Gelsenkirchen-Buer. Die Digitalisierungsexperten von „5 Minds“ in Buer erklären, warum der Mitarbeiter der Zukunft überall auf der Welt leben kann.
„Das ist echte Work-Life-Balance“, sagt Martin Möllenbeck. „Mein Leben in die Geschäftswelt zu integrieren, das einfach zuzulassen“, das sei das Neue, was die Zeit der Corona-Pandemie mit sich bringt, meint der Geschäftsführer des Buerschen Unternehmens „5 Minds“. So sieht es auch sein Geschäftspartner Björn Röber. „Nachdem wir in diese Situation von vernetztem Arbeiten zu Hause hinein geworfen wurden, haben wir festgestellt: Es macht gar keinen Sinn, das zu trennen.“
Allerdings – obwohl man sich ein wenig an Homeoffice gewöhnt habe, im Alltag angekommen ist die Arbeit von zu Hause und damit integriert in den Tagesablauf keineswegs. „Die Kultur in den Unternehmen muss sich grundsätzlich ändern. Sonst kann man das nicht leben.“ Ein erster Schritt aber zur Revolution des Arbeitens sei gemacht, meint auch Nicole Jones, die Dritte im Bunde der Geschäftsführer des IT-Unternehmens.
Nicole Jones: Mitarbeiter lockerer und gelassener
„Alltägliche Dinge wie eine Runde zu laufen oder eine Maschine Wäsche zu waschen in den Arbeitsalltag integrieren zu können, das finde ich ganz toll“, berichtet Jones. So sei die Veränderung der Arbeit eine Chance für mehr Individualität in der Gestaltung des Tages und eine Herausforderung für alle zugleich. „Wobei unsere Erfahrung ist: Diese neue Form der Arbeit funktioniert sogar besser.“ Mitarbeiter seien viel lockerer, gelassener. Und an Einblicke in das persönliche Umfeld bei Videokonferenzen habe man sich schnell gewöhnt. „Anfangs fand ich es irritierend, wenn die Kinder mit im Bild waren. Jetzt begrüßen wir sie. Da sind wir auch als Unternehmen viel offener geworden“, sagt Nicole Jones.
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Dabei hätte man meinen können, beim Digitalisierungsexperten „5 Minds“ sei man schon in der Zukunft angekommen. Das Unternehmen hat den Markt der Softwareentwicklung für Betriebe revolutioniert, macht über ein selbst entwickeltes Konzept möglich, dass auch kleine Firmen eine maßgeschneiderte Software erhalten. Dafür haben die Programmierer eine Software entwickelt, die in Grundzügen immer gleich ist und in Teilen individualisiert werden kann.
Arbeit – unabhängig von Systemen
Das Besondere: Dazu gibt es eine eigene Bildsprache, die nicht nur die IT-Fachleute mit den Kunden verbindet, sondern auch vom Computer verstanden wird. Piktogramme fungieren hier als Bindeglied, das intuitiv von jedem beherrscht wird. Das birgt, so die buerschen Fachleute, Chancen – gerade jetzt.
„Wir haben uns in der Krise die Frage gestellt, was brauchen die Menschen nach Corona“, erklären die drei Unternehmer. Die Antwort auf die Frage hat Nicole Jones. Es sei an der Zeit, „sich unabhängig zu machen von Systemen“. Dabei sei es egal, ob es sich um Schulsysteme, Versorgungssysteme oder das Büro handelt. „Corona hat Schwachstellen im System aufgedeckt, die wir alle nicht gesehen haben.“
Digitaler Unterricht an den Schulen möglich?
Und so befassen sich die Bueraner zum Beispiel mit dem Thema Bildung, stellen die Frage, ob Lehrer überhaupt vorbereitet sind auf digitalen Unterricht und ob Schüler den dann auch wahrnehmen können. In jeder Hinsicht, übrigens. „Wir beschäftigen bewusst alleinerziehende Mütter. Die haben gar kein Laptop für ihre Kinder“, erzählt Nicole Jones davon, dass es oftmals schon an geeigneten Endgeräten scheitert. „Natürlich unterstützen wir unsere Mitarbeiter. Aber ich frage mich, wie werden die anderen unterstützt?“
„5 Minds“ beteiligen sich an Hackathon
Mit dem Ziel, auf digitalem Wege in der Corona-Zeit Unmögliches möglich zu machen, hat sich das Team von „5 Minds“ an einem Hackathon beteiligt. Dieser Marathon im Programmieren fand unter dem Titel „#WirVsVirus“ statt.
Hier arbeiten sie seither ehrenamtlich mit an einer Plattform, die es Musikern ermöglicht, online miteinander zu musizieren. Bislang galt dies wegen der Zeitverzögerung als unmöglich. Diese „Digital Stage“ sei bereits funktionstüchtig, werde aber weiterhin bearbeitet.
Viel habe man nachgedacht über Konsequenzen aus der Krise, über den erwarteten Digitalisierungsschub, über Werte, sagt Björn Röber. „So ist bei vielen erst jetzt ein Bewusstsein dafür entstanden, dass der Wert der Gesellschaft in den Menschen liegt. Deswegen passt es so gut, dass wir diese Software entwickelt haben, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Wir sagen, wir machen Digitalisierung, um die Menschen zu stärken. Es besteht ja oft die Angst, je mehr digitalisiert wird, desto mehr Arbeitsplätze gehen verloren.“ So solle es jedoch nicht sein.
Möllenbeck: „Loslassen und den Mitarbeitern vertrauen“
Vielmehr gelte es jetzt, digitale Lösungen zu schaffen für ein neues Arbeiten – mit dem Potenzial, einen echten Quantensprung zu tun. „5 Minds“-Geschäftsführer Martin Möllenbeck wagt einen Blick in die Zukunft: „Denkbar wären zum Beispiel Mitarbeiter in der ganzen Welt, mit uns verbunden auf digitalem Wege.“ Bevor man als Arbeitnehmer aber tausende Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt tätig sein kann, müssten erst Arbeitgeber eine wichtige Lektion lernen: „Loslassen und den Mitarbeitern vertrauen.“
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