In dem Schreiben werden die Bahnwerkfreunde jetzt aufgefordert, das Bahnwerk bis zum 18. September zu räumen. Eine Nutzung der Flächen werde nicht mehr geduldet, schreibt der RVR.
Darum streiten sich RVR und die Gelsenkirchener Bahnfreunde
Für Lindemann ist das Schreiben ein Schlag ins Gesicht: Schließlich hätten er und seine Vereinsfreunde sich jahrzehntelang liebevoll um das Industriedenkmal gekümmert, hätten Ausbesserungsarbeiten erledigt und Vandalismusschäden beseitigt. „Wir arbeiten hier schon so lange“, beschwert sich Lindemann, „und der RVR hat sich kaum einmal hier blicken lassen.“
In den riesigen Hallen des Bahnwerks haben die Bahnfreunde einige Schätzchen zusammengetragen. Dazu gehören Lokomotiven, Waggons, aber auch zahlreiche Einzelteile, die in mühsamer Kleinarbeit wieder auf Vordermann gebracht werden. Bereits im vergangenen Jahr hatte es Ärger mit dem RVR gegeben: Damals hatte der Verband einen Raum, den die Bahnfreunde als Lager benutzt hatten, räumen lassen, die Gegenstände aus dem Lager wurden in der großen Halle auf einen Haufen gelegt.
Die Miete können die Bahnfreunde aktuell nicht bezahlen
Bei dem aktuellen Streit geht es zum einen um eine Mietforderung des RVR – zum andern aber auch um die grundsätzliche Frage, ob und wie die Zusammenarbeit zwischen RVR und Verein geregelt wird. Der RVR will zunächst einmal 2000 Euro Miete von den Bahnfreunden haben, Geld, das in der Vereinskasse nicht vorhanden ist. Anwalt Heinz-Dieter Heescher schüttelt den Kopf: „Ich finde es unglaublich, dass der RVR so große Geschütze auffährt wegen einer Summe, die für den RVR eigentlich unerheblich, für den Verein aber zurzeit nicht zu stemmen ist“, sagt er.
Die Grundlage dafür, dass sich die Bahnfreunde im Bahnwerk aufhalten dürfen, sei ein „uralter“ Vertrag, berichtet Heescher. „Rein rechtlich haben wir da schlechte Karten“, gibt der Anwalt zu. Gerne würde er mit dem RVR einen neuen Vertrag aushandeln – „es hat aber keinen Sinn, mit denen zu sprechen, wenn sie auf ihrer Mietforderung beharren“, sagt Heescher. Er weist auch noch einmal auf die viele Arbeit hin, die die Bahnfreunde ins Bahnwerk gesteckt hätten: „Eigentlich müssten die jede Woche einen Blumenstrauß vom RVR bekommen!“
Beim RVR sieht man dagegen die Bahnfreunde in der Pflicht – die hätten jegliche Kommunikation mit dem Verband eingestellt, beklagt RVR-Sprecher Jens Hapke. „Wir haben mehrfach versucht, die Zusammenarbeit auf eine vertragliche Grundlage zu stellen, das ist zu unserem Bedauern nicht zustande gekommen“, so Hapke. Für den RVR stelle die derzeitige Situation einen „rechtsfreien Raum“ dar: „Das können wir so nicht dulden“, so Hapke, „wir brauchen einen vertragliche Grundlage.“
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