Gelsenkirchen-Buer. Michael Scharnowski ist neuer Schulleiter am Leibniz-Gymnasium in Gelsenkirchen-Buer. Corona stellt die Schule vor große Herausforderungen.
Wenn Michael Scharnowski an seinem Schreibtisch sitzt, fällt sein Blick auf die Uhr an der Wand. Auf ihr stehen nicht die Zahlen von 1 bis 12, sondern jede Zahl ist in eine Rechenaufgabe verpackt, die gelöst werden will. Die Uhr stammt noch von Konrad Fulst, Scharnowskis Vorgänger im Amt des Schulleiters am Leibniz-Gymnasium.
Fulst war Mathelehrer, na klar, die Uhr ist ein Insider-Witz für Mathematiker. Scharnowskis Vorliebe drückt ein Bild aus, das hinter seinem Schreibtisch steht und noch aufgehängt werden muss. „Irish Writers“ heißt es, es zeigt die Köpfe irischer Schriftsteller von Oscar Wilde über James Joyce bis Samuel Beckett. Als Lehrer für Englisch und Geschichte sind sie ihm deutlich näher als die Mathe-Uhr.
Großes Lob für die Lehrer am Gelsenkirchener Gymnasium
Oberstudiendirektor Scharnowski tritt sein Amt als Schulleiter des buerschen Gymnasiums in unruhigen Zeiten an: Wenn heute das neue Schuljahr beginnt, dann wird es ein erster Schultag sein, wie ihn noch kein Lehrer, kein Schüler und kein Direktor erlebt hat. Corona stellt die Schule vor große Herausforderungen, und so konnte Scharnowski sein neues Kollegium gleich unter Volldampf erleben. „Ich habe unglaublich engagierte Kolleginnen und Kollegen gesehen“, lobt der Pädagoge. „Wir haben einen riesigen Aufwand betrieben, um eine Lernumgebung vorzubereiten, die funktioniert.“
So viel Unterricht wie möglich soll in der Schule stattfinden, sagt Scharnowski. Seine Kollegen und er seien aber auch darauf vorbereitet, Fernunterricht zu erteilen. „Wir haben uns intensiv mit der entsprechenden Software beschäftigt – und uns auch überlegt, wie wir mit Schülern umgehen, die zuhause nicht die Möglichkeiten haben, ins Internet zu gehen.“ Er ist sich sicher: „Wenn ein zweiter Lockdown kommt, sind wir besser vorbereitet als im März.“
Scharnowski hat schon in Cottbus, Oberhausen und Dublin unterrichtet
Von Corona abgesehen, freut sich der 57-Jährige auf seine neue Aufgabe. „Seit 2000 lebe ich in Buer, und es war schon immer mein Wunsch, an diese Schule zu kommen.“ Das Gebäude sei „ein Traum“, sagt er: „Wenn man auf den Dachboden geht, hat man fast das Gefühl, man sei in einem Harry-Potter-Buch.“
Seine pädagogische Laufbahn begann der gebürtige Wuppertaler in Cottbus, wo er von 1995 bis 2000 am Aufbau eines neuen Gymnasiums beteiligt war. 2000 kam er ans Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium: „Damals habe ich Buer für mich entdeckt und entschlossen, länger hier zu bleiben.“ Allerdings zog es ihn doch noch einmal ins Ausland. Als Student hatte Scharnowski zwei Jahre am University College Dublin verbracht, und als sich die Gelegenheit ergab, an der dortigen Deutschen Schule zu unterrichten, ging er für drei Jahre dorthin. Irland, sagt er, wurde ihm zur zweiten Heimat.
Leibniz-Gymnasium bleibt Mitglied im Mint-EC-Netzwerk
Vor seinem Wechsel zum Leibniz Gymnasium war Scharnowski am Sophie-Scholl-Gymnasium Oberhausen tätig, außerdem kümmerte er sich am „Zentrum schulpraktische Lehrerausbildung“ in Oberhausen um den schulischen Nachwuchs. Vor allem der Austausch mit anderen Ländern liegt ihm am Herzen. „Es ist wichtig, den Schülern viele Möglichkeiten zu geben, andere Kulturen zu erleben“, sagt er. „Fremdsprachen erweitern den Horizont, und wenn junge Menschen dorthin fahren, wo man sie spricht, dann sind sie nicht länger nur ein abstraktes Schulfach.“ Dass er dabei auch an Irland denkt, ist natürlich kein Wunder.
Das heiße aber nicht, dass die Naturwissenschaften in den Hintergrund treten. Auch unter ihm bleibe das Leibniz Mitglied des nationalen Excellence-Schulnetzwerks Mint-EC – unter „Mint“ sind die Fächer Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zusammengefasst. Er kann sich gut eine Kombination der beiden Ausrichtungen vorstellen. „Ich würde gern den bilingualen Unterricht weiter ausbauen – warum nicht Biologie oder Chemie auf Englisch unterrichten?“
Diese Bücher liest der Schulleiter, wenn er entspannen will
Buersche Schule mit Tradition
Das Leibniz-Gymnasium ist das Gymnasium mit den meisten Schülern in Buer. Das Schulgebäude an der Breddestraße stammt aus dem Jahr 1908. Zunächst war dort das Hindenburg-Gymnasium untergebracht, das 1954 in Max-Planck-Gymnasium (MPG) umbenannt wurde. Als das MPG 1966 an die Goldbergstraße umzog, entstand im alten Gebäude das neue Leibniz-Gymnasium, das 1968 seinen Namen erhielt.
Wenn er einmal entspannen will, geht Scharnowski laufen – oder greift zum Buch. Dabei haben es ihm vor allem die englischen Schriftsteller des 18. und 19. Jahrhunderts angetan: „Mir gefallen die beschaulichen Schilderungen des Lebens auf dem Land“, sagt er, und schaut noch einmal hoch zur Mathe-Uhr. „Ich glaube, die hänge ich demnächst mal ab.“
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