Buer. Konrad Fulst geht als Leiter des Leibniz-Gymnasiums Buer in den vorzeitigen Ruhestand. Er setzte nachhaltige Impulse, etwa in Sachen Mint.

Schule ist eine Baustelle: Kaum mehr Lehrer in Buer haben das in den letzten Jahren so buchstäblich zu spüren bekommen wie die am Leibniz-Gymnasium. Mittendrin: Leiter Konrad Fulst, der Unterricht, Prüfungen und Feiern um Handwerkerströme, Lärm und freigelegte Böden herum zu organisieren hatte. Künftig muss das sein Nachfolger erledigen. Fulst (64) geht nach zehn Jahren an der Breddestraße zum Schuljahresende in den vorzeitigen Ruhestand. Wohlgemerkt nicht als Baustellen-, sondern als Schulleiter -- der nachhaltige Schwerpunkte setzte.

„Mit den technischen Fragen des Umbaus war ich nicht als Verantwortlicher befasst. Aber natürlich gab es immer wieder Planungs-Besprechungen mit der Stadt. Es musste ja geregelt werden, in welche Räume die Klassen ausweichen und wie viele Umzugskartons wann benötigt würden. Das hat über die Jahre viel Arbeitszeit gefressen“, räumt er ein.

„G9 bietet sich Entlastung für alle Beteiligten“

Konrad Fulst behielt auch auf der Dauerbaustelle Leibniz die Übersicht. Das Gymnasium wird mit Unterbrechungen seit Jahrzehnten saniert.
Konrad Fulst behielt auch auf der Dauerbaustelle Leibniz die Übersicht. Das Gymnasium wird mit Unterbrechungen seit Jahrzehnten saniert. © Funke Foto Services GmbH | Olaf Ziegler

Als Fulst 2009 den Job als stellvertretender Chef am Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium mit dem des Leiters am „Leibniz“ tauschte, habe er „natürlich damit gerechnet, dass es viel zu tun geben würde. Der tatsächliche Arbeitsdruck hat mich dann aber doch etwas überrascht – und dass er sich immer noch steigern ließ.“

Da war etwa G8 umzusetzen. Ob nun Stunden-, Lehrplan oder Übermittagsbetreuung, für die Räume organisiert und Finanzierung geregelt werden mussten: Letztlich verantwortlich war immer Fulst, auch was Gespräche mit Eltern anging, die eine Überforderung ihrer Kinder fürchteten. „Und als wir noch nicht ganz mit der Etablierung fertig waren, kam die Rolle rückwärts.“ Wäre ihm G8 also lieber gewesen? „Ich war nicht ganz unzufrieden damit. Aber insgesamt bietet G9 sicher eine Entlastung für alle Beteiligten.“

Eine Herausforderung war auch der doppelte Abiturjahrgang 2013, ein Jahr nach dem Start der Altbau-Umbauarbeiten. „250 Schüler mussten durch die Prüfungen gebracht werden – doppelter Aufwand.“ Praktisch nebenbei hat Fulst angesichts von Pensionierungen und normaler Fluktuation fast das gesamte Kollegium austauschen müssen, sprich: Stellenausschreibungen formuliert und Bewerbungsgespräche geführt. Tagesgeschäft eben.

„Junges, motiviertes Kollegium ist mit Herzblut bei der Sache“

„Wir haben nun ein junges, motiviertes Kollegium, das auch bei der Betreuung der 35 internationalen Förderschüler mit großem Engagement und Herzblut bei der Sache ist. Überhaupt habe ich es immer sehr genossen, so selbstständige Lehrer an der Schule zu haben, die eigene Impulse geben, Ideen aufgreifen und unterstützen.“ Bestes Beispiel dafür: die Mint-EC-Initiative für die Bereiche Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

„Wir hatten immer Leistungskurse in allen Naturwissenschaften, wollten das Ganze aber auch systematisch durch besondere Forscher- und Entdecker-Kurse für alle Jahrgänge ausbauen. Ziel war es auch, das erste Interesse von Fünft- und Sechstklässlern nicht bis zur Oberstufe zu verlieren“, ist Fulst stolz, dass das Leibniz 2017 in den Kreis der besten deutschen Schulen für Mint-Spitzenförderung aufgenommen wurde – als einzige in der Stadt.

Abiturienten entführten Fulst zum Scherz

Gerne hätte Fulst die Digitalisierung weiter begleitet, „die Schule noch sehr verändern wird; hier gibt es die Chance, Lernen zu individualisieren.“ Da selbst nun keine didaktischen Überlegungen mehr anstellen zu können, bedauert er sehr. Freilich hat er durchaus einen Vorgeschmack darauf bekommen, ganz hautnah: Als Abischerz entführten ihn die Abiturienten kurzerhand in die Turnhalle an der Vinckestraße und gaben ihn erst wieder frei, nachdem sein Kollegium jede Menge Aufgaben gelöst hatte. „Das Ganze filmten die Schüler und übertrugen es per Live-Stream in die Klassenzimmer. Das war schon eine tolle Leistung!“

Wo er das Leibniz in zehn Jahren sieht? „Das Gymnasium wird sicher auch dann noch selbstständig sein und weiterhin Zulauf haben. Möglicherweise sind dann aber Kooperationen mit dem AvD und dem MPG nötig wegen Fachlehrermangels.“

„Freue mich auf nachlassenden Druck“

Und er selbst, als Ruheständler? „Ich plane keine großen Weltreisen, freue mich aber auf den nachlassenden Druck und die Zeit, etwa spontan bei schönem Wetter eine Radtour unternehmen zu können. Oder abends in klassische Konzerte zu gehen. Da habe ich schon viele Veranstaltungen sausen lassen müssen, weil ich zu lange gearbeitet habe.“ Nicht zuletzt will er mehr Zeit mit seinen zwei (noch kleinen) Enkelkindern verbringen – der nächsten Schülergeneration. So kommt er als Lehrer wenigstens nicht aus der Übung.