Wieder trifft es einen Traditionsbetrieb: Das Dilemma bei Friedrich Geldbach spegelt die Situation der Branche. Ein Kommentar von Jörn Stender.

2020, das steht schon Mitte des Jahres fest, wird in Gelsenkirchen nicht das Jahr der Traditionsunternehmen. Und auch nicht das Jahr der klassischen Industriebetriebe: Seppelfricke Armaturen – am Ende. Küppersbusch Großküchentechnik – wird abgewickelt. Und nun ist die Friedrich Geldbach GmbH endgültig in großer Not. Schon seit Jahren zeichnete sich das Dilemma offensichtlich ab. Millionenverluste wurden angehäuft. Die Geschäftsführung und auch die Unternehmens-Mutter, die italienische Farina-Gruppe, schafften es nicht, das Steuer beizeiten herumzureißen. Dass nun wiederum die Farina-Gruppe, wie schon bei der Schieflage 2003, unter geänderten gesellschaftlichen Voraussetzungen erneut als Investor im Gespräch ist, erscheint als besondere Volte der 126-jährigen Firmengeschichte. Allerdings dürfte darüber hinaus der Bewerberkreis für den Pleitebetrieb gen null gehen. Den Beschäftigten wird somit fast jede Chance recht sein, den Jobverlust zu vermeiden. Ob es ein 127. Firmenjahr geben wird? Eine positive Prognose wird da kaum einer wagen. Firma und Belegschaft ist es zu wünschen.

Zumindest bei ZF in Schalke-Nord hat der Widerstand gewirkt

Sie will nicht stillschweigend vom Hof gehen und plant Protest vor dem Werkstor. Kämpfen müsse man, sagen Betriebsrat und IG Metall, sonst sei gleich alles verloren. Zumindest bei ZF in Schalke-Nord hat sich gezeigt, dass Widerstand und breite Solidarität Firmenentscheider beeindrucken können. Bei Wellpappe in Heßler oder der Schalker Eisenhütte war der Kampf dagegen letztlich vergebens.

Die Montanindustrie in Gelsenkirchen zählte einst zur Europaliga

Belegschaften und Gewerkschafter stemmen auch ein Stück weit gegen den Zeitenwandel in einer Stadt, die mit ihrer Montanindustrie einst zur Europaliga zählte und – wie das gesamte Revier – über Jahrzehnte den Abschwung der Branche erleben und erleiden musste. Nicht nur in Gelsenkirchen tun sich klassische Industriebetriebe zunehmend schwer. „Sie werden weniger und kleiner. Und die schlechten Nachrichten reißen nicht ab“, stellt IG-Metall-Sekretär Ralf Goller fest. In der einstigen Stadt der 1000 Feuer sind längst andere Qualitäten gefragt. Goller: „Wir versuchen die Brände zu löschen wo immer wir können. Aber wir können keine Investoren herbeizaubern.“