Gelsenkirchen. Die Vestische investiert massiv in neue Wasserstoffbusse. Auch die Bogestra hält alternative Antriebe für wichtig. Was zukünftig geplant ist.
Die Corona-Pandemie machte auch vor den Nahverkehrsbetrieben nicht Halt und sorgte für finanzielle Verluste. Viele Busse und Bahnen blieben in den vergangenen Monaten leer, weil Arbeitnehmer entweder im Homeoffice arbeiteten oder auf das Auto beziehungsweise Fahrrad umstiegen. Trotz der aktuell schwierigen Situation wollen Vestische und Bogestra in Gelsenkirchen an der Verkehrswende festhalten und weiter investieren - zum Beispiel in neue Antriebstechnologien für ihre Flotte.
„Mobilität war und bleibt omnipräsent. Das Nahverkehrsangebot auszuweiten ist der richtige Schritt", sagt Ewelin Reclik, Sprecherin der Vestischen. Der Hintergrund: Der Aufsichtsrat des in Herten beheimateten Unternehmens beschloss in der Vorwoche, Takte von Schnellbuslinien und städteübergreifenden Strecken zu verdichten.
Gelsenkirchen: Vestische verdoppelt die Takte
„Konkret sprechen wir über Taktverdopplungen von 30 auf 15 Minuten oder von 15 auf 7,5 Minuten", erläutert Reclik. Für die Kunden sei das ein deutlich attraktiveres und grenzüberschreitendes Angebot: „Es ist - Stand jetzt - nicht das Ziel auf Basis dieser Angebotswende die Ticketpreise zu erhöhen."
Dennoch kämpft auch die Vestische weiter mit den Folgen der Pandemie. Zwar sei noch nicht absehbar, wie hart die Einschnitte langfristig sind, so Reclik. Aber: „Fakt ist, der Nahverkehr ist deutlich zurückgeworfen worden. Die Fahrgastverluste wieder aufzufangen und weiterhin zu sensibilisieren ist eine Mammutaufgabe."
Vestische erweitert Flotte um Wasserstoffbusse
Damit das gelingt, hat die Vestische nun eine Machbarkeitsstudie beauftragt, wie man zukünftig den ÖPNV im Vergleich zum Auto attraktiver machen kann. Dabei geht es beispielsweise um Busspuren und Ampelschaltungen. Mit Ergebnissen ist zum Jahresende zu rechnen, teilte Reclik mit.
Zudem beschafft das Unternehmen bis 2025 rund 120 neue Busse, die mit der Abgasnorm Euro VI ausgerüstet sind - daher weniger Stickoxide ausstoßen - und ab 2022 mit synthetischem Kraftstoff betankt werden. In diesem Zusammenhang bekommt der Fuhrpark auch Zuwachs von fünf Bussen mit Wasserstoffantrieb.
Bogestra erwartet 40 Millionen Euro Verlust
„Ein direktes Einsatzkonzept für diese Fahrzeuge existiert noch nicht, jedoch werden diese Busse im gesamten Bedienungsgebiet unterwegs sein - also auch den Gelsenkirchener Norden anfahren", berichtet Reclik: „Emissionsfreiheit steht ganz oben auf der Agenda, in diese Richtung wird es langfristig hingehen."
Davon ist man auch bei der Bogestra überzeugt, die im Gelsenkirchener Süden unterwegs ist und bis Ende des Jahres mit einem Verlust von annähernd 40 Millionen Euro rechnet.
Sauberer Verkehr mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb
„In den nächsten Monaten erwarten wir die Auslieferung von 20 elektrischen Batteriebussen. Mit ihnen soll unter anderem je eine E-Bus-Linie in Gelsenkirchen und in Bochum betrieben werden", berichtet Pressesprecher Christoph Kollmann.
Bereits im Jahr 2008 habe man sich den ersten Hybridbus (diesel-elektrisch) angeschafft, so Kollmann, diese Zahl sei bis Mitte der 2010er-Jahre auf 15 gestiegen: „Der Verkehr muss sauberer werden. Mit dem kontinuierlichen Ausbau von Elektro‐ und Wasserstoff‐Bussen kann dieses Ziel vorangetrieben werden."
Digitalisierung ist die Zukunft
Vorangetrieben werden soll ebenfalls eine weitere Taktverbesserung der Straßenbahnlinien 301 und 302 in Gelsenkirchen. Damit beschäftigte sich der Ausschuss für Verkehr, Bauen und Liegenschaften der Stadt bereits bei einer Sitzung im Mai.
Neben weiteren Verbesserungen der Verkehrsinfrastruktur - im ersten Halbjahr fanden im Bereich Kärntener Ring umfangreich Gleis- und Haltestellen-Bauarbeiten statt - will die Bogestra die Digitalisierung vorantreiben.
App zeigt auch Leihfahrräder an
„Unsere Fahrgäste sind inzwischen immer digitaler unterwegs. Unsere App „Mutti“ ist nicht mehr nur eine mobile Fahrplanauskunft, sondern dient immer öfter auch zum Kauf des passenden Tickets", sagt Kollmann. Diese Funktion und die wachsenden Anzahl von Zahlungsmöglichkeiten werde in Zeiten der Corona-Pandemie von vielen Kunde ganz besonders geschätzt - wie auch die Möglichkeit sich Leihfahrräder von metropolradruhr anzeigen zu lassen.
Das sei ein gutes Beispiel für die Verknüpfung von Bus und Bahn mit anderen Mobilitätsmöglichkeiten, meint Kollmann. Schon vor der Pandemie habe man sich intensiv mit Fragen der Zukunftsentwicklung des Nahverkehrs auseinandergesetzt - ahnen was mit Corona auf den ÖPNV zukommt, konnte man damals nicht.
>>>Info: Das kostet die Wasserstoff-Technologie
Die Vestische investiert 10,5 Millionen Euro in die Wasserstofftechnik. Dabei müssen die Busbeschaffung zu 80 Prozent und und infrastrukturelle Baumaßnahmen zu 90 Prozent zwingend durch öffentliche Fördermittel abgedeckt werden, heißt es vonseiten des Unternehmens.
Bereits im Zeitraum von 2009 bis 2014 nutzte die Vestische zwei Brennstoffzellen-Hybridbusse. Der Testbetrieb lief im Rahmen des europäischen Forschungsprogramms „HyChain".
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