Altstadt. Die CDU Gelsenkirchen verleiht auch unter Corona-Auflagen ihren Bürgerpreis. Er würdigt diesmal den Einsatz der Aktion „Warm durch die Nacht“.

Die Überlegung der CDU Gelsenkirchen, wer den traditionellen Bürgerpreis in diesem Jahr bekommen sollte, waren weit weniger schwierig als die Frage, ob er denn überhaupt verliehen werden könnte und sollte. „Wir probieren damit auch ein Stück neuer Normalität“, begründete der Kreisvorsitzende Sascha Kurth die Einladung in den Garten des Industrieclubs Friedrich Grillo am Stadtgarten.

Einen festlichen Rahmen bei der inzwischen 29. Übergabe des mit 1000 Euro dotierten Preises sollte es auf jeden Fall geben, allerdings nur für die unter Corona-Bedingungen maximal möglichen 100 Gäste.

Auch die Wahl der Jury sei deutlich und einmütig auf „Warm durch die Nacht“ gefallen, schilderte Kurth, für „aufopferndes, ehrenamtliches, bürgerschaftliches und herausragendes Engagement“.

Begeisterung und Tatkraft „für lau“

OB-Kandidat Malte Stuckmann beschrieb, der kreative und unbürokratische Einsatz der 13 Millionen Ehrenamtlichen in Deutschland sei als eine „Herzenssache“ sicher schwerlich nachvollziehbar. Die Begeisterung und Tatkraft dieser Menschen „für lau“ wäre in der freien Wirtschaft sicher undenkbar.

Petra Bec hat mit ihren 45 Helferinnen „Warm durch die Nacht“ in Gelsenkirchen zu einer „Marke“ gemacht.
Petra Bec hat mit ihren 45 Helferinnen „Warm durch die Nacht“ in Gelsenkirchen zu einer „Marke“ gemacht. © Archiv | Ingo Otto

Der Laudator des Tages, NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst, wollte sich einen kleinen Schlenker zum Wahlkampf nicht verkneifen. Mit dieser Rede habe Malte Stuckmann wohl gezeigt, „dass er auch OB kann“, habe klar gemacht, dass in dieser Position „Globales auch vor Ort“gelebt werden müsse.

„Die Stärke eines Landes misst sich nicht nur in Zahlen“, leitete er dann die Würdigung ein und wendete sich an Petra Bec und Bianca Wollbrink, die Vorsitzenden von „Warm durch die Nacht“. Viel mehr müsse man darauf achten, wie eine Gesellschaft zusammenlebe, „wo der Staat sein Ende findet“. Im Ehrenamt beweise sich, was Menschen für Menschen täten, und sich nicht lange dafür bitten ließen.

Hilfe für Schwache in starker Region

„Das ist selten zu sehen“, räumte er ein, „aber deshalb tut die Würdigung mit diesem Preis auch einmal gut“. Es gehe leider auch oft um Unterstützung, die am Ende getan werden müsse, die Hilfe für „die Schwachen in einer sonst so starken Region“ darstelle.

Wüst beschrieb, es gebe in jedem Bahnhof einen Menschen, „der da lebt, der kurz aus dem Tritt und auf die Straße gekommen ist, während sonst sein Lebenslauf eigentlich schnurgerade verlaufen ist.“ Und erinnerte zum Abschluss: „Es gibt sicher viele Gründe, auf der Straße zu landen, aber keinen, diesen Menschen nicht als Mensch zu behandeln. Was für ein Glück, dass Sie so ein großes Herz haben und dazu noch das Talent, andere dabei mitzunehmen. Sie haben den Preis mehr als verdient.“

Bec: Ein Privileg helfen zu können

Knapp und bescheiden dankte Petra Bec, Vorsitzende von „Warm durch die Nacht“: „So viel Worte wären gar nicht notwendig gewesen. Man muss die Dinge einfach machen. Und es ist ja auch auf eine Art ein echtes Privileg, helfen zu können“, beschrieb sie, „das kann nicht jeder.“

Stolz kam dann doch noch durch, als sie bekannt gab: „Wir haben in diesem Jahr tatsächlich schon drei Leute in Wohnungen gepackt.“

„Solidarität geht in Gelsenkirchen“

„Es ist mehr geworden“, stellt Petra Bec fest, die Vorsitzende von „Warm durch die Nacht“. Aber sie meint damit nicht die Fallzahlen, sondern eher die Art der Betreuung von Obdachlosen, wie sie am Rande der Verleihung des CDU-Bürgerpreises beschreibt.

Mit einem Bollerwagen ziehen die ehrenamtlichen Helferinnen der Aktion „Warm durch die Nacht“  vom Hauptbahnhof Gelsenkirchen über die Bahnhofstraße.
Mit einem Bollerwagen ziehen die ehrenamtlichen Helferinnen der Aktion „Warm durch die Nacht“ vom Hauptbahnhof Gelsenkirchen über die Bahnhofstraße. © Archiv | Martin Möller

„Am Anfang war da sehr viel Skepsis unter den Obdachlosen, und heute ist da ein ziemlich großes Vertrauen. Sie kommen mit ihren Problemen und wollen reden, das ganz Drumherum hat sich so weiterentwickelt.“ Die Helferinnen mussten sich in Corona-Zeiten umstellen und die Pakete anders befüllen, auf einzeln verpackte Lebensmittel umstellen.

Aber sie können sich vor allem auch auf ihre Unterstützer verlassen. „Die Gelsenkirchener kaufen wirklich ein für uns, jeden Abend sind es mehr Autos. Wenn wir schreien, hören uns viele. Wir sind gut vernetzt, auch mit der Stadtverwaltung. Die Solidarität, die geht in Gelsenkirchen eben einfach.“ Allein die Facebook-Gruppe hat, schätzt Petra Bec, um die 2500 Unterstützer.

Ihre Motivation beschreibt sie ganz schlicht für die inzwischen etwa 45 Aktiven, die nachts zum Bahnhof losziehen: „Wir wollen das ja schließlich auch selbst.“

Allerdings: „Wir haben auch keinen großen Plan, wo wir in zehn Jahren stehen werden.“