Gelsenkirchen. Ab Montag dürfen Restaurants wieder für Gäste öffnen. Das sorgt allerdings nicht bei allen Gastronomen in Gelsenkirchen für ungeteilte Freude.
Nach mehreren Wochen Zwangspause aufgrund der Corona-Pandemie krempeln die Gastronomen in Gelsenkirchen die Ärmel hoch und bereiten sich langsam aber sicher auf die Wiedereröffnung ab Montag vor. Doch es herrscht auch große Ungewissheit, es gibt viele unbeantwortete Fragen, was nun erlaubt ist oder nicht.
Graziella Dell` Aquila vom Eiscafé Graziella telefoniert dieser Tage viel - mit der Stadt und ihrem Steuerberater, der ihr geraten hat, fürs Erste nur zwei Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zu holen. Sie hat in der Innenstadt zwei Betriebe mit elf Festangestellten, von denen bis auf drei alle in Kurzarbeit waren.
Gelsenkirchen: Bauchschmerzen bei Eröffnung des Eiscafé Graziella
„Wir wissen nicht, wie die Regeln genau aussehen und auch nicht wie viele Stunden wir öffnen dürfen", sagt sie vor der Wiedereröffnung: „Ich habe mit Bauchschmerzen zugemacht und mache mit Bauchschmerzen wieder auf." Seit dem 8. April hat sie wieder Eis zum Mitnehmen angeboten, davor musste sie die Türen dreieinhalb Wochen komplett schließen: „Ohne unsere Stammkunden wäre es schwierig geworden. Viele haben gesagt, dass sie nichts Warmes gegessen haben und sich lieber ein Eis geholt haben."
Alles was sie derzeit macht, ist Tische im vorgegebenen Sicherheitsabstand auseinanderzustellen. Für ihre Mitarbeiter habe sie statt Gesichtsmasken Visiere aus Plexiglas geordert. „Im Baumarkt haben wir große Kanister Desinfektionsmittel gekauft, um die Tische desinfizieren zu können", erzählt Dell´ Aquila.
Wolterhof ist gerüstet für die Wiedereröffnung
Froh über den Beschluss von Bund und Ländern zur Wiedereröffnung des Restaurantbetriebs zeigt sich Cäcilia Wolter. Sie führt zusammen mit ihrem Mann Klaus und Sohn Jan Niklas den Wolterhof in Resse. „Wir wollen am Montag um 11 Uhr aufmachen", formuliert sie das Ziel. Von den Gästen und den Mitarbeitern fordert Wolter „Achtung, Respekt, Ordnung und Disziplin". Das sei in dieser besonderen Situation Voraussetzung für ein gutes Miteinander.
Familie Wolter fühlt sich gerüstet für den Wiederbeginn mit verkürzter Speisekarte. „Wir haben die Plätze für die Kunden vermessen, die Tische verschoben und Sicherheitshinweise angebracht", berichtet Cäcilia Wolter, die für Montag schon Reservierungen entgegengenommen hat.
Lieferservice im Restaurant Trulli lief nicht
Die Corona-bedingte Schließung habe den Familienbetrieb nicht so sehr getroffen. Denn: „Wir haben in unserem Hofladen Fleisch von unseren selbst gezüchteten Rindern und Brot verkauft, das ich selbst gebacken habe. Zudem haben wir die Küche gestrichen und den Außenbereich für die Gäste verschönert."
Das Restaurant Trulli hat während der unfreiwilligen Pause einen Lieferservice angeboten, der „überhaupt nicht lief", wie Mauro Cidaria berichtet. Deshalb sei er glücklich darüber, ab Montag wieder Menschen im Restaurant begrüßen zu dürfen.
Haus Dahlbusch öffnet erst am Dienstag
Sorgen bereitet ihm jedoch der Mindestabstand, da man nicht übermäßig viel Platz habe: „Wir waren in den letzten Tagen oft unterwegs, um beispielsweise Desinfektionsmittel zu kaufen. Die Leute müssen sich auch mit Name und Telefonnummer in einer Liste eintragen." Cidaria rechnet damit, dass der Betrieb nur langsam anlaufen werde. „Die Leute sind wahrscheinlich noch ängstlich. Nach ein paar Wochen sollte aber mehr los sein", zeigt er sich optimistisch.
Auch Suat Mujedinovic vom Restaurant Haus Dahlbusch in Rotthausen erwartet nicht den großen Ansturm. Er will erst am Dienstag öffnen: „Viele sind noch skeptisch. Wenn ich von mir ausgehe, bin ich das auch." Nur jeden zweiten Tisch werde er besetzen, genügend Platz sei auf jeden Fall vorhanden. „Ich bin froh, dass es los geht, denn die Einnahmen fehlten und die Ausgaben blieben dieselben", erklärt Mujedinovic, der an allen Ecken und Enden versucht hat zu sparen.
Gemüse packen, um Geld zu verdienen
„Ich habe mir einen Job gesucht und auf dem Großmarkt Gemüse gepackt", verrät er. Das Geld für diese Arbeit habe er gut gebrauchen können. Darüber hinaus musste er seine drei festangestellten Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken.
Erst einmal gar nicht öffnen will Slavica Protuder ihr Adria-Restaurant im Kolpinghaus in Buer. „Wir warten auf verbindliche Regeln, was einzuhalten ist." Trotzdem habe sie schon einmal Markierungen für den Mindestabstand auf den Boden geklebt. Ein Tisch soll außerdem jeweils zwischen den Kunden frei bleiben. Normalerweise kann sie in vier Räumen 160 Gäste unterbringen, doch sie kann nicht einschätzen, was auf sie zukommt.
„Unserer Restaurant lebt von Gesellschaften. Ich weiß nicht, ob viele Leute kommen werden, weil es Feiern wie Hochzeiten oder Kommunionen nicht geben darf", sagt sie ratlos. Mit diesen Fragezeichen steht sie momentan nicht alleine da.
>>>Info: Unterstützung für die Gastronomie
>Ende April forderte die FDP die Stadt Gelsenkirchen dazu auf, die Gastronomie wegen der Corona-Pause zu unterstützen. Susanne Cichos, Oberbürgermeister-Kandidatin, schlug vor eine Aussetzung der Gebühren für die Terrassen zu beschließen.
>Die Stadt solle bis zum Sommer 2021 auf diese Gebühren verzichten und darüber hinaus beispielsweise zusätzliche Außenflächen für die Gastronomen zur Verfügung zu stellen, so ihre Idee.